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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 22
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Beitz, Georg: Zum Wettbewerb Hauptfriedhof Stuttgart-Canstatt
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0345

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XV, 22

DIE GARTENKUNST.

337

öffentlichen Schaffen nicht durch das Ge-
rede der Leute beeinflussen lassen soll,
so drückt es doch andererseits auch die
Verpflichtung aus, sich bei öffentlicher
Tätigkeit Kritik gefallen zu lassen. Öffent-
liche Preisausschreiben und die Urteile
der Preisrichter hierbei, haben von jeher
sich ganz besonders die Kritik gefallen
lassen müssen, und jedes neue Ausschrei-
ben scheint neue Angriffspunkte geben zu
wollen. Auch für den Stuttgarter Wett-
bewerb trifft dies zu. Das Ausschreiben
selbst habe ich nicht in Händen gehabt,
und stütze ich mich mit meinen Ausfüh-
rungen auf die Veröffentlichungen in Nr. 20
der Gartenkunst. Die Bedingungen für
die Lösung der Aufgabe waren im allge-
meinen gut formuliert und die Ansprüche
an die Gebäude und die Anlage waren
ausreichend angegeben. Soweit es sich
um die Friedhofsanlage handelt, war et-
waigen Mißverständnissen durch die Bei-
fügung einer Planskizze vorgebeugt. Ohne
die Beifügung dieses Entwurfes wäre wohl
das schöne Wort „parkartig“ (s. IV. der
Bedingungen) von manchem mißverstan-
den worden. Vielleicht befinden sich auch

unter den nicht preisgekrönten Einsen-
dern solche, die das Wort anders ver-
standen haben, als die Preisträger. Vor
10 Jahren noch hätte niemand unter parkartig eine Gestaltung
verstanden, wie sie die preisgekrönten Entwürfe zeigen. Der
Wandlung, die sich in der Gestaltung der Anlagen vollzogen
hat, nachhinkend, hat sich auch der Sinn des Wortes geändert,
aber doch nicht so weit, daß es vollständig klar wäre. Fort
also mit diesem verschwommenen Ausdruck. Richtiger wäre
gewesen zu sagen: Der Friedhof soll soviel wie möglich durch
die Mittel der Gartenkunst verschönert werden, oder so ähn-
lich. Als Spezialist, wenn man so sagen darf, bemängele ich
in den Bedingungen weiter die Forderung einer Restfläche
von 50—60% für Belegungszwecke nach Abzug der gärtneri-
schen Anlagen. Unter den gärtnerischen Anlagen, sind nach

Abb. 20. Hildesheim: Sitzplatz 1 an der Bischöfsmühle.

Hildesheim: Mit wilden Teichuferpflanzen bepflanzter Weg.

meiner Ansicht nicht nur die Hauptalleen und Hauptpflanzungen
zu verstehen, sondern alle Wege, die notwendig sind, ob sie
nun in dem kleinen Maßstab gezeichnet sind oder nicht und
auch alle sonstigen Flächen, die zu Gräbern nicht benutzt
werden können. Die Belegungsfläche eines Friedhofes läßt
sich nur dann vergleichsfähig angeben, wenn die Grundfläche
der vorhandenen Gräber mit ihrer Zahl vervielfältigt wird.
Es gibt nach meiner Kenntnis keinen großen Friedhof, der
sich mit Recht ein Werk der Gartenkunst nennen darf und
der gleichzeitig in der angegebenen Weise ermittelt 50% Be-
lagsfläche hat. Es ist vielfach bemängelt worden, daß dem
Preisausschreiben schon ein Anlageplan mit auf den Weg ge-
geben worden ist. Darin sehe ich nichts
Anstößiges. Im Gegenteil die Bewerber
wurden dadurch gut unterrichtet über Maß
und Art der von der Stadtverwaltung Stutt-
gart auf Grund der örtlichen Verhältnisse
für gutgehaltenen gartenkünstlerischen
Ausschmückung. 50% Belagsfläche hat
übrigens auch dieser Plan nicht. Das Un-
recht entstand nur später als die Preis-
richter ohne weiteres Halblösungen, denn
die Architekturlösung bildete doch nur die
Hälfte der Aufgabe, mit den Ganzlösungen
in eine Reihe stellten und prämiierten.
Wo waren die Herren Juristen des Preis-
richterkollegiums bei dieser Entscheidung ?
Es hätte hier unbedingt ein Verfahren ge-
funden werden müssen in der Art des
Reinhard’schen Vorschlages und hätte der
Entwurf Mortuis nicht den II. Preis, son-
dern nur einen Architekturpreis bekom-
men oder nur angekauft werden dürfen.

Nun zu den preisgekrönten Lösungen!
Es ist natürlich sehr schwer auf Grund
der kleinen Abbildungen sich ein vollstän-
dig richtiges Bild zu machen. Es liegt
mir ja auch vollständig fern meine Meinung
als die allein richtige hinzustellen, und wird
es außer der Meinung der Preisrichter
und der meinigen ja noch eine ganze

Abb. 19.
 
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