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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0120

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Bandverbindungen der Wirbel.

109

Wenn wir beim Bücken den Körper extrem nacli vorn neigen, so wird dabei
das Becken in den Hüftgelenken mitbewegt (Abb. 85). Dadurch wird die Ex-
kursionsmöglichkeit erhöht. Widerstand leisten nur die Muskeln an der Hinter-
seite des Körpers (von der Kniekehle hinauf bis zum Schädel), welche um so mehr ge-
dehnt werden, je weiter die Beugung nach unten getrieben wird. Durch Übung
kann diese Muskelhemmung erheblich herabgesetzt werden. Turn Vorschriften („Mein
System" u. dgi.) bevorzugen solche Übungen mit Becht, da sie die Elastizität des
Körpers erhalten oder erhöhen. Beim Biegen des Körpers nach rückwärts ist die
Bigidität der Bauchmuskeln im Wege (Abb. 86). Die Bauchdecken sind weiter
von der Wirbelsäule entfernt als die Bückenmuskulatur und hemmen deshalb stärker.
Da das Hüftgelenk außerdem nach hinten nicht beweglich ist, so ist zu dem Jongleur-
kunststück, den Kopf rückwärts zwischen die Beine zu stecken, eine extreme Dehn-
barkeit der Bauchmuskeln, der Wirbel- und der vorderen Hüftgelenksbänder er-
forderlich: sie wird bei der Bewegung selbst dadurch zum Maximum gesteigert,
daß die Hände von hinten die Unterschenkel umfassen und mit Gewalt den Kopf
hinterrücks den Beinen nähern und zwischen ihnen hindurch nach vorn ziehen.

1. Die Verbindungen der Wirbel durch Faserknorpel und Bänder.

Die ..Körpersäule" ist aus den knöchernen Wirbclkörpern. den Zwischen- , Verbin-
wirbelscheiben und zwei Längsbändern zusammengesetzt. Die Zwischenwirbel- Wirbel-
scheibe, Fibrocartilago inter vertebralis. ist aus Faserknorpel gebildet (Körper-
(Abb. 63). Im Innern ist aus einem Überrest der Chorda welcher zu einem halb- säuie"),

Abb. (54

flüssigen Gewebe weiter entwickelt ist. der Nucleus pulposus entstanden gt—gü,'

Kollagne Fasern Kapsel der Zelle Zelle mit Kern

Kollagenc Fasern

Abb. g3. Zwischenwirbelscheibe, Mensch. Faserknorpel. Von hyaliner Grundsubstanz sind an dieser
Stelle mir die Zellkapseln zu sehen. Im übrigen dichter Filz von kollagenen Fasern.

(Abb. 6, 7). Auf ihm ruht der Wirbelkörper wie auf einem Wasserkissen (Abb.
64 b). Kippt der Wirbel nach vorn um, so verschiebt sich die Fliissigkeitsperle
nach dem W7irbelkanal zu und umgekehrt, wie das Wasser im Wasserkissen
von den Stellen des stärksten Druckes weggedrückt wird. Die Ruhelage des
Nukleus ist bei Wirbeln, welche nach allen Seiten gleichmäßig bewegt werden
können, zentral (Lendenwirbel, Halswirbel), sonst leicht exzentrisch (bei Brust-
wirbeln dorsal von der Mitte).

Die eigentliche Last wird durch diese Einrichtung gleichmäßiger auf den
Faser knorpelring um den Nukleus herum verteilt: Anulus f.ibrosus. Die
Fasern selbst sind in konzentrischen Lagen angeordnet, die abwechselnd glän-
zend und matt aussehen wie ein Damastmuster. In beiden Fällen beruht dies
darauf, daß die Fasern der einen Schicht entgegengesetzt denen der folgenden
Schicht verlaufen. Bei den Schichten der Zwischenwirbelscheibe ist die An-
ordnung ganz ähnlich wie bei den Knochenfibrillen in den Hävers sehen Säulen
(Abb. 22, 27). Man sieht an der Oberfläche die zweite Schicht teilweise durch
die oberste hindurch (Abb. 64 a). Die sich kreuzenden Fasersysteme fangen
jede Beanspruchung der Säule auf. weil immer Fasern in Richtungen liegen,
 
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