Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0820

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Der Kopf als Ganzes, Hals und Nacken, Asymmetrien.

809

jeder dafür ein gutes Gefühl; unser Urteil über natürliches und richtiges Maß
des menschlichen Körpers und seiner künstlerischen Wiedergabe durch Plastik
oder Malerei stützt sich ganz wesentlich darauf.

Die Einteilung des Halses in einzelne Felder ist ganz wesentlich durch die
tiefere Muskulatur bedingt, welche durch den oberflächlichen, dünnen Haut-
muskel hindurch das Relief beherrscht (Abb. 375). Das Zungenbein liegt an
der Knickstelle, an welcher der vordere Halskontur in Profilansicht aus der
horizontalen Richtung in die senkrechte umbiegt. Etwas tiefer folgt der Kehl-
kopf, der besonders beim Mann vorspringt (Adamsapfel, Po räum Adami,
Abb. 397). Zu unterst, dicht über dem Sternalrand, sinkt die Haut zwischen den
beiden Kopfwendern zur Kehlgrube, Eossa jugularis ein (Abb. 100), weil
die Halseingeweide auf ihrem Weg zum Brustraum der Richtung der Wirbel-
säule folgen, welche hier nach hinten gewendet ist (Abb. 90) und sich infolge-
dessen von der Oberfläche des Halses um so mehr entfernen, je mehr sie sich
der oberen Brustapertur nähern.

Eine Vorwölbung zwischen Kehlkopf und Brustbein ist nicht normal; sie
kommt bei atypischen Vergrößerungen der Schilddrüse (Kropf) vor und ist besonders
in den Entwicklungsjahren bei vermehrtem Blutzu drang deutlich, auch wenn das
Drüsengewebe selbst nur wenig vergrößert ist. Längsfurchen des Halses werden
durch das Platysma hervorgerufen (S. 749). Querfurchen können eine Folge schlaffer
Haut sein (Runzeln), kommen aber auch, namentlich bei Frauen, als Zeichen be-
sonders kräftiger Entwicklung in Form von einer oder zwei Querrillen vor, welche
für den Kinderhals typisch und von diesem her übernommen sind („Collier de
Venus").

Der Nacken ist gegenüber dem Hals im engeren Sinn (— Vorderseite
des Halses im ganzen) sehr einfach geformt. Denn hier liegt nur ein Muskel
unmittelbar unter der Oberfläche (Abb. 131); mir nach den seitlichen Konturen
zu treten andere Muskeln hervor. Aber auch die tiefen Rückenmuskeln scheinen
durch und beherrschen gemeinsam mit den Bewegungen der Halswirbel das
Oberflächenbild (S. 135—138).

3. Asymmetrien des Kopfes.

Die Asymmetrie des Kopfes ist innerhalb geringer Grenzen eine normale Schädel
Erscheinung. Ebensowenig wie die Wirbelsäule genau in der Medianebene steht
(Abb. 83), ebensowenig ist der Schädel nach
links und rechts gleich airsgerichtet. Da-
zwischen besteht ein innerer Zusammenhang.
Das linke Bein wird häufiger als Standbein
benützt und ist daher länger als das rechte.
Dadurch wird ein geringer Schiefstand des
Beckens induziert und von hier aus die Len-
denwirbelsäule beeinflußt. Endlich führt die
verschiedene Höhe der Hinterhauptkondylen
zu leichter Schiefhaltung des Kopfes, welche
durch Asymmetrien des Schädels ausgeglichen
wird. Solche statischen Ursachen können
innerhalb der Rumpfsphäre professionell ver-
stärkt sein. Schlechtes Sitzen beim Schreiben
spielt eine große Rolle. Außerdem aber gibt
es Ursachen, die im Kopf selbst lokalisiert

sind, z. B. das Überwiegen der linken Gehirnhemisphäre, welche allein die
Zentren für die Sprache und das Handeln (Rechtshändigkeit) birgt und mehr
Raum beansprucht als die rechte, oder die verschiedene Sehstärke beider Augen,
von welchen das bessere eine geringe Schiefstellung des Kopfes erzwingt, die

Abb. 394. Schiefstand der Ohrebene.
Schema. Die Stirn nach unten, der Hinter-
kopf nach oben gewendet. Das Kopfoval
ist symmetrisch angenommen, die quere
Halbierungslinie gestrichelt. Ist in Wirk-
lichkeit der rechte Ohrabstand von der
Stirnebene größer als der linke, so ergibt
die Vereinigung entsprechender Ohrpunkte
eine schräge Aurikularebene (ausgezogene
Linie), a) Die Aurikularebene steht einfach
schräg, b) Sie ist außerdem nach vorn
verschoben (präaurikulare Brachyzephalie).
c) Sie steht schräg und ist nach hinten
verschoben (präaurikulare Dolichozephalie).
Xach Holl (Mitt. anthrop. Ges. Wien 1916.)
 
Annotationen