Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0283

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
272

Schulter.

(dies ist besonders deutlieh bei tetanischen Krämpfen und bei knöcherner Ankylose
der Wirbelverbindungen). Die Bewegung ist entgegengesetzt dem Kopfnicken nach
vorn. Letzteres kann nur bei günstiger Ausgangsstellung des Kopfes durch den
Muskel unterstützt werden. Die beiderseitigen Muskeln sind z.B. in Rückenlage
des Menschen beim Erheben des Kopfes wirksam, weil dabei die ganze Halswirbel-
säule nach vorn gebogen und das Kinn durch andere Muskeln nach vorn gezogen
wird. Bettlägerigen geschwächten Kranken wird dies unter Umständen sehr schwer
oder unmöglich; die krampfhaften Zusammenziehungen des Sternokleido machen sich
bei ihnen besonders bemerkbar. Der oft gebrauchte Name „Kopfnicker" ist also
nur in sehr bedingtem Sinne zutreffend. Der bessere Name ist „Kopfwender".

Unteriage ^e Spiraltour des Muskels wird zur Geraden ausgeglichen, wenn er sich

und Loge bei der Innervation von der Muskelunterlage abhebelt. Er stützt sich auf zahl-
reiche Muskeln. Es sind von den Rückenmuskeln der Splenius, von den Ex-
tremitätenmuskeln der Levator scapulae, von den Halsmuskeln der hintere
Bauch des Digastrikus (siehe Kopf) und der Omohyoideus; außerdem liegt das
Gefäßnervenbündel des Halses (Arteria carotis, Vena jugularis interna und
Nervus vagus) unter dem unteren Teil des Muskels. Überdeckt wird er außer
durch seine Faszie größtenteils von dem dünnen M. subcutaneus colli (Platysma,
Abb. 375). Der vordere Rand des Muskels ist immer mit dem Winkel des Unter-
kiefers verbunden. An dieser Stelle hängt die Easzie der Glandula parotis mit
der Faszie des Muskels zusammen. Beim Lebenden geht deshalb der vordere
Kontur scheinbar vom Kieferwinkel aus und verläuft von dort zum Jugulum
(Abb. 139).

Der Muskel ist ein Grenzstreifen zwischen dem äußeren und inneren
Halsdreieck (Abb. 375). Er liegt in einer Faszienröhre (Loge) eingeschlossen,
welche zur oberflächlichen Halsfaszie gehört (Abb. 114) und als Führung für
den Muskel dient.

Die Faszie spannt sich nach vorn zum gleichen Muskel der anderen Seite,
nach hinten zum vorderen Rand des Trapezius aus. Zwischen ihr und der Fascia
colli media besteht eine Spalte, welche aber nicht weit über den lateralen Rand
des Sternokleido hinausragt und dort blind endigt, weil die beiden Faszien ver-
schmelzen. Diesen Rezessus überdeckt der untere Teil des Sternokleido. Im oberen
Teil ist die Faszie fest mit der Insertionssehne des Muskels verwachsen. Die Sehne
bei der Präparation zu reinigen ist recht mühsam.

Innervation: X. accessorius (R. externus) meist unentwirrbar gemischt
mit Ästen von C 2 (auch C 3, C 4 oder selbst mit Ästen des N. hypoglossus). Blut-
zufuhr: R. sternocleidomastoideus aus A. occipitalis, Zweige von anderen Ästen
der A. carotis externa (A. auricularis posterior, A. thyreoidea sup.) und meist auch
von Ästen der A. subclavia (A. cervicalis superfic, A. transversa colli).

Varietäten: Zahlreiche Muskelzüge verschiedener Anordnung in dem Raum
zwischen Sternokleido und Trapezius sind arvf den ursprünglichen Zusammenhang
des Blastems beim Embryo und auf Störungen bei der Spaltung der gemeinsamen
Anlage zurückzuführen (Abb. 367). Befestigungen an Halswirbeln statt am Schädel
kommen vor, auch quer verlaufende, dem Schlüsselbein parallele Muskelchen.

4. Band- und Gelenkverbindungen des Brust-Schulterapparates als passive Be-
wegungsfaktoren' (die beiden Schlüsselbeingelenke und das Schultergelenk).

Die 17 im vorigen Abschnitt beschriebenen Muskeln sind keine mechani-
schen Einheiten, sondern viele von ihnen enthalten infolge der fächerförmigen
Ausbreitung Komponenten, welche sehr verschiedenartig oder sogar entgegen-
gesetzt zueinander wirken. Es kommen hinzu Wirkungen von Muskeln, welche
vom Schultergürtel entspringen und statt am Oberarm, wie die besprochenen
Muskeln, ihrerseits am Unterarm inserieren (Bizeps und Trizeps, siehe Muskeln
der freien Gliedmaße); sie überspringen zwei Gelenke (Schulter- und Ellenbogen-
gelenk) und bewegen beide. Ja es gibt Fermvirkungen von Muskeln, welche
wie der Brachialis nur das Ellenbogengelenk überspringen und doch die ganze
Gliedmaße im Schultergelenk bewegen können (Abb. 44). Ähnlich verhalten
 
Annotationen