Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0306

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Hyoldbogen Nackenkriimmung

,,Freie" Gliedmaße. Allgemeines. 295

wendet. Durch die breite Basis, welche immer mehreren Ursegmenten ent-
spricht, kann Muskelmaterial in breitem Strom in die embryonale Gliedmaße
hineingelangen; das ist wahrscheinlich einer der Gründe dafür, daß die Flossen -
form der Extremität beim Embryo nicht verloren geht, trotzdem die Defini-
tivform eine ganz andere ist.

Bei der vorderen Extremität des Menschen sind es anfangs die zervikalen Seg-
mente C 4—C 8, also fünf, denen sich später noch ein sechstes, das thorakale Th 1,
zugesellt; dafür scheidet aber C 4 nachträglich aus, wie wir aus der Innervation
der Extremität wissen. Bei den niedersten Landwirbeltieren scheint die Zahl der
beteiligten Myotonie nicht geringer als acht gewesen zu sein; die kranialsten sind
für die vordere Extremität der höheren Tiere verloren gegangen, wie jetzt noch
C 4 in der individuellen Entwickhing des Menschen.

Man nennt die Weichteile der Extremitäten, weil sie von vielen Ursegmenten
abstammen, polymer. Die Polymerie der Fischflosse ist am deutlichsten, weil
die Zahl der beteiligten Segmente besonders groß zu sein pflegt. Aber das
Prinzip beim Menschen ist das gleiche und gibt zeitlebens den freien Gliedmaßen das
innere Gepräge. Die Teilstücke, aus welchen die Weichteile zusammengesetzt
sind, bleiben in der feineren Ausbreitung der Muskelnerven und Hautnerven zeit-
lebens erkennbar und haben große Bedeutung für den definitiven Zustand (meta-
mere Zonen, Bd. III). Um diesen
herstellen zu können, bleibt die Flos-
senform der Extremität beim Em-
bryo bestehen.

Im einzelnen gibt es Unter-
schiede im Yerteilungsmodus der
Muskelanlagen an die Extremitäten.
Bei Haien gehen von jedem Myotom

zwei Ströme von Muskelanlagen ^<^s»l £ /f • ,_r., JI.viit"m (zum

(„Domtxsche Knospen") in die em- (r\>^'-- ' • •. vK \// %"°'r?irtT

bryonalen Flossen. Bei den meisten
Landwirbeltieren sind die mikroskopi-
schen Bilder nicht so klar, vielleicht
weil das Material nicht in solchen

Menden nnrl mehr nllm Thlieh fnnr Abb. lol. Menschlicher Embryo von 4,02 mm größter
Tiengen und mem allinaniicn (por Länge, spiralig gedreht. (AusHochstetter Atlas, Samm-
tionsweise) an die freie Gliedmaße limg Fischei.) Siehe auch Abb. 8.

abgegeben wird und deshalb der Vor-
gang der mikroskopischen Sichtbar-
keit entrückt ist. Bei der unteren Extremität des menschlichen Embryo sind zellige
Ausflüsse von 5 Myotonien festgestellt worden (Abb. 242). Die breite Basis der
flossenälinlichen Primitivform scheint auf jeden Fall nötig zu sein, um das segmentale
Material zu formieren. Die Nerven und Gefäße sind deutliche Zeugen dafür.

Im Inneren der flossenähnlichen Primitivform bildet sich das Skelett Ent-

stfluincr des

der Gliedmaße. Voraussetzung dafür ist, daß die ersten Muskelanlagen eines stieies und
jeden Myotoms sich in die dorsalen und ventralen autochthonen Extremitäten- tCplatte
muskeln getrennt haben: Tochterknospen (Abb. 5 und S. 32); denn das Skelett
liegt als Versteifung in der Horizontalebene zwischen beiden Gruppen, die als
Heber und Senker der ursprünglichen Flosse funktionieren (Abb. 125).

Mit der Skelettbildung setzt bei den Embryonen der Landtiere die cha-
rakteristische Umgestaltung des Extremitätenlappens in die typische terre-
strische Gliedmaße ein, die allen Vierfüßlern (Tetrapoden) im Unterschied zu
den Fischen (Tetrapterygiern) eigentümlich ist. Kleine runde Knorpelzentren
in der einheitlichen Vorknorpelanlage des Skeletts, welche anfangs alle ziemlich
gleich groß sind, fangen an, sich verschieden stark zu strecken, besonders die-
jenigen für den Oberarm resp. Oberschenkel und Unterarm resp. Unterschenkel
(Abb. 156). Vor der 6. Fetalwoche ist ein Metakarpale der Hand (siehe Abbil-
dung) noch so lang wie der Radius, tritt dann aber relativ immer mehr zurück.
Die lappenförmige Platte, welche äußerlich noch ziemlich glattrandig ist, be-
kommt auf diese Weise einen Stiel (Abb. 88), dessen besondere Ausgestaltung
erst die Gliedmaßen für das Leben auf dem Lande befähigt.

Hechte untere Extremität Linke und rechte obere Extremität
 
Annotationen