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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0822

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Der Kopf als Ganzes, Hals- und Kaubewegungen.

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sichtshälfte auf getreuem photographischem Wege das Gesicht demnach bis
zur Unkenntlichkeit zu verändern.

Am bekanntesten ist, daß die Nase gewöhnlich nach einer Seite abweicht.
Sie ist im ganzen nach rechts oder links verrutscht oder die knöcherne Nase
ist nach der einen, die knorplige Nase kompensierend nach der entgegen-
gesetzten Gesichtsseite gewendet. Asymmetrien des Nasenseptums und der
Spina nasalis anterior fehlen am Schädel nie, erstere sind sogar schon embryonal
vorhanden. Am stärksten pflegt rechts und links im Gesicht der Unteischied
zwischen der Entfernung des äußeren Augenwinkels vom Mundwinkel zu sein.

4. Hals- und Kaubewegungen.

Die Bewegungen des Halses werden durch Muskeln an der Vorder- und '''^
Hinterseite (Hals im engeren Sinn und Nacken) vollzogen, von denen vorn die der Be-
beiden Kopfwender am deutlichsten sichtbar sind. Das Zungenbein ist seitlich
am Schädel durch die Ligamenta stylohyoidea fixiert und macht deshalb die
Drehungen des Kopfes nach rechts und links mit. Der Kehlkopf bleibt relativ
stehen, weil er durch die Luftröhre nach dem
Brustkorb hin festgehalten ist (Abb. 397).
Bei starken Drehungen wird allerdings auch
der Kehlkopf mitgedreht.

Beim Hintenüberneigen des Kopfes
rückt der in Normalstellung horizontal-
stehende Mundhöhlenboden in die gleiche
Ebene wie die Vorderfläche des Halses, und
die Kopfwender mit dem Unterkiefer um-
grenzen eine Raute mit längeren unteren
und kürzeren oberen Schenkeln. Auf den
Kiefer wird ein passiver Zug ausgeübt: daher .,, qQ~ T-... , ,..... h ,;„,

J- oo' Abb. ■<■'!. Ivopl \\ciKlunLr nach links.

neigt die Mundspalte dazu zu klaffen. Die Photo aus „Der Akt" (von Koch-Rieth).
HalseingeAveide (besonders der Kehlkopf)

springen deutlicher vor. Der Hals im ganzen ist in dieser Stellung verbreitert,
weil die Kopfwender nach hinten verschoben werden.

Beim Neigen nach vorn kann die Brust mit dem Kinn erreicht werden,
beim Neigen nach der Seite erreicht das Ohr nie die Schulter (Abstand 3— 4 Quer-
finger breit bei maximaler Neigung). Die Formveränderungen. speziell die
Quetschfalten der Haut nach der Seite der Neigungen hin verstehen sich von
selbst.

Wir müssen unterscheiden: Kiefer- und Lippen bewegungen. Letztere Bewe-
können bei geschlossenem und geöffnetem Kiefer stattfinden, erstere .bei ge- Lippen und
schlossenem und geöffnetem Munde. Der eigentliche Kauakt. d. h. die Zer- ^jj^Ha™
kleinerung der Nahrung ist eine Aufgabe der Kieferbewegung, aber zahlreiche akt
dazu notwendige einleitende und begleitende Bewegungen, wie die Aufnahme
der Nahrung, die Verschiebungen der Bissen an die richtige Stelle zum Zer-
kleinern und Schmecken, werden von den Lippen und Wangen besorgt (auch
von der Zungenmuskulatur, Bd. II). So kombinieren sich beständig Aktionen
der eigentlichen Kaumuskeln (M. temporalis, M. masseter, Mm. pterygoidei)
mit solchen Muskeln, welche am Hals liegen und zum Unterkiefer gehen, und
mit den „mimischen" Muskeln. Die letzteren werden zum Aufnehmen flüssiger
Nahrung und zum Verschluß gegen das Abfließen von Speichel und anderem
Mundinhalt allein gebraucht. Ihre Bezeichnung ist a potiori zu verstehen.
Sie sind andrerseits nicht das einzige mimische Organ. Abgesehen von Be-
wegungen des Gesamtkörpers, die als Ausdrucksmittel dienen (Pantomimik),
 
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