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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0313

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302

Arm und Hand.

Hat man sich einmal in die hier gegebenen Anschauungen eingelebt, so wird
das Verständnis der Topographie der Skelett- und Weichteile in beiden Gliedmaßen
wesentlich gefördert, weil deren mannigfache Beziehungen zueinander auf Grund
des geschilderten Entwicklungsganges entwirrbar sind. Die meisten Anordnungen
von Nerven, Gefäßen u. v. a. lassen sich, wenn man sie für eine Extremität kennt,
leicht auf die andere umrechnen. Es wurde hier auf den geschilderten Entwicklungs-
gang deshalb eingegangen, weil er die Bedeutung eines Dechiffrierschlüssels hat:
der Kundige kann sich viele tote Gedächtnisarbeit damit ersparen.

3. Die Skelettstrahlen der Gliedmaßen: Vergleich der Elemente des Karpus

und Tarsus.

(ursprüng- ^er strahlenförmige Typus des Skelettes, welcher in der Fischflosse

lieh fünfj einem Kamme mit ansitzenden Zähnen gleicht (Abb. 125), ist bei den Land-
Karpaifa tieren weniger ausgeprägt, aber doch in den 5 Strahlen der Finger und Zehen
und in den an sie anschließenden Metakarpalia und Metatarsalia deutlich er-
kennbar. Sehr strittig ist die Frage, ob Fortsetzungen der fünf Strahlen in den
Stiel der Extremitäten hinein konstatiert werden können.

ab c

Abb. 157. Entstehung des Karpus, die distalen Karpalia (von präaxial nach postaxial) mit 1—5, die Meta-
tarsalia mit I—V bezeichnet. Dorsalansicht, a) Schildkröte, b) Menschlicher Fetus, etwa 5 Wochen
(Rekonstruktion von E. Gräfenbeig, Anat. Hefte 1905; Karpalia etwas anders als in Abb. 156b). c) Er-
wachsener Mensch, Varietät. Das Navikulare ist mit dem Zentrale knöchern verschmolzen. Eine tiefe Furche
läuft rings um die Verschmelzungsfläche (rein äußerliche Grenze).

Im Karpus und Tarsus des Menschen unterscheiden wir je eine proximale
und distale Reihe von Skelettstücken. Im Karpus (Abb. 157 c) heißen die proxi-
malen: Os naviculare, Os lunatum, Os triquetrum, Os pisiforme;
die distalen heißen: Os multangulum majus (1), Os m. minus (2), Os
capitatum (3), Os hamatum (4). Man sollte erwarten, daß entsprechend
den 5 Strahlen auch 5 distale Karpalia statt der 4 genannten vorhanden wären.
In der Tat sind bei manchen Reptilien embryonal oder dauernd fünf Stück
nachgewiesen (Abb. 157a). Entweder verschmilzt das Carpale distale IV mit dem
Carp. dist. V zum Hamatum oder es rückt das Carp. dist. IV durch eigene Ver-
größerung.an die Stelle des Carp. dist. V vor, nachdem letzteres geschwunden ist.

Auch beim menschlichen Karpus lassen sich die 5 Strahlen ursprünglich
bis in die distale Reihe hinein aufweisen. Beim Tarsus ist es ähnlich; die Be-
zeichnungen der betreffenden Tarsalia sind in Abb. 158 b in Klammern zu den
Namen der Karpalia hinzugesetzt.

Beim menschlichen Embryo sitzt anfänglich auf dem Hamatum (4) nur das
4. Metakarpale (Abb. 157b); erst bei älteren Embryonen tritt auch das 5. Meta-
karpale mit dem Hamatum in Verbindung. Bei Erwachsenen trägt das Hamatum
regelmäßig beide Metakarpalia (Abb. 157c). Dies entspricht der 2. eben genannten
Modalität (kompensatorisches Wachstum des Carpale dist. IV.).
 
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