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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0464

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Der Daumen als Ganzes in Ruhe und Bewegung.

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glieder des 4. und 5. Fingers und der ulnaren Kante derselben). Die Verwend-
barkeit ist äußerst vielseitig. Da die Sehnen seiner langen Beugemuskeln
kein Chiasma und die Strecksehnen auf seinem breiten Rücken nebeneinander
Platz haben (Abb. 220), so vermag er in seinen drei Gelenken die theoretisch
möglichen acht Stellungen einzunehmen und auch wirklich auszunutzen,
während die dreigliedrigen Finger wegen ihrer Sehnenapparate nur einen Teil
davon verwenden (S. 443).

Das Sattergelenk an der Wurzel des Daumens wird wie ein Kugelgelenk Bewe-_

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benutzt, nur reine Rotationen sind unmöglich. Die zahlreichen Muskeln, welche Sattei-
im Sattelgelenk bewegen, sichern seinen Betrieb, auch wenn einige Muskeln gelenl<
ausfallen. Bei der Opposition bleiben die Ursprünge der kurzen Muskeln
stehen, die Insertionen drehen sich mit; infolgedessen ändern sich die Wir-
kungen der Muskeln in dieser Stellung. Wir berücksichtigen nur die Bewe-
gungen aus der Normalstellung heraus und in sie zurück. Der Adductor
pollicis, Opponens pollicis und Flexor pollicis brevis opponieren; lange Muskeln
führen den Daumen in die Grundstellung zurück: Abductor pollicis longus,
Extensor pollicis brevis. Die Abduktion wird von langen und kurzen Muskeln
ausgeführt: Abductor poll. longus und brevis, Flexor pollicis brevis (zum Teil);
ebenso die Adduktion: Interosseus externus I., Adductor pollicis, Flexor poll.
brevis (zum Teil), Opponens, Extensor pollicis longus.

Eine reine Annäherung der ulnaren Seite des Daumens an den Zeigefinger
kann nur vom Adduktor und Interosseus ext. I. ausgeführt werden (N. ulnaris);
die anderen adduzieren so, daß die Volarseite des Daumens sich dem Zeigefinger
nähert. Rotiert der Daumen bei einer dieser Bewegungen um die Achse des Meta-
karpale I., so ist der Opponens der wichtigste Dreher der Volarseite nach der Ulna
hin (sog. ,,Pronation" des Daumens); der Adduktor ist sein Antagonist (sog. ,,Supi-
nation" des Daumens).

Bei Nervenlähmungen sind selten sämthche Muskeln, welche eine dieser
Bewegungen ausführen, gelähmt. Entweder ist der eine oder andere Muskel
doppelt innerviert, z. B. können die Oppositionsmuskeln so viel Ulnarisbezüge
haben, daß trotz völliger Durchtrennung des N. medianus die Opposition er-
halten ist. Oder aber die Muskeln, welche die gleiche Wirkung haben, sind von
verschiedenen Nerven beschickt, z. B. ist von den Abduktoren der Abd. poll.
longus vom N. radialis, der Abd. poll. brevis und Flexor poll. brev. (Caput
superfic.) vom N. medianus versorgt. Ist der N. radialis durchtrennt, so ist
Abduktion durch die beiden Medianmuskeln nicht unmöglich.

Andere Bewegungen als Flexionen sind bei den Phalangen des Daumens Bewe-

o o ~ gungen in

nur passiv, aber nicht aktiv möglich. Wenn wir im Grunclgelenk beugen, be- sämtlichen
wegen wir fast immer gleichzeitig im Sattelgelenk. Der Ausschlag beider Ge- ^u^dch1
lenke ist jedoch viel weniger ausgiebig als die Gesamtbeugung von zweien der
drei Gelenke der übrigen Finger, mag man dort Grund- und Mittelgelenk, oder
Mittel- und Endgelenk kombinieren. Das liegt hauptsächlich an dem geringen
volaren Ausschlag der Grundphalanx des Daumens. Der Flexor pollicis longus
und brevis besorgen die Flexion. Die Sehne des ersteren ist nicht in zwei Sehnen
gespalten wie bei dem Flexor profundus der übrigen Finger. Sie beugt aber
wie die Sehnen des letzteren die Grund- und Endphalanx, der Flexor brevis
beugt allein die Grund phalanx. Doch hat auch der Abductor brevis beugende
Wirkung auf letztere. Das gleiche tun in individuell verschiedenem Grad der
Flexor poll. brevis und Adductor poll. Die kurzen Muskeln sind darin den
Interossei und Lumbrikales der übrigen Finger vergleichbar. Die wichtigsten
Strecker sind die langen, vom Unterarm entspringenden Muskeln: Extensor
pollicis longus und ,,brevis", letzterer wesentlich für das Grundgelen]?, ersterer
für das Grund- und Endgelenk (Abb. 220).
 
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