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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0807

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796

Kopf.

so geht der Frontalis eine neue sehnige Vereinigung ein, wie z. B. im Digastricus
mandibulae auch zwei heterogenetische Muskeln sehnig vereinigt sind. Das ist der
Epikranius schlechthin, richtiger ,,Epicranius frontooccipitalis". Der Okzipitalis
geht aus Muskelzügen hinter dem Ohr hervor (siehe diesen). Der M. epicranius der
Affen ist also nichts Primitives.

Die Galea aponeurotica ist zwischen Okzipitalis und Frontalis am stärksten
ausgebildet. Sie setzt sich aber auch unter dem Frontalis als dünne aponeurotische
Schicht bis zum Supraorbitalrand fort und reicht seitlich bis zum Jochbogen. Die
Fascia temporalis liegt darunter (S. 761). Alle Durchtrennungen der Galea sind
beim Lebenden gefährlich, z. B. bei Mensuren, weil Infektionen leicht unter der
derben Haube weiterkriechen. Oberflächliche Wunden der Kopfhaut klaffen nie,
solange die G-alea nicht verletzt ist. Auch eine stumpfe Gewalt kann Bisse in der
Galea erzeugen. Man erkennt daraus, wie straff die Haube über den Schädel ge-
spannt ist. Sie platzt, wie ein straff gespannter Glacehandschuh glattrandig reißen
kann, wenn man heftig gegen die Fingeiknöchel stößt; der Biß kann eine Schnitt-
wunde vortäuschen. Das Schädeldach alter Leute pflegt unter dem Diuck der
Haube glatt und feinporig zu werden.

Bei kräftigen Stirnmuskeln fällt der obere Band mit der Haargrenze zusammen,
oder reicht höher hinauf. Bei Haarausfall („hohe" Stirn) sieht man häufig durch
die Haut den oberen Band der beiden Stirnmuskeln hindurch. Kur schwache Fron-
tales enden früher, oft schon in der Mitte der Stirn und sind dann äußerlich nicht
sichtbar. Der obere Kontur ist gegen den Scheitel vorgewölbt. Die beiden konvexen
Insertionslinien sind immer in der Medianlinie durch einen tiefen Einschnitt getrennt.
Auf diesem mit der Spitze stirnwärts gewendeten Dreieck erhalten sich die Haare im
allgemeinen länger als seitlich davon, wo der Muskel die Haut bewegt. Die quere
Haargrenze bekommt deshalb beim beginnenden Kahlkopf zu beiden Seiten eckige
Ausschnitte.

Innervation: Er. temporales (VII) treten von der Seite her unter den Muskel
und von dort in ihn ein. Das Muskelfleisch durchbohren die sensiblen Er. supra-
orbitales und frontales (Va) mit gleichnamigen Gefäßen. Blutzufuhr: A. supra-
orbitalis und A. lacrimalis (aus A. carotis int.), B. frontalis der A. temporalis und
B. angularis der A. max. ext. (aus A. carotis ext.).

4. Die mimischen Muskeln der Ohröffnung und des Hinterkopfes.

Tabelle Nr. 24—28.

Mm. auri- Musculus auricularis anterior, superior, posterior und die

(Tab.s.744, Muskelrudimente der Ohrmuschel. Sämtliche Muskeln des Ohres sind
^AbbfllP' beim Menschen Rudimente. Einzelne Individuen können willkürlich ein wenig

335, 370, die Ohrmuschel im ganzen durch die außerhalb der Ohrmuschel entsprin-

386

genden drei Mm. auriculares bewegen. Die Form der Muschel kann jedoch
weder durch diese noch durch die Reste von Muskeln, welche sich auf ihr
selbst finden, verändert werden. Wie verschieblich ist dagegen das Organ
im ganzen und wie beweglich ist es in seinen Teilen beim Lauschen eines Hundes-
mit „gespitzten" Ohren! Wir brauchen für uns im übertragenen Sinn das
Wort: „die Ohren spitzen", können es aber körperlich nicht. Die Muskeln
außerhalb des Ohres haben für die Spannung der Wangen- und Kopfhaut eine -
gewisse Bedeutung. Theoretisch sind sie vor allem interessant; weil sie auf
der sonst verödeten Heerstraße liegen, welche einst die mimische Muskulatur
auf ihrem Weg vom Hals zum Kopf genommen hat. Darauf sind viele indivi-
duelle Variationen zurückführbar.

Der M. auricularis anterior ist gewöhnlich sehr klein (Abb. 375). Er
fehlt am häufigsten von den drei Mm. auriculares. Er liegt dicht über dem Joch-
bogen in einem etwas tieferen Niveau als der größere M. auric. superior. Zwischen
beide schiebt sich gewöhnlich eine dünne Fettschicht und das Gefäßbündel der A.
und V. temporalis superf.; doch kann auch der Muskelursprung nicht bis an die
Gefäße heranreichen oder über den Gefäßen liegen und mit dem M. auric. sup.
zusammenhängen. Die Insertion am Ohiknorpel ist teilweise von letzterem bedeckt..
Der Muskel wird auch Attrahens genannt. Er bewegt aber die Ohrmuschel bei
Individuen, welche überhaupt willkürlicher Bewegungen dieser Art fähig sind,
nicht nur nach vorn, wie der Name sagt, sondern auch aufwärts. Daß er auch in.
 
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