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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0307

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296

Arm und Hand.

Der Stiel geht aus Material hervor, welches im Skelett als winziges Zentrum
schon vorher vorhanden war, dessen Verlängerung aber erst aus der Flosse eine Hand
und einen Fuß macht. Man kann deshalb nicht sagen, daß Hand und Fuß zuerst
da seien. Sie entstehen erst nach Spezifizierung kleiner basaler Teile der Flosse zum
Stiel aus dem verbleibenden Rest. Dieser ,,Rest" ist allerdings anfänglich weitaus
am umfänglichsten und scheint bei Betrachtung der äußeren Form allein da zu sein,
weil die Anlagen des Stieles im Innern verborgen liegen. Hand und Fuß stehen
demnach in unseren freien Gliedmaßen der Urform (Flosse) zunächst und verdienen
deshalb eine besondere Stellung gegenüber Arm und Bein, die dem Stiel entsprechen.

Die ein- ~pür den Stiel der Vorder- und Hintergliedmaßen ist charakteristisch

Z6lri6n

Skelett- (Abb. 156), daß ein unpaarer Skelettstab die Verbindung mit dem Extremitäten-
Dschmtte g^^el übernimmt, Stylopodium: Humerus resp. Femur; es folgt dann ein
Paar von Skelettstäben, Zeugopodium: Radius und Ulna resp. Tibia und
Fibula. Aus der Hand- resp. Fußplatte, welche von dem Stiel getragen wird,
sprossen im allgemeinen fünf Finger resp. Zehen hervor, deren Zahl vielfach
reduziert sein kann, beim Menschen aber vollzählig vorhanden ist. Die Extre-
mität ist pentadaktyl (die Fischflosse heißt dagegen: polydaktyl, Abb. 125);
es wird uns noch beschäftigen, ob Reste von mehr als fünf Strahlen in der Hand
oder dem Fuß der Pentadaktylier enthalten sind (z. B. das Pisiforme S. 304).
Die Skelettstücke, welche in dem äußerlich ungegliederten Handteller, Palma,
liegen, nennen wir Karpalia, Handwurzelknochen, und Metakarpalia,
Mittelhandknochen; die Skelettstücke der Finger heißen Phalangen.

Beim Fuß haben wir entsprechend in der Planta die Tarsalia, Fuß-
wurzelkno chen , und Metatarsalia, Mittelfußknochen, und in den Zehen
ebenfalls Phalangen.

Nur die Finger und die Zehen mit den Phalangen sind bei terrestren Glied-
maßen äußerlich gegeneinander getrennt; die Metakarpalia und Metatarsalia sind
durch Weichteile zu einem einheitlichen Komplex verbunden und liegen innerhalb
des Handtellers (Abb. 187) resp. des Fußes. Der Anfänger läßt sich leicht in diesem
Punkt durch das Skelett täuschen und verwechselt an diesem Mittelhand- und
Mittelfußknochen mit Phalangen.

Beim menschlichen Embryo ragt anfänglich überhaupt kein Skelettstück aus
dem einheitlichen Kontur der Extremitätenplatte hervor (Abb. 88). Bei der Flossen-
platte der Fische ist das zeitlebens so; dort kommen allerdings in Einzelfällen
(Laufstrahlen u. dgl.) Isolierungen von Strahlen oder Strahlengruppen vor, die,
ohne Vorläufer der Finger und Zehen zu sein, doch als Versuche in der gleichen
Richtung betrachtet werden können. Für das Leben auf dem Lande sind die mit
Hornkappen (Krallen) bewehrten Finger und Zehen zum Festhalten am Boden oder
an anderen Unterlagen und als Waffe wichtig geworden und deshalb überall in
den mannigfachsten Formen ausgebildet.

2. Knickungen und Drehungen der Gliedmaßenstiele bis zur endgültigen Stellung
und Form der Arme und Beine des Menschen.

Die. Stiele der Extremitäten haben als Stützapparate beim Stehen und
Gehen unter den anderen Schwereverhältnissen des Landlebens besondere
Bedeutung und besondere Formen erlangt, die nur im Zusammenhang mit der
Lebensweise zu verstehen sind; die wesentlichen Merkmale sind auch bei den
anthropoiden Affen und beim Menschen vorhanden trotz des aufrechten Ganges
und sind nur diesem besonders angepaßt. Die Entwicklung des menschlichen
Embryo durchläuft noch jetzt die wesentlichsten Etappen des etwas ver-
wickelten historischen Prozesses, den ich. hier wegen der Konsequenzen für den
Menschen skizzieren muß.
Stellung Wenn sich aus einem Flossenlappen eine gestielte Paddel ähnlich einem

tremitäten Ruder formt, so wird durch eine Biegung und Torsion des Stieles leicht die Platte
, Kriech"- in Berührung mit dem Boden gebracht (Abb. 156a). In ähnlicher Weise stützen
tioren sich manche Fische auf , welche sich im Schlamm oder vorübergehend auf dem
trockenen Boden auf ihren Flossen zu erheben vermögen. Bei den Amphibien
 
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