Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0589

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
578

Bein und Fuß.

rein passiv, und zwar hemmt jeweils das der Verschiebungsrichtung abgewandte
Retinakulum. Bei Luxation der Patella reißt infolgedessen das letztere. Ober-
flächlich ziehen über die Retinakula die Faszienzüge der Fascia lata quer oder
schräg hinweg. Sie überqueren auch die Kniescheibe. Bricht die Kniescheiben-
spitze vom übrigen Knochen ab und sind die Retinakula erhalten, so kann im
Sitzen das Bein oft noch einigermaßen gestreckt werden. Sobald auch sie ge-
rissen sind, was bei Kniescheibenbrüchen die Regel zu sein pflegt, hat der Qua-
drizeps jede Gewalt über den Unterschenkel verloren, er kann das Bein nicht mehr
strecken.

c) Die Plastik des Knies.

Vorderseite Die äußere Form der Kniegegend ist besonders vorn sehr stark durch das
Kniegelenk und seine Adnexe beherrscht . Die Kniescheibe und das Kniescheiben -
band treten bei leicht gebeugtem Knie am deutlichsten hervor, da dann die
Patella auf ihrer Gleitbahn liegt und der Luftdruck die Fettfalten der Kapsel
in die Tiefe drängt. Wird das Knie stärker gebeugt, so sinkt die Kniescheibe
in den nach vorn klaffenden Zwischenraum zwischen den Knochen hinein.
Das Knie sieht infolgedessen abgerundet aus (Abb. 253). Lateral überhöhen
das seitliche Außenband, die Bizepssehne und der Tractus iliotibialis die Gelenk-
spalte (Abb. 248). Besser ist sie zu fühlen an der Innenfläche, wo das Seitenband
und die platten Muskelsehnen im Niveau der Knochen bleiben. Die Innenseite
des Knies ist halbkuglig (Abb. 256). Die obere Hälfte der Kugel gehört zum
Femur, die untere zur Tibia. Gerade in der Mitte der Kugel kann man die
Gelenkspalte durchtasten.

Kniekehle Nach hinten zu ist das Kniegelenk durch die Muskeln bedeckt, welche

das Knie beugen. Die Kniekehle, Possa poplitea, entsteht nur bei Beu-
gung, da dann die Muskeln sich von den Knochen abhebein und als Ränder der
Kniekehle beiderseits vorspringen, am stärksten innen (Abb. 256). Der Inhalt
(Gefäße, Nerven, Pett, Abb. 287) verschwindet unter der Wirkung des Luft-
druckes in der Tiefe der Grube. Die quere Falte, in welche sich die Haut
legt, und welche als stationäre Querlinie auch bei gestrecktem Knie sichtbar
zu sein pflegt, liegt höher als in der Tiefe der Kniekehle der Gelenkspalt liegt!
Bei gestrecktem Bein wird der Inhalt der Kniekehle nach außen vorgedrängt.
An Stelle der Grube ist die hintere Kniegegend vorgewölbt und gespannt
(Abb. 131).

Ein Fehler, welcher dem Ungeübten leicht unterläuft, ist die Verwechslung
der Gregend der Gelenkspalte mit dem Planum popliteum. Man mache sich klar, wie
tief die Gelenkspalte unterhalb des Planum und unterhalb der Gastroknemius-
ursprünge liegt (Abb. 246b). Sowie man am Präparat und am Lebenden das Knie
bewegt, ist ein Irrtum ganz ausgeschlossen.

d) Articulatio tibiofibularis superior.

Zwei kleine plane Gelenkflächen der beteiligten Knochen, die Facies
articularis tibialis und die Facies articularis fibularis, sind durch
eine eigene Kapsel verbunden. Vorn und hinten wird die Kapsel durch die
Ligamenta capituli fibulae verstärkt (Abb. 244, 283). Auch stemmt sich
die Membrana interossea einer Verschiebung der Fibula entgegen. Der Kno-
chen ist in Streckstellung des Knies so fest gestellt, daß das äußere Seiten-
band einen unbeweglichen Halt am Fibulaköpfchen hat. Als Stütze für dieses
Band und für die Stabilität des gestreckten Beines, auch als Ansatz wichtiger
Muskeln ist das obere Fibulaende von Bedeutung (über Reduktion, S. 567).

Aktiv kann der Bizeps die Fibula bei gebeugtem Knie ein wenig nach hinten
ziehen. Passiv wird der Knochen um geringe Beträge verschoben, wenn das untere
Ende der Fibula unter dem Druck des Talus ausweicht (siehe Talokruralgelenk).
Diese geringe Verschieblichkeit schützt die dünne Fibula vor Bruch bei überstarken
 
Annotationen