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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0578

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Band- und Gelenkverbindungen der Ober- und Unterschenkelknochen. 567

Fascia lata und Rektussehne die B. praepat. subfascialis und zwischen Rektus-
sehne und Kniescheibe die B. praepat. subtendinea (S. 558). Alle drei können
miteinander kommunizieren. Sie sind bei Menschen, welche viel auf den Knien
liegen, oft Hypertrophien und Entzündungen ausgesetzt. Doch kommt hier nicht
das Knien bei aufgerichtetem Körper in Betracht, da wir uns in dieser Stellung
auf die obere Vorderkante der Tibia stützen. Eine Bursa subcutanea vor der
Tuberositas tibiae ist in der Tat bei Betschwestern oft vergrößert. Die Bursae
praepatellares sind dagegen am häufigsten bei Parkettputzern (Dienstmädchen)
betroffen, die mit nach vorn übergelegtem Körper auf den Knien rutschen.

3. Band- und Gelenkverbindungen der Ober- und I nterschenkelknochen als
passive Bewegungsfaktoren: das Kniegelenk und das obere Tibioiibulargelenk.

Das Kniegelenk, Articulatio genus, ist das größte Gelenk des mensch- AU»
liehen Körpers. Es hat äußerlich mit dem Ellenbogengelenk gemein, daß es
bei gestrecktem Glied in Extremstellung steht. Wir können weder im Ellen-
bogen noch im Knie über die gerade Streckstellung wesentlich hinaus, viel-
mehr ist Freiheit (bei beiden Gliedmaßen gleichsinnig) nur nach der ven-
tralen Seite der Extremität gegeben; diese Seite ist allerdings beim Arm
nach vorn, beim Bein räch hinten gerichtet (Abb. 152b). Es gibt nur eine
Flexion: die Ventralflexion. Deshalb kommen wir mit der Bezeichnung: Flexion
und Extension bei beiden Gelenken aus. Der Unterschied des Baues beim
Knie gegenüber dem Ellenbogen ist trotzdem groß. Denn die Extrem-
stellung ist beim Ellenbogen außer durch Weichteile besonders durch die
knöcherne Führung des Humerus in der Ulnazange gesichert ; beim Knie be-
stimmt lediglich der Weichteilapparat (Kapsel, Bänder. Sehnen) die An-
schläge ; die Knochen haben hier für die Führung geringere Bedeutung als im
Ellenbogengelenk. Damit gelangen wir an den grundsätzlichen Unterschied der
gesamten Konstruktion beider Gelenke, die sich trotz der äußeren Ähnlichkeit
gewisser Bewegungen fundamental voneinander unterscheiden. Beim Unterarm
sind die Rotationen um die Längs- oder Schiefachse (Pro- und Supination)
in besonderen Gelenken lokalisiert, dem proximalen und distalen Radioulnar-
gelenk. Das Humeroulnargelenk besorgt allein die Flexion und Extension.
Ganz anders im Kniegelenk. Hier wird in der Gelenkverbindung zwischen
Femur und Tibia, Articulatio tibiofemoralis, sowohl die Flexion und
Extension wie auch die Rotation des Unterschenkels um seine Längsachse aus-
geführt. Der Ginglymus für die Flexion und der Trochus für die Rotation sind
nicht nebeneinander gebaut wie beim Arm, sondern konstruktiv miteinander
vereinigt: Trochoginglymus. Indem die einander zugewendeten Enden des
Femur und der Tibia so komplexe Aufgaben übernahmen, spezialisierten sie
sich jedes für sich und verloren die ausgedehnte Kontaktfläche. Der Band-
apparat ersetzt in sehr vollkommener Weise die Knocheirführung; er ist so
fest, daß totale Verrenkungen des Kniegelenkes zu den großen Seltenheiten
gehören. ,

Die Fibula ist von der Gelenkverbindung zwischen Ober- und Unterschenkel

ausgeschlossen (Abb. 268). Sie ist hinten seitlich mit dem Schienbein im oberen

Tibiofibulargelenk verbunden. Das obere Ende des Knochens, welches als

Muskel- und Bandapophyse Bedeutung hat, ist eine Stütze für die Gabel, in

welcher der Fuß steckt (Talokruralgelenk).

Bei den Säugetieren ist das obere Stück des Wadenbeines nicht allgemein vor-
handen, das untere für die Fußgabel aber in der Regel. Auch beim Menschen kann
die Fibula in ähnlicher Weise reduziert sein. Für die eigentlichen Bewegungen
zwischen Ober- und Unterschenkel ist das ohne Belang. Das Kniegelenk ist eine
reine Articulatio tibiofemoralis, wenn auch die G-elenkhöhle gelegentlich mit der
Spalte des Tibiofibulargelenkes kommunizieren kann.
 
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