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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0201

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190

Bauch.

selbst auf den Samenstrang, nämlich ein trichterförmiger Fortsatz der Fascia
superficialis des Obliquus abdominis externus und ein ebensolcher der Fascia
transversalis auf der Hinterseite des Transversus. Beide Faszientrichter sind
mit der Spitze nach außen gerichtet und so ineinander gesteckt, daß die Ränder
der Trichter an der Bauchwand und die Spitzen am Samenstrang angewachsen
sind. Es ist nicht möglich zwischen Wand des Leistenkanals und Samenstrang
durchzukommen, ohne diese Faszientrichter zu sprengen. Der Descensus
testiculi ist ein normales Vorbild für die atypische Bresche, welche etwa ein
Bruch an dieser Stelle hervorzubringen vermag (äußerer Leistenbruch, siehe
unten).

Der Leistenkanal liegt oberhalb des Leistenbandes (Abb. 110, gebogener
Pfeil). Er ist ungefähr 4 cm lang, beim Weib etwas länger. Seine beiden Enden
heißen äußerer und innerer Leistenring, Anulus inguinalis subcutaneus
s. externus und Anulus inguinalis abdominalis s. internus. Die
relativ große Länge des Leistenkanals gegenüber der Muskelschicht der Bauch-
decke, die an der betreffenden Stelle nicht mehr als 6—1 mm dick ist, erklärt
sich durch den schrägen Verlauf des Kanals. Der innere Leistenring liegt
oberhalb der Mitte des Leistenbandes und der äußere nur l1^ cm lateral
und oberhalb seines Ansatzes am Tuberculum pubicum. Der Winkel, den
die Achse des Kanals mit dem Leistenband bildet, beträgt 15°. Die innere
Öffnung des Leistenkanals, die wie der Kanal selbst auch nur potentia
existiert, ist auf der Innenfläche der Bauchwand an folgendem zu erkennen
(Abb. 109). Es existieren im Bauchfell drei Grübchen auf jeder Körperseite,
die individuell sehr verschieden deutlich sind. Man kann sie nach Falten
des Bauchfells bestimmen, welche die Grübchen gegeneinander begrenzen und
welche bei zweckentsprechender Lagerung der Bauchwand nicht zu ver-
kennen sind. Eine unpaare Falte liegt in der Bauchmittellinie: Plica
umbilicalis media (sie enthält Reste des Urachus, Ligamentum umbilicale
medium); ferner zwei seitlich von der Blase aufsteigende und mit der ersteren
früher oder später zum Nabel zusammentretende Falten: Plicae umbilicales
laterales (sie enthalten Reste der Nabelarterien, Ligg. umb. lat.). Zwischen
diesen Falten liegen die Foveae supravesicales. Es gibt noch ein äußeres
Faltenpaar: Plicae epigastricae (sie enthalten die Gefäße gleichen Namens,
welche das Blut zur unteren Bauchwand leiten und weiter oben in eine Längs-
furche des Rectus abdominis eingelagert sind). Zwischen den Plicae umbili-
cales laterales und Plicae epigastricae liegen die Foveae inguinales mediales
und außen von den Plicae epigastricae die Foveae inguinales laterales.
Diese letzteren, also die äußeren Leistengrübchen entsprechen dem Anulus
inguinalis abdominalis. Man erkennt dies auch daran, daß an dieser Stelle der
Samenleiter, Ductus deferens, durch das Bauchfell sichtbar oder mindestens
auf dem Beckenknochen tastbar ist; er läuft bis zum hinteren unteren Pol der
Harnblase, wo der Samen in die Harnröhre mündet.

Der Ductus deferens ist der wichtigste Bestandteil des Samenstranges. Außer
ihm gehören zu letzterem noch Gefäße (Vasa spermatica interna), welche sich am
inneren Leistenring mit ihm vereinigen. Der Treffpunkt aller Bestandteile des
Samenstranges liegt lateral von der Plica epigastrica; er wird von den Vasa epi-
gastrica inferiora in der Falte über der Mitte des Leistenbandes festgehalten (Abb. 98).
Die Erklärung ergibt sich aus dem Descensus testiculi (siehe Bd. II, Geschlechts-
organe).

Die beiden anderen Grübchen. Fovea inguinalis medialis und Fovea supra-
vesicalis, spielen in der Bruchlehre ebenfalls eine Bolle, das erstere sogar eine noch
wichtigere als das äußere Leistengrübchen. Brüche entstehen durch das Vordringen
abnorm beweglicher Darmschlingen, welche das Bauchfell zu einem Blindsack aus-
stülpen und vor sich herdrängen (Bruchsack). Die äußeren oder indirekten
Leistenbrüche benutzen den Leistenkanal seiner ganzen Länge nach, drängen also
 
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