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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0428

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Die Hand als Ganzes in der Bewegung.

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Die beschriebene Kippbewegung ist eine Drehung um die radioulnare dl^g^e""e
Transversalachse des Handgelenkes. Man soUte meinen, daß eine solche Kipp-
nur bei Flexionen, aber nicht bei Abduktionen in Verwendung käme, weil für be'svesrai-
letztere eine dorsovolare Hauptachse durch die Handwurzel gedacht werden
muß. Die letztere geht dorso volar durch das Köpfchen des Kapitatum (Abb. 210,
quer getroffen). Den größten Ausschlag bei der Bewegung um die Hauptachse
macht das Pisiforme, welches bei radialer Abduktion von der Ulna extrem
weit entfernt wird, bei ulnarer Abduktion der Ulna so stark wie möglich ge-
nähert wird. Der Zwischenraum im Röntgenbild an dieser Stelle (der unnatür-
lich groß ist, weil die faserknorpelige Zwischenscheibe nicht zu sehen ist, Abb. 187)
gibt den nötigen Spielraum. Für die radiale Abduktion ist das Umkippen
des NaviLulare die unumgängliche Voraussetzung, damit dem Multangulüm
majus und dem Multangulüm minus eine Annäherung an den Radius ermög-
licht ist; andrerseits wird damit bei ulnarer Abduktion die Lücke gefüllt,
die sonst an dieser Stelle entstehen müßte. So kommt es, daß jeweils mit radialen
Abduktionen akzessorische Bewegungen der proximalen Karpalia im Sinne
der Volarflexion verbunden sein müssen, und daß die Muskeln und Knochen
auf den dazu erforderlichen Antrieb eingerichtet sind.

Multangulüm minus Lunatum Kapitatum

Hamulus ossis Itamati

Abb. 211. Henkesche Achsen. Beide Karpalreihen vom Unterarm aus gesehen. I—I Achse der 1. Karpal-
reihe, II—II Achse der 2. Karpalreihe. Soweit die Achsen außerhalb der Karpalia liegen, ausgezogen, inner-
halb der Knochen gestrichelt. Der Schnittpunkt von I und II liegt im Kapitatum (Punkt, Abb. 210). Beide
Achsen dringen in die proximale Karpalreihe ein und treten aus der distalen Karpalreihe aus (das Pisi-
forme ist weggelassen, weil es den Austritt verdecken würde).

Die^distale Karpalreihe kippt zwar selbst nicht um, sie steht aber, wenn die Henke-
proximale Karpalreihe umgekippt ist, zu dieser anders als in Normalstellung. Stellt s*e ^°ksen
man sich vor, die proximale Reihe sei stehen geblieben, so könnte die gleiche rela- w-urzei
tive Stellung beider Reihen zueinander durch ein dorsales Umkippen der distalen
Reihe erzielt werden. Nur unter dieser Vorraussetzung darf von einer Bewegung
der distalen Reihe um eine transversale Achse bei der Abduktion gesprochen
werden. Die Achsen für die erste und zweite Karpalreihe liegen in der gleichen
Ebene. Die Ebene steht nicht genau transversal, sondern ein wenig schräg und
geht durch das Köpfchen des Kapitatum. In dieser Ebene überkreuzen sich beide
Achsen (Abb. 211). Da die wirkliche Bewegungsachse I—I (proximales Handgelenk)
von radial dorsal nach ulnar volar verläuft, so beschreibt das Tuberkulum des
Navikulare mit seiner Spitze um diese Achse den größten Exkursionsboge n von
allen Knöchelchen der ersten Reihe. Man kann sich daraus klar machen, warum
dieser Knochenpunkt äußerlich besonders sinnfällig zutage tritt.

Die in Abb. 211 abgebildeten Achsen (IlENKESche Achsen) haben zwar für die
Abduktionen große Wichtigkeit, sind aber nicht, wie man früher annahm, die aus-
schließlichen Bewegungsachsen; die Drehung um die dorsovolare Hauptache
(Abb. 210) ist vielmehr das Primäre, jene das Unterstützende, Akzessorische. Für
reine Flexionen kommen die Henke sehen Achsen überhaupt nicht in Betracht.

Bei der rein ulnar gerichteten Abduktion summieren sich die abdu-R4b^ul^oDe
zierenden Komponenten des Flexor carpi ulnaris und Extensor carpi ulnaris
(schwarze Linie, Abb. 172, 200c). Unterstützend kommen auch hier Finger-
muskeln hinzu, wenn die betreffenden Finger selbst durch die Antagonisten
festgestellt sind. Alle langen Beuger und Strecker der (dreigliederigen) Finger
gehören hierher. Wir merken ans die Formel: Ulnare Abduktion durch

Braus, Lehrbuch der Anatomie. I. 27
 
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