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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0036

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Bewegungsappamte.

A. Allgemeines.
I. Bestimmung und Umgrenzung des Begriffs: Bewegungsapnarate.

Die Bewegungen, welche unserem Körper möglich sind, gehören nur zum
Teil, allerdings zum weitaus überwiegenden Teil hierher. Bewegungen des
Herzens beim Herzschlag, der Gefäße beim Puls, der Eingeweide bei der
Peristaltik u. a. m.~~rechnen wir nicht dazu. TSs fehlt ihnen das Element,
welches bei den eigentlichen Bewegungsapparaten bewegt wird: das knöcherne
Skelett. Auch ist die Muskulatur kein „Fleisch" des gewöhnlichen Sprach-
gebrauches. Man könnte versucht sein, als bestimmende Merkmale das passive
Element des Systems, die Knochen, und die gewebliche Beschaffenheit der
aktiven Elemente, die Querstreifung der Muskelfasern, aufzustellen. Doch gibt
es Ausnahmen. Quergestreifte Muskeln, welche die Zunge oder den Augapfel
bewegen, welche den Darm- oder Blasenverschluß unterstützen, zählefTwie
das Herz trotz ihrer Querstreifung nicht zu den Bewegungsapparaten, die wir
hier behandeln, selbst dann nicht , wenn in den genannten Organen Skelett -
teile als Stützen gelegen sind (es gibt bei manchen Tieren Knochen in der
Zunge, im Penis, Augapfel etc.). Das Prinzip, unter welchem wir die hier zu
behandelnden Apparate zusammenfassen, liegt viel tiefer als diese beiden mehr
äußerlichen, für eine schnelle Orientierung gewiß oft brauchbaren Merkmale.
Es ist in dem ursprünglichen Bauplan des Körpers begründet, welcher
in der Entwicklung unverändert erkennbar ist.

Die Lokomotion, die Bewegung des Körpers im Räume und alles, was
damit zusammenhängt, hat sich eines ganz bestimmten Körperbezirkes bedient,
aus welchem das Material für den Aufbau [hier Organe geschöpft w urde. Diese
Steile ist relativ eng begrenzt und steht dadurch in schroffepa Gegensatz
zu der allseitigen Verbreitung der Bewegungsapparate im fertigen Körper.
Da die Entwicklung eines jeden Organismus - - im wesentlichen auch unsere
eigene Entwicklung — immer auf diese Quelle als dem eigentlichen Schöpfungs-
zentrum aller Materialien für die Bewegungsapparate zurückgreift, so ent-
nehmen wir aus dem allmählichen Ausbreitungsprozeß des Materiales und seiner
Formung die natürliche Ordnung in dem scheinbaren Chaos fertiger Zustände
und begreifen daraus die Gründe der Um Ordnung. Im vorigen Kapitel wurde er-
wähnt, daß das mittlere Keimblatt einen gegliederten dorsalen Teil bildet,
die Ursegmente. Diese haben wir hier genauer zu analysieren; denn be-
stimmte Teile von ihnen sind die Matrix, von der wir auszugehen haben.

Ich will allerdings vorweg betonen, daß nicht alle Bewegungsapparate, die wir
liier behandeln werden, aus dieser Matrix der Ursegmente entstammen. Es gibt
nur eine Ausnahme: die Muskulatur des Kopfes. Aber deren Zugehörigkeit zu den
 
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