Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Gartenkunst — 15.1913

DOI Heft:
Nr. 7
DOI Artikel:
Balcke, Joh.: Neuzeitliche Friedhofskunstbestrebungen in Linden-Hannover
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0097

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
XV, 7

DIE GARTENKUNST.

Neuzeitliche Friedhofskunstbestrebungen in Linden-Hannover.

Von Stadtgarteninspektor Joh. Balcke, Linden b. Hannover.

Für die Stadt Linden mußte im Jahre 1907 ein
neuer Zentralfriedhof geschaffen werden, mit dessen
Projektierung und Ausführung der Verfasser betraut
wurde. Es besteht nicht die Absicht, hier eine Be-
schreibung dieses Projekts oder des. inzwischen in
Betrieb genommenen Friedhofes zu geben; es sollen
nur die leitenden Gedanken, die bei der Anlage des
Friedhofes den Ausschlag gaben und bei seiner weiteren
Ausgestaltung maßgebend sind, näher erörtert wer-
den, da sie in mancher Hinsicht einen Beitrag zum
Kapitel der modernen Friedhofsgestaltung liefern
können.

Linden ist eine Industriestadt. Seine etwa 75000
Bewohner gehören vorwiegend der körperlich arbeiten-
den Volksklasse an. Deshalb stand wie kaum anderswo,
im Kernpunkt der Aufgabe die Frage: „Wie ist
trotz der sich mit Notwendigkeit ergeben-
den Massenanhäufung einfacher Gräber ein
Auge und Gemüt befriedigendes Fried-
hofsbild zu erzielen"? Die Lösung dieses Pro-
blems wurde dadurch noch besonders erschwert, daß
bei den ganz unverhältnismäßig hohen Ausgaben für
Ankauf des Friedhofsgeländes und bei der sich aus
der Zusammensetzung der Bevölkerung ergebenden
Finanzlage, der Stadt bei der Planaufstellung auf äußerste
wirtschaftliche Ausnutzung des Geländes Rücksicht zu
nehmen war und die Flächen für dekorative Zwecke
und für gärtneri-
scheUmrahmung
der Grabstellen
aufs knappste be-
messen werden
mußten.

Bei den mir
bekannten neu-
zeitlichen Fried-
hofsanlagen, die
vielfach vorbild-
lich geworden
sind,insonderheit
dem Friedhofe in
Ohlsdorf und
dem Münchener
Waldfriedhofe,
sind derartige
Rücksichten im
allgemeinen nicht
maßgebend ge-
wesen. Die Ver-
hältnisse erlaub-
ten es zumeist,

die Frage der wirtschaftlichen Ausnutzung nicht in den
Vordergrund zu stellen; es konnte vielmehr durch Frei-
haltung großer Flächen für architektonische und gärt-
nerische Anlagen ein vielgestaltiger, oftmals reicher
Rahmen für das Bestattungswesen geschaffen werden.
Diese Vorbilder konnten für Linden im allgemeinen
nicht maßgebend sein; es mußten wesentlich andere
Wege beschriften werden, um bei der gebotenen Aus-
nutzung des Geländes und mit bescheidenen Mitteln
eine befriedigende Lösung der Friedhofsfrage zu finden.

Es galt zunächst die vorhandenen alten, bisher
kirchlichen Friedhöfe zu prüfen und die Ursachen ihres
unerfreulichen Eindruckes klar zu erkennen. Sie bieten
den allbekannten, trostlosen Anblick der meisten in
den vergangenen Jahrzehnten entstandenen Friedhöfe:
Reißbrettmäßige quadratische Aufteilung, sämtliche
Wege eingefaßt mit endlos sich dehnenden Reihen
vergitterter Erbbegräbnisse, hinter denen die Reihen-
gräberfelder liegen. Besonders charakteristisch für das
Gesamtbild dieser Friedhöfe ist indessen das Gewirr
und die ungeheuere Zerrissenheit in der allgemeinen
Erscheinung der Grabsteinmassen. Es fehlt der klare
Gedanke im Ausdruck des Gräberfeldes ; überall schrei-
ender Kontrast in Form und Material, nirgends Ruhe,
Harmonie, Einheitlichkeit.

Hier lag ohne Zweifel die Hauptwurzel des Übels
und es ergab sich für den neu zu schaffenden Fried-
hof als erste
wichtige Richt-
linie die Frage:
„Welche Maß-
nahmen sind
zu treffen, um
auf die Grab-
malfabrika-
tion so ein-
zuwirken, daß
eine ruhige
und harmo-
nisch e Ge-
samterschei-
nung der Grä-
ber zustande
kommt?“

Um dieses Ziel
zu erreichen, galt
es zunächst alles
das von dem neu
zu . schaffenden
Friedhofe fernzu-
halten, was bis-

Abb! 1. Grabsteine von einheitlichem Typus in der Musterfriedhofanlage
des Lindener Hauptfriedhofs.
 
Annotationen