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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 22
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Beitz, Georg: Zum Wettbewerb Hauptfriedhof Stuttgart-Canstatt
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0346

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.338

DIE GARTENKUNST.

XV, 22

Abb. 21. Hildesheim: Blumengärtchen „Groß-Venedig“ zur Zeit der Sommerblumen.

Reihe anderer Meinungen geben. Doch nur im Meinungsstreit
und nicht bei Stillschweigen läßt sich die Wahrheit finden.

Zu dem erstgekröriten Entwurf ,~,Im Steinhaldenfeld“ sagt
das Protokoll des Preisgerichtes: „Der gesamte Zugangsver-
kehr. bewegt sich um die Hauptbaugruppe herum.“ Ist das
ein Vorteil? Ich halte es für einen Nachteil, sowohl vom ver-
kehrstechnischen,. als vorn künstlerischen Standpunkt aus.
Nicht die Gebäude kommen zur Geltung, an denen man vor-
beigeht,. sondern die, die sich dem Blick entgegenstellen. Zur
Erhärtung dieser Ansicht genügt ein Blick auf die Schaubilder
der . verschiedenen Entwürfe. Was die Architektur sonst be-
trifft, so gefällt mir weder der Uhrturm noch die Säulen, noch
die lange Arkadenreihe, aber das ist ia Geschmackssache.
Das Planbild der Anlage ist wunderschön.

Eine markige Wegführung ist mit wunder-
schöner Verwendung von Hell und Dunkel
ausgezeichnetzurGeltunggebracht. Haben
sieh nun die Bearbeiter und Preisrichter
ein deutliches Bild gemacht in welcher
Weise die auf dem Planbild ausgezeichnet
wirkenden, schwarz angelegten, also wohl
mit dichter Pflanzung zu bedeckendenTeile
für die Friedhofszwecke ausgenutzt wer-
densollen? Im Protokoll steht „auch lassen
sich diese Waldpartien zu Urnenhainen
praktisch ausnutzen“. Mit diesem Satz ist
gar nichts gesagt! Es hätte dann min-
destens die Art, wie diese Ausnutzung
gedacht ist, angedeutet werden müssen.

Urnenhain ist ein reichlich böses Schlag-
wort ohne bestimmten Sinn. Eine Urne
in einem Hain kann wundervoll wirken.

Dann geht es allmählich die Abstufungen
hinunter, immer mehr Urnen und immer
weniger Hain und schließlich sagt man
sich, lieber eine Reihe Urnen nebenein-
ander, als eine solche Sorte Hain. Für die
Reihengräberflächen gilt die gleiche Be-
mängelung. In keiner Weise ist auf dem
Plan angedeutet, wie die Aufteilung der
Flächen geschehen und welche Rolle die
Gartenkunst hierbei spielen soll. Daß die

Flächen nicht kahl bleiben und in ähnlicher
Weise bei der. Raumbildung wie im Park
die freie Rasenfläche benutzt werden
können, darüber muß man sich doch nach-
gerade klar sein. Auf dem Planbild ist
aber die grandiose Wirkung der freien
Rasenfläche im Gegensatz zu Allee und
Wald dargestellt und bei der Prämiierung
augenscheinlich bewertet. Es war ja un-
möglich bei dem kleinen Maßstab die Klein-
teilung der Flächen richtig darzustellen und
wäre auch unbillig von den Bewerbern eine
solche Kleinarbeit zu verlangen, aber An-
deutungen hierüber müßten gegeben sein.
Finden sie sich auf einem besonderenBlatte,
was mir nicht bekannt ist, so bleibt es
noch immer unrichtig im Planbild Wir-
kungen darzustellen und zu prämiieren,
die in Wahrheit niemals zu erreichen sind.
Der Entwurf des Herrn Garteninspektor
Ehmann ist in dieserBeziehung viel wahrer.
Ähnliches, d. h. Ausnutzung von Effekten
im Bilde, die in der Wirklichkeit nicht oder
nur mit unverhältnismäßig großen Opfern
an Geld und Gelände zu erreichen sind,
gilt auch für die gezeigten Terrassen-
bauten. Soll die Fläche des 3, Schaubildes
auf Seite 299 ohne Gräber bleiben? Sollen
diese Terrassen gebaut werden? Grund-
sätzlichbin ich der Meinung, daß auf dem Friedhof denTerrassen-
mauernund ähnlichen Architekturwerken nicht die Rolle zukommt,
wie in sonstigen öffentlichen Anlagen. Auf dem F riedhcf sind durch
die Grabmäler so viel Architekturbilder zu schaffen, daß es
besser ist, durch Gartenanlagen den richtigen Hintergrund und
die richtige Anordnung hierfür zu schaffen, als neue selbstän-
dige Architekturwerke.

Was . ich über die Zubilligung des 2. Preises für die Arbeit
Mbrtuis halte, ist vorher schon gesagt. Für die im Schaubild
dargestellten Baulichkeiten hätte ich eine größere Anlehnung
an die dem Volke für Andachtsräume vertrauten Formen für
besser gehalten.

Die 3. gekrönte Lösung „Totenstadt“ ist als sachlich

Abb. 22. Plildesheim : Der Langelinienwall.
 
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