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Die Gartenkunst — 15.1913

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Rasch, Ewald: Bildungsfragen
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0042

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31

DIE GARTENKUNST.

XV, 3

Bild Q. Die Gärten am Landhause Bocken: Der Rosengarten.
Verf.: P. Schädlich, Zürich.

würdigen „Künstler“ unter den Schulabsolventen und
überhaupt die „Künstler in ihrem Fach“, für welche
wohl die Bezeichnung „Virtuosen“ eher am Platze ist.

Und doch hängt für das künftige Gedeihen unseres
Berufes viel, ja alles davon ab, daß wir möglichst
viel wirklich künstlerisch gehalt-
volle Persönlichkeiten haben. Und
alle Mittelmäßigkeiten ohne Gnade
den Tüchtigsten zunutz mit den
Minderwertigen gleichbehandeln.

In der Kunst sind keine Kom-
promisse denkbar. Entweder je-
mand ist Künstler, oder er ist
keiner. Zwischenstufen gibts da
nicht. Und gerade die Halbheiten
sind es, die uns gefährlich werden,
jene Mittelmäßigen mit etwas mehr
Zeichentalent als die schlichten
tüchtigen Techniker und mit sehr
viel Eitelkeit.

Ausschlaggebend für den Wert
eines Menschen als Künstler ist
aber einzig die Qualität seiner Per-
sönlichkeit. Wir werden da sehen,
daß das, was wir da oft „Kunst"
nennen, nur ein Produkt von Kräften
ist, welche nur durch weise und
zielbewußte Erziehung oder Selbst- ßjid jy[

erziehung geweckt und kultiviert

werden können. Und diese Erzie-
hung besorgt nicht die Gartenbau-
schule, sondern, setzt teils in früher
Jugend im Elternhaus ein, teils
erwachen die Knospen unter Sturm
und Not und werden vom Men-
schen selbst instinktiv gehütet und
mit wachsender Erkenntnis gepflegt
und entwickelt. Letzterer zeitigt
dann oft unter den widrigsten Ver-
hältnissen Erfolge, welche dem
Mittelmäßigen oder Muttersöhn-
chen unglaublich, unmöglich Vor-
kommen.

Die Bäume, die einsam ohne
Pflege, in Sturm und Wetter groß
und stark geworden sind, sind er-
fahrungsgemäß nicht eben geringer,
als die mit allerlei Pflege und Kunst-
griffen aufgezogenen.

Jedenfalls ob anerzogen, ob
selbsterworben, gewisse Eigenschaf-
ten müssen vorhanden sein, um je-
mand als Künstler auch ohne des-
sen Zutun in Erscheinung treten
zu lassen. Und da diese Eigen-
schaften nur in der Privatpraxis er-
forderlich sind, nie bei der Behörde
(? die Schriftleitung), so kommt eine
Berücksichtigung der künstlerischen Ausbildung auf der
Schule weniger in P'rage als angenommen wird. St. Büro-
kratius braucht überhaupt keine Künstler, er braucht nur
technisch tüchtigeBeamte, welche inihrem Fach technisch
genau Bescheid wissen, gut rechnen, sauber zeichnen

Die Gärten am Landhause Bocken: Terrasse vor dem Hause.
Verf.: P. Schädlich, Zürich.
 
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