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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0830

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Der Kopf im ganzen, Mimik und Physiognomik.

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Kulturmensch den ausgearbeiteteren, markant modellierten, „interessanten"
Kopf. Wie wir in dem Duktus der Schrift von den Schriftformen anderer ab-
hängig sind, die uns durch Erziehung oder freie Nachahmung als akzessorische
Züge zu der eigenen Schrift zufallen, so steckt auch in unserem Gesichtsaus-
druck vieles, das zum Teil entlehnt und nichts als unbewußte Nachahmung
von Mienen anderer ist, die wir aus unserer Umgebung oder aus Bildern kennen
und die uns gefallen. Unausgeglichene Brüche im Gesichtsausdruck zwischen
dem wahren und dem falschen (dem unserem innereren Wesen nur künstlich
angeklebten) Typus erzeugen in manchen Gesichtern den Zug des Komischen,
des Grotesken, die Grimasse. Zahlreiche rein körperliche Umstände, wie die
Benutzung der Lippen zur Nahrungsaufnahme, zum Pfeifen, Blasen, Atmen
und gewisse Zustände der inneren Organe projizieren sich zwischen die echten
und falschen Ausdrucksformen. Endlich hat die Sprache in den Lippen Werk-
zeuge für bestimmte Laute, die Lippenlaute, welche in Wechselwirkung stehen
zu der Art des Sprechens, der Tonmelodie und Resonanz des Sprechers. Die
Lippen vor allem nehmen dadurch teil an dem Gesamtbild der Gebärden eines
Menschen, welche der gesamten Persönlichkeit ihren spezifischen Habitus auf-
prägen .
 
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