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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0595

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584

Bein und Fuß.

BprSo'fundr zwe^ Freilieitsgrade des Handgelenkes werden durch die Pro- und

Supination Supination um einen dritten Grad erweitert, so daß die Hand als Ganzes alle
des Fußes j,reijieften eines Kugelgelenkes genießt. Was dort die Pro- und Supination
im Unterarm an Bewegungsmöglichkeit für die Hand leistet, das ist in einem
gewissen Grad auch im Fuß möglich, nur mit ganz anderen Mitteln. Bezeich-
nenderweise ist der gangbare wissenschaftliche Sprachgebrauch davon aus-
gegangen, daß wir die Großzehe vom Fußboden nach oben heben und um die
Längsachse des Fußes herumbewegen können, wie wir dies mit dem Daumen
tun, wenn wir den Handteller analog der auf dem Boden ruhenden Fußsohle
auf eine flache Unterlage legen. Bei der Hand nennt man diese Bewegung Supi-
nation. Beim Fuß heißt sie ebenfalls Supination''; die entgegengesetzte Be-
wegung, bei welcher die Kleinzehe und der äußere Fußrand gehoben werden,
heißt ,,Pronation". Am Arm wie am Bein sind in beiden Fällen die langen
Muskeln ausschließlich oder vornehmlich die ausführenden Motoren. Der Laie
kann leicht zu dem Glauben verführt werden, die Hand könne sich selbst um ihre
Längsachse drehen, während der Kundige weiß, daß das Handgelenk beim
Lebenden niemals zu einer reinen Rotation benutzt wird; diese findet aus-
schließlich im Arm statt. Pro- und Supination des Fußes sind dagegen aus-
schließlich im Fuß selbst lokalisiert.

Man überzeuge sich am eigenen Fuß. Wir können wohl die Fußspitze heben
und senken, ohne die Fußränder gegeneinander zu heben oder zu senken. Diese
einfache Scharnierbewegung ist aber auch die einzige, welche im Fuß ohne Rotation
möglich ist. Sowie wir die Fußspitze in anderer Richtung als in reiner Hebung
und Senkung bewegen — und wir können sie auf einer Kugelfläche herumführen,
wie wenn der Fuß mit einem Kugelgelenk am Unterschenkel befestigt wäre —f
so treten zwangsläufige Mitbewegungen der Fußränder hinzu (Pro- und Supination
des Fußes). Freilich muß man, um sich nicht zu täuschen, die Knöchel fixieren.
Denn entgegengesetzte Bewegungen im Knie- oder Hüftgelenk können die Drehungen
des Fußes um seine Längsachse verdecken; am Fuß selbst sind sie unausbleiblich.

hitimeref1 Diese Feststellungen genügen vorläufig, um einzusehen, daß das innere
Be- Getriebe für die Hand bei voller Freiheit ihrer Beweglichkeit weit am Arm
zwischen hinaufgreift und das Ellenbogengelenk noch mit umfaßt, daß dagegen der Fuß
Kpuß be-1 a^e Freiheit in sich hat; es braucht kein Übergreifen der Bewegungen über die
^ünstigt Fußwurzel hinaus proximalwärts stattzufinden, um dem Fuß eine der ihm über-
fein" haupt möglichen Stellungen zu geben. Wir können wohl durch Bewegungen des
Bernes den Fuß mitbewegen und dadurch reine Fußbewegungen steigern oder
ersetzen; aber es kommt dadurch nicht so essentiell Neues hinzu wie bei der Hand
etwa durch die Pro- und Supinationen im Unterarm. Der Unterschenkel konnte
auf diesem Wege in die Säule des Beines als festes Bauelement hineingepaßt
werden. Das wird sich am Unterschenkel selbst noch im einzelnen zeigen, da
die beiden parallelen Knochen, aus denen er besteht, nicht nur keiner Über-
kreuzung fähig sind (wovon beim Arm die ganze Entwicklung des Systems
seinen Ausgang nahm), sondern dahin spezialisiert wurden, daß nur einer, das
Schienbein, Stützorgan ist und mit dem Femur zusammen zur starren Trag-
säule für den Körper vereinigt wird, wenn das Bern sich im Kniegelenk streckt
(Standbein).

6. Das Skelett des Unterschenkels.

über^lbia ^on ^en Deiden Unterschenkelknochen, Ossa cruris, ist nur das Schien-

und Fibula bei n, Tibia (griech. avijf.iTj), am Kniegelenk beteiligt; der Anteil an jenem Ge-
lenk ist früher beschrieben worden. Das Wadenbein, Fibula (griech. ntQ6vr])y
ist mit dem oberen Ende lediglich am Schienbein befestigt (S. 578). Die distalen
Enden beider Knochen formen zusammen eine Gabel (Abb. 292), welche den
obersten der Fußwurzelknochen, das Sprungbein, Talus, umfaßt. Hier
sind beide Knochen beteiligt: Talokruralgelenk, oberes Sprunggelenk.
 
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