Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0560

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Das Femur.

549

steckt. Die beiden kurzen G-lutaei ändern ihre Wirkung und adduzieren anstatt
zu abduzieren, sobald das Bein nach vorn gehoben wird. Bei horizontal gehobenem
Bein z. B. im Sitzen mit übereinandergeschlagenen Beinen ist der Umfang der Ab-
und Adduktion größer als in Normalstellung, wie aus den Verkehrsraumgrenzen
des Hüftgelenkes ersichtlich ist (Abb. 270). Kommt eine Botation des Beckens
im anderen Hüftgelenk hinzu, so läßt sich der Ausschlag beliebig steigern. — Bei
der Botation steht die Drehachse senkrecht (Abb. 268). Um die schräg stehende
Schaftachse des Femur kann das Bein nur gedreht werden, wenn es Standbein ist.
Das Becken und der Bumpf werden dann um die Schaftachse des Standbeines
herumgeführt. Das betreffende Hüftgelenk ist ganz unbeteiligt. Führt man den
Oberschenkel des Spielbeines längs der G-renzlinie des Verkehrsraumes im Hüft-
gelenk herum (Abb. 270), so macht das gestreckte Bein mit der Fußspitze einen
Bogen, Beinkreisen. Kreisen, Circumductio, und Kreiseln, Botatio, sind zwei
ganz verschiedene Bewegungen des Beines. Der Spielraum der Botation in Normal-
stellung ist nur wenig mehr als 1/i einer Gesamtumdrehung; das Maximum (bei
wagerechtem Oberschenkel, S. 533) steigt auf fast das Doppelte davon. Botieren wir
das freihängende Bein stärker, so ist eine Gesamtdrehung des Beckens (und Ober-
körpers) beteiligt. Beim Stehen auf zwei Beinen können die Botati onsmöglich-
keiten des Beckens in den Hüftgelenken nur so ausgenutzt werden, daß sich beide
bewegen; das Becken wird im einen Hüftgelenk um so viel nach vorn gedreht, wie
es sich im anderen nach hinten dreht. Das Becken im ganzen dreht sich um die
Längsachse des Körpers und kann gleichsinnig oder entgegengesetzt zu Torsionen
der Wirbelsäule arbeiten (S. 138).

II. Die freie, untere Gliedmaße (Bein und Fuß).

1. Die Knochen des Oberschenkels (Femur, Patella).

Die primitive Paddel beim menschlichen Embryo (Abb. 242) erhält mit Allgemeines
fortschreitender Entwicklung einen deutlichen Stiel und gliedert sich so in
Bein und Fuß. Der Stiel geht Knickungen und Drehungen ein, welche für die
untere Extremität charakteristisch sind und sie in typischer Weise von der
oberen Extremität unterscheiden. Wegen dieses Unterschiedes und seiner Be-
deutung für das Gehen der Vierfüßler und des Menschen verweise ich auf ein
früheres Kapitel (S. 296). Auch auf die Vergleichbarkeit der einzelnen Ab-
schnitte der beiden Extremitäten sei hier nur hingedeutet (Abb. 158b). Da
bei der unteren Gliedmaße keine Pro- und Supination der beiden Unterschenkel-
knochen möglich ist wie zwischen Speiche und Elle, ergibt sich eine viel
größere Einfachheit der Beziehungen. Wir können zwei große Gruppen unter-
scheiden: die erste enthält die aktiven und passiven Komponenten des Ober-
schenkels, die zweite diejenigen des Unterschenkels und Fußes. Das
Kniegelenk, welches wesentlich von den Muskeln des Oberschenkels regiert
wird, soll deshalb bei der 1. Gruppe beschrieben werden. Die Fußwurzelgelenke
werden hauptsächlich von den Unterschenkelmuskeln bewegt und sind deshalb
der 2. Gruppe angeschlossen. Außer Bewegungen des Fußes, die lediglich den
langen Unterschenkelmuskeln obliegen, gibt es auch solche im Fuß. Die
dazu dienlichen kurzen Fußmuskeln, welche die langen Unterschenkelmuskeln
unterstützen, ferner die Zehen und ihre Gelenke gehören in die 2. Gruppe an
die letzte Stelle.

Man beachte, daß diese Einteilung den einzelnen Abschnitten übergeordnet ist, die
wir an der freien Gliedmaße unterscheiden (Abschnitt 1—4 entspricht der 1. Gruppe;
Abschnitt 5—11 entspricht der 2. G-ruppe). Bei der oberen freien Gliedmaße ist die
Einteilung grundsätzlich anders, weil dort das Ellenbogen- und Handgelenk nicht
zwei verschiedenen Gruppen zugewiesen werden können (S. 376) wie das Knie und
die Fußwurzelgelenke.

DasJFemur, der einzige Röhrenknochen des Oberschenkels und längste ^m«26
Knochen unseres Körpers, ist zwischen 34 und 531/2 cm lang. Diese~MaBe 276,'277.'
kommen zwar auch beim Humerus vor, doch ist bei dem gleichen Indivi- A11sememes
duum der Humerus kleiner als das Femur (Abb. 2). Diese Beziehung ist
 
Annotationen