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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 23
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Hoemann, Reinhold: Le Nôtre und seine Schöpfung in Vaux
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0360

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XV/ 23

DIE GARTENKUNST.

353.

Abb. io. Querachse im Park von Vaux le Vicomte, nach einem alten Stich aus der Bibliothek des Kgl. Gewerbemuseums in Berlin.;

Sind wir im Parke bis zur Mitte fortgeschritten,
so gelangen wir an ein großes, kreisrundes Becken,
dem etwas weiter unten zwei große rechteckige Becken
vorgelagert sind; von hier führt dann eine Wasser-
allee aus springenden Strahlen weiter abwärts, um an
einem großen quadratischen Becken zu enden. Man
sieht dies alles recht gut auf unserer Perspektive Abb. 6.
Man sieht aber leider auf Abb. 5, daß dieser Teil der
Wasserkünste heute nicht mehr erhalten ist. Man ist
aber, wenn man zu diesem Punkte gekommen ist,

Stelle wiederum zurückblickt zum Schloß (Abb. 15
und 17), so erstaunt man immer wieder über das
prächtige Gartenwunder, welches Altmeister le Nötre
hier geschaffen. In einer französischen Beschreibung
dieser Gartenpartien fand ich die Pracht dieses Garten-
teiles also umschrieben:

„Die Natur, allmächtig wie sie ist, kann so Schönes
nicht hervorbringen und die Kunst, die sich rühmt,
sie (die Natur) oft nachzugestalten, sie manchesmal zu
übertreffen und sie oft zu verschönern, sie könnte doch

überrascht über die neuen Wasserkünste, die sich hier
dem Auge bieten, die man von der Schloßtreppe aus
nur ahnen, aber nicht sehen konnte.

Ein großer, prächtiger Gartenteil, in welchem dem
Wasser die Plauptrolle zugewiesen ist, bietet sich dem
Auge. Ein kilometerlanges, kanalartiges Becken,
welches früher von bunten und vergoldeten Kähnen
belebt wurde, ein mächtiges Neptunbassin, nischen-
geschmückte Architekturen von großer Schönheit, voll
von Rhythmus und Harmonie, wenn auch stark an ita-
lienische Vorbilder erinnernd, dabei aus Plünderten
von Strahlen ein Geräusche und Gemurmel und all
diese Pracht eingebettet in ein schönes Waldtal, das
alles macht einen unvergeßlichen Eindruck (Abb. 13,
14, 15, 16), und wenn man dann von hochgelegener

nichts so Wunderbares schaffen.“ Fürwahr, was wir
hier sehen, ist ein vollendetes Werk, welches Kunst
und Natur gemeinsam geschaffen.

Man könnte noch vieles und mancherlei erzählen
von den Gärten von Vaux le Vicomte, aber ist- es.
möglich, die Schönheit eines Gartens zu beschreiben,
wenn nicht einmal das schwache Hilfsmittel der Ab-
bildung der gestaltenden Phantasie hilft, die Bilder zu
errichten ?!

Möchten doch alle Jünger der schönen Gartenkunst
ein solches Meisterwerk, wie le Nötre es in den Gärten
von Vaux schuf, an der Quelle studieren, sie werden
vielleicht recht klein werden, wenn sie die Vollendung
jener Gartenkunstwerke erkennen und ruhig wägend
mit den Arbeiten der Epigonen vergleichen, aber sie
 
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