während zum Jrichjahr nur ettva 96 jungs Lshrer von
drei Senlinarien abgehen.
AuslaNd.
Türkei.
K o n st a n t i n o p e l, 21. Jan. Koilsulatmeldungen
bezeichnen die Lage in Aemen als ä u ß e r st k r i t i s ch.
Außer der Hauptstadt Sana ist auch- der Hasenort Ho-
deida von den Aufftändigen völlig zernisrt. Dis in dem
Hafen eingetroffenen HilfstruPPsn verweigern den Dienst
angedlich wegen rückständigen -lSotdes. Die iOfffziere
sind den Nkeuternden gegenüber vollständig machtlos.
Amcrika.
S a n k t D o in i n g o, 22. Jan. Die Regierung und
der Gesandte der Vereinigten Staaten unter-
zeichneten ein Protokoll, in welchem die Wereinigten Staa-
ten die Unversehrt h e i t des Gebietes von
Sankt Domingo garantieren, und die V-erantwor-
tung übeimehm-en, die inrrere und üußere Schuld der Re-
publik zu ordnen. Sie werden die Bedingu-ngen der Be-
zahlung festsetzen, nnrechtniäßig-e Ansprüche zurückwei-sen,
irber die Rechtsgülffgkeit und den Betrag- der schwebsn-den
Forderungen entscheiden und die Zollverwaltung nber-
nchmen. Die Beamten derselben sind äber den Gesetzen
von Sankt Domin-go unterworfen. Die Vereinigten Staa-
ten werden ferner für notwendige Ausgaben 46 Prozent
von den- Zolleinnähmen der Rygiernng von- Sankt Do-
mingo zustellen, die Beamten der Zoll- und Steuerver-
waltung, und die Zinsen der äußeren und inneren Schuld
bezahlen. Der ganze Ueberschuß verbleibt bis ziliii Fah?
resende in der Staatskasse nnd wird von der Regiernng
von Sankt Domiilgo zur Bezahlung der Schulden ver-
wandt wrrden.
lI-,npl,>,'.rE 91» jtzjjj z'k!j lI-u,pl,tr-.E so
Aus Stadt uud Land.
— Bortrag in der Loge Wchrkraft. Der von dcr Gut-
remplerlogc Wehrkraft hier vorgestern Nachmittag im Hol-
länder Hof veranstaltete Vortrag über „Erfahrun-gen in der
Trinkerrettung d-urch Heikstätten-Vereine" Irxir gut Lesucht.
Der Redner, Herr Menger, warf zunächst einen Rückblick
auf die Geschichte der Heilung Trunksüchtigcr. An dcr Hand
rcicher Erfahrungen, die er sich als Leiter eines kleinen Ab-
stinenzsanatoriums urtd Führer der Guttempler erworhen hat,
schildertc er das Bild 'des Trinkers un-d bew-ies daran, daß
die Trunksucht kein Laster, sondern eine Krankheit rst, die in
80 Prozent aller Fälle geheilt werden kann. Die Heilung der
l-eichteven Fälle besorgen Vereine, besonders der Guttempler-
orden und das blaue Kreuz; die schwereren Fälle bedürfen dcr
Anstaltspslege. Für die unheilbaren Trinker sollten Asyle ge-
schaffen werden; da es an solchen Anstalten vollkommen
mangelt, sollten inzwffchen- die Jrrenanstalten mit grötzeren
Kompetenzen versehen werderr. Bei der Arbeit in den eigenti
lichen Heilanstalten kom-mt es aus eine sorgsame Auswahl des
Heilmaterials an. Die Aufgabe der Anstalt sei eine doppelte:
eine ärztlich-mcdizinische und eine -pädagogische. Von unschätz-
barem- Werte seien für die Geretteten die Abstinenzvereine,
nicht nur fur diese selbst, sonidern für ihre Familien. Nur
durch diese Vereine werde der Erfolg der Anstaltspflege ein
vollkommener. Ehrlos sei der, der einen gevetteten Trinker
durch Spott oder Zuspruch zum Wiedertrinken veranlasse,
denn das erste Glas sei der Untergang. Unendlich groh sei
die Zahl der Opfer des Bechers; Dr. Gancz schätze fte im
Großherzogtum Baden auf über 6000. Es sei daher notig,
datz sich die weitcsten Kreise für d-iese Kranken, fowff ffir die
Not un-d das Elend, das aus deren Krankheü > r,..-,
Leblt Rittel ^ Lr RettuL
empftehlt Re ^ ^ Eintritt moglichst vieler, die die Gefcchr
Des Alkoholismus erkennen, in die Absftnenzvereine. Das
pcrsönliche Beispiel wirke am bestcn. — Jn -der Diskussion dankte
Fvau Dr. Jaffe für diesen belehrenden Vortrag; auch sie
sehe ein, datz -bei der Aribcit der Rettung Alkoholkranker, die
Totalabsftnenz der ffchftge Weg sei. Datz die Rot, die der
Alkoholismus erzeugt, grotz sei, eükenne sie an den zahlrcichen
Hilferufen von Frauen, die bei der Rechtsschutzstelle für Frauen
und Mädchen hier sich Rat holen. Sie freue sich, hier in Hei-
delberg eine Guttemplerloge bei der Arbeit zu sehen un-d
wünsche thr dazu alles Gute.
8 Wieblingen, 23. Jan. (W e i h n a ch t s f e i e r.) Am
Samstag Abend hielt die hiesige Freiwillige Feuer-
w c-h r ihre Weihnachtsfeicr im Gasthause „zur Nose" ab. Der
l. Kommandant, Landlmrt Peter B ö h ni, begrützte die Er-
schienenen und wünschte, dah sich dieselben niit dem reichlich
Gebotenen recht amüsicren mögen. Nach dem Theaterstück
„Ilnsere Feuerwehr" trugen ztvei Fräuletn, ?lnna Rostart von
hier und Kätchen Zipf auS Hcidelberg, das Tirolerlied „Schaut
der Jäger in das Tal" vecht brav vor und ernteten reichlichen
Beisall. Das von den Herren W. Trieffch und Franz Schwarz
vorgetragene konftsche Terzett „Brand und Oualm" wurdc
reichlich durch dcn Bcifall der Zuhörvr belohnt. Den Schlutz
des theatralischen Teiles bildete ein Gesangsvortrag „Die
Bumsdorfer Feuerwehr!" Die Regie des theatralischen Tcils
lag in den Handen des Steigerhauptmanns W. Trietsch und
wurde cxakt ausgeführt. Die sich arffchliehende Christbaumfeier
und Tanzunterhaltung, gewürzt mit komischen Barträgen des
Kameraden B. Retzbach nahm den schün-sten Verlauf und hielt
die Teilnehmer bis zum frühen Morgen beisammen. Den mu-
sikalischen- Teil stellte dcr hiesige Musikvcrein un-d -lüste seine
Aufgabe zur vollsten Zufriedenheit der Teilnehmer. .Mche
und Kcller des RoseMvirts I. Maas ivaren gut bestellt und
wurden allgemein gelobt. Die Krciwillige Feuerwchr spricht
aus diesem Wege einer älteren Dame für ihre tatkrästige llnter-
ftützung den bcsten Dank aus.
ll Weinheim, 22. Jan. (P e t r o le u m b o h r u n g e n.)
Wie schon berichtet, fanden in den letzten Wochen in den Orten
Hemsbach und Laudenbach des hiesigeu Amtsbczirks Bohrungen
nach Petroleum statt. Der „Weinheimer Anzeiger" weitz nun
zu berichten, dah aus der Gcmarkung Laudenbach in unmittel-
barer Nähe. der badffch-hessischen Grenze an der Landstrahe
eiliem Bohrloch ein riestger Wafferstrahl entstiegen ist, wodurch
dic Landstrahe übcrflutet und das tiefer gelegene Geländc teil-
lveise übcrflutet worden- sei. Aber weder Petroleum, noch auch
Mineralwaffer, n-ur ganz gewöhnliches Waffer entströmte der
Eröffuung un-d zwar mft solchem Druck, dätz die Verstopfung
aus grohe Schwstrigkeiten gestoßen ist.
Mannheim, 2l. Jan. (S ch w u rge r i ch t.) Ter 31
Jahre alte Kausmanu Friedrich Hautzmann aus Frankenthal,
erschien heute untcr der Anklage dcs Betrugs, der Fälschung
einer öffentlichen Urkunde und des betrügerischen Bankcrotts
vor den Geschworenen. Der Angeklagte erbte etwa 62 000
Mark und diese Erbschast wurde ihm zum Verhängnis. Sein
von einer starken Dosis Größenwähn getränkter Unternehm-
ungsgefft erwachte uud stürzte den Leichtgläubigen in wahn-
sinnige Geschäste. Das Ende vom Li-ed war die heuftge An-
klag«. Der Angeklagte wurde daraufhin zu einer Zuchthaus-
strafe bon 6 Jahren, 1200 Mark Geldstrafe, die im Falle der
Uneinbringlichkeit in eine Strafe von weiteren 80 Tagen
Zuchthaus umgewandelt werden, und 6 Jahren Ehrverlust
verurteilt. 6 Monate der Unterfuchungshaft werden ange-
rechnet. Die Urteilsgründe heben einerseits die erheblichen
Wcrte, um die es sich handelt und die zielbewutzte Energie
des Vorgehens des Angeklagtcn hervor, an-dererseits die seit-
herige Unbestraftheit, die bci Begehung der Tat zu Tage
getretene sittliche Schtimche und datz der 'schadcn zum erheb-
lichen Teil wieder gut gemacht sei. Schluh der Sihung 11 Uhr
aben-ds.
4 Karlsruhe, 21. Jan. (Strafkam m e r.) Der Wärter
Güstav Maher aus Hausbach wurdc von der iL-trafkammer wc-
gcn Vergehens gegcn 8 347 R.--St.-G.-B. zu einem Jahr Ge-
iängnis abzüglich 1 Monat Untersuchungsliaft verurteilt. -
Jm hiesigen Krankenhause kvar s. Zt. der wcgen Betrngs zu
emer Zuchthausstrafe verurteilte Lndwig Wüst aus Spcyer
krankheitsha-Iber untergebracht, von Ivo- er flüchtete. Mayer
ljat die Flucht begünstigt.
O Karlsrühc, 22. Jan. (Z u m Präsident e n dcs
Vadisch « n L a n- d c s - F e u e r w c h r v e r c i n s) -wurde
Koinnierzrenrat Bally - Säckingen geivählt.
Baden-Baden, 22. Jan. (V e r m ä ch t n i s.) Der kürzlich
in Berlin verftorbene Grotzh. Landrat Stroh, Schöpfer und
^ Eigenftimer der am Cäcilieüberg reizend gelegenen Villa, von
- kvelcher man einen herrlichen Rundblick über unser Gebirg und
Ausblick in die drei Täler (Oos-, Beucrner- und Gervlds-
auer Tal) genietzt, hat durch lehtwillige Verfügung der hie-
sigen Stadtgemeinde ein Vermächtnis von 100 000 Mk. in
3proz. prcutzischen Konsols zugewendet mit der Besftmmung,
daß alljährlich am Tödestage des Sftsters das Zinsenerträg-
ms zu Bcihilfen in Bcträgen von 60 bis 300 Mk. an 'bedürs-
ftgc und orden-tliche Leutch welche keine Arinenu-nterstützung er-
hcilten, verwendet wird.
Kirchdorf, 21. Hqn. (ll n t c r s ch l a g u n g.) Der seir
einiger Zcit von hier verschivundene Altbürgcrmeister Stebin-
ger, über Ivelchen der Konkurs vcrhängt worden ist, hat nach
den bisherigcn Feststcllungen vom hiesigen Armenfonds 1000
Mark unterschlagen, sowie von einer Frau aus Villingcn >:iil
Kapital von 6000 Mark gegcn „gute Verzinsung" übernommeu.
Wie man hört, soll der Gerichtsbehörde der Aufenthalt des Ste-
„Willst Du nicht wenigstens Klara mitnehmen? Die
kermt stch hier gut aus —"
„No, no — heut nicht mit feinen Damens, mutz mal ein
brschen allein sein."
„Gut — wie Du willst."
Frau Cilly sragte, als ihr Gast gegangcn war, näch
Klara.
Das junge Fräulein sei in die Staidt gefahren zur Schnei-
derin, berichtetc Sophie.
Richtig, sie wußte darnm, sie hatte es nur vergessen. Tas
neue Gesellschaftskleid für Klara wurde bei der ersten Modfftin,
tvelche auch für Donna Mercedes arbeitete, angeferttgt und
Klara war für heute zur Anprobe bestellt worden.
Frau Cilly Armstrong fühtte fich einsanr und bekloanmen.
Wv waren die Kinder? Die wilde Range machte sich seit dem
Kunch gar nicht mehr bemerWar.
Sie stieg die Treppe zum Mansavdenzinvmer hinauf. Als
sie aus die Schwelle trat, blieb -sie betrofsen stehen.
Auf dem Teppich am Boden lag Ruth, den Bruder fest
mit ihren Armen unffchlungen hältend, in tiefenr Schlaf. Die
wirren, schon wieder arg zerzausten Locken fielen in -die
bräunliche Sttrn, der rösige ffff-che Mund war halb geöfftret,
die kräfttgen Glieder zu einem Knäuel zufammengerollt.
Meiin Gotft wie regellos war das Kind gewöhnt! Warum
legte es sich nicht ins Bett, wcnn es inüde wor?
Sie stand eine Weile wie gcbannt, nicht im Stande, diesen
sützen Schlumnier zu storen. Sie sann darüber nach, ob fie
die Kleine nicht in eine bequemere Lage bringen könne; ihrem
verwvhnten Gesnhl tat dcr Anblick dieses hartcn Lazers weh.
Nlber es ging nicht, ohne sie zu wcckcn, und diese in un-
glaüblichen Verhältnissen Aufgewachsenen empfanden natürlich
anders als sie.
Alfred tvar äußerst zurückhaltend gäwcstn in Rttteilungen
über seine dorttge Lckbenstveffe.
Jetzt umspieltt den Mund der Schläferin ei» Lachen.
„Hmnphrey! Old Humphrey!" rief sie und fuhr empor.
Ein wirrer Ausldruck tzon Frsud« lag aiff ihrem Äesicht, als
s« jetzt bie Augen öffnkts.
Abcr da stand die Frcmbe. vor ihr uitd bcugte sich über sie,
und Ruth schlotz ihre Augen wieder und sank in die vorige Stel-
lung zurück.
jKind, komm, !atz Dich ausziehen uird ins Bctt legen, kannst
dann schlascn bis zum T-incr. Wer ist denn Humphrcy, den Du
cben riesst?"
Johnny richtctc. sich jetzt auch auf, und Ruth wurbe gauz
wach. Wic ein emporschnellender Gummiball sprang sic auf
ihre Fütze.
„Whats the matter?" sragte sie verstört.
^Du sollst mir von Huinphrcy erzählen", sagte die Tante
scherzend.
Ruth recktt die clastischen Glieder.
„Er tvar eben da mit seiiun Schafcn", sagte sie stumpf,
„unü Phylax war bei ihm und die Betz."
Tann schüttelte fie in ihrer geivohnten Belvegung traurig
und refigniert den Kopf und ordnetc mit cnevgischem Griss ihre
Höschen, die sich Verschvben hattcn.
Mitleidig sah Frau Cilly auf das ihr ini Grunde des Her-
zcns so unsyurpathische Kind. -Würde es ihr gelingen, den Wild-
ling zu zähmen, diese ihr fvcniüe Natur zu verstehen?
Jvhnny schiniegt« sich an sie, und sic nahm ihn mit sich hin-
unter, Ruth blieb steif und siörrisch am Fenster stehen, es war
mit ihr nichts anzusangen.
Klara Hormann war sehr froh über den Zufall, der ihr heute
Gelegenheit gab, der beklonnnenen Atmösphäre im Hause zu
cnffliehen. Sic war in die Brüderstratze gefahren zur Mo-
distin.
Sie pflegtr fich stcts elncn Fiakcr zn nehnien, ivenn sie Be-
svrgungen oder Besuche zu mqchen hatte; die Tartte ftattcte sie
mit reichlichem Taschen-geld aus, und seit sic hier war, sand sie
cs fucchtbar plebejisch, in der clektrischen Bahn zu sitzen. «ie
schwelgte, seit dieser Wandel ihrer Berhältmffe sich vollzogen
hatte, in dem kostlichen Geftihl, mckst niehr so armselig knau-
sern zu müffen.
Von jeher hotte sie ein Heer von unerfüllbaren Wünschen
üeherüergt, sie iaugt« nicht in ldie euge Sphäre, in der sie aus-
Wuchs. Nic hatte sie cs ihrcn Freundiniicn glcichtun können,
sich immer ducken, sich alles versagcn müffen, und dabei oft
hiitter drm Rückcn des altcn Grohvatcrs, der sie nicht, und den
i binger bekannt sein und oürsten zutrefsendenfalls die notigen:
- Schritte zur Bestrafung des Ungetreuen eingeleitet lverden.
ft Brcisach, 22. Jan. (D i e b ö sw i l l i g e M a g d.) Jn
Jhringcn machte vor einiger Zeit der Handelsmann Meier Bloch
die Entdeckung, datz ihm seine Magd Luise Stutz aus Obere-lsatz
i 3 Ohm Wein, teils gestohlen, teils laufen gelassen hatte. Die
! Miffctätcrin wurde verhastet. Das Motiv zu dicser Tat ist
nvch unaufgeklärt.
Heidrjberster VerelnsaNKelegenhoiteR-
-i- Der Militärverein Heidelberg hielt am Samsftig, ven
21. dieses Monats in dem gut bcs-etztcn Vereinslokale zum
i „Faulen Pelz" die Belfortfeier ab. Der 1. Vorstand,
! Kamerad- -Oberleutnant der Reserve Dr. Bauer eröffnete den
Aben-d mit einer Begrützung der Anwesenden, unter denen sich
auch mehrere Offiziere des hiesigen Bataillons -befanden. Er
gedachte so-dann der Bedeutung des Tages von Belfort unv
schlotz mit einem Hoch auf die schr zahlreich anwesenden
Belsorttämpfer. Kamerad Zaise dankte tm Namen der-
^ selben und brachte etn Hoch aus den 1. Vorstan-d aus. Hierauf
hielt der Kam-erad Fritz Reutter einen anschaulicken und
intereffanten Vottrag über seine Erlebniffe in den Reihen.der
-Burcn und seine Kriegsgefan-genschaft in dem Feldzug gegen
England. An den Dank des Vorstandes schlotz sich ein gernüt-
liches Zusam-mensein bei Musik und Gesängen, bei dem nock die
Kameradcn Müller uNd Hermann sprachen.
X Bcrcin Nencnheim. Die auf Samstag Abend halb 6 llhr
an-beraunite Hauptveffammlung des Vereins Neuenheiin im
„Schiff" daselbst war gut besucht. Der 1. Vorsitzende, Hecr
I. T. Schlveikert, begrützte die Mitglieder und dankte gleick-
zeitig den Vertretcrn der Vereine Alt-Heidelbcrg, Wcst-Heideff
berg und HandschuhSheim für ihr Erscheincn. Auck im- ver-
flossenen Jahre hat der Vcrein den Verlust zweier Mitglieder
durch deu Tod zu bcklagen urid der Vorstand bittet, das Anden-
kcn an die verstorbenen Herrcn Ernst Pfeiffer und Caspar
Sauter durch Erhcben von den Sitzen zu chren. — Jn dom da-
raus erstatteten Jahresbericht weist der Vorstand darauf hin,--
datz als Hauptereignis des verfloffenen Jahre-s die Ferftgstel- -
lung und Jnbetriebnahme der elcktrischen Strahenbahn Heidei- >
Lerg—-Nduenhcim—Handschuhsheim anzusehen ist, aus welchenr
Anlah ain 30. April 160-1 i-m Gasthaus „zur Rose" ein Barckett
abgehalten wurde. Nuch der Erricktung eines eigenen Postamtes
im Äadtteil Reuenheim ist der Berein im lehten Jahre bedcu-
tend nähcr gckommcn. Der 1. Vorsitzcnde verliest die voin
Ltadtrat und der Heidelsverger .Handelskannncr auf's wärmste
empfohlene Eingabe an die Kaiserl. Oberpostdirektion Karls-
ruhe. Aus Vcreinsmitteln wurden noch. im- verflossenen Jahrs
bei dcr Neckarüberfähtt Keppler- und Thibantstraße eine Bank
ausgestellt. Ferner sind Wegivciser an der Albett Ucberlestratz'',
Philosopheittveg, Alter Waldweg und Schweizettveg voin Verein
«ngebracht -lvorden. Auch sei an dieser Stelle ganz besonders
auf dcn vom Verein ein-gerichteten und in den Tageszeitungen
regelmätzig erscheinenden WohnungSnachweis hingewiesen, we>
cher von deu Mitgliederu mit Erfolg lebhaft benützt -wird.
Die Rechnungsprüfcr Herren Fr. Ueberle und I. Bollherdä
bcrichteft'n übcr das sehr gut Vcrlvaltete Vereinsvermögen und
cs wurde dem Rcchner, Hcrrn G. Schrocder, Entlast.ung etteilt-
Auch Herrn Direkto-r R. Beinhauer wurde der Dank deS Ver -
cins sür die Bedienung des Wctterhäuschcus ausgesprocheu.-.
Unftr Verschiedenem wurde noch beschlossen, dem Komitee zur
Errichtung des Weitzenstcin-Tunnes einen weiftren Geldbetrag
zu übermitteln. Hcrr Metzgermeister Koch sprach noch über."
ein Projctt betr. Verbreiftrung der Neuenheimrr Landstrahc
und Durchfiihrung.der elettrischen Stratzenbahn bis Ziegelhau-
sen. — Herr Sta-dtrat Scndcle äutzerte sich jedoch dahin, datz
eine Verbreiterung der Reuenheimer Landstratze in Anbetrackt'
der sinanziellen Lage der Stadt vorläusig wohl nicht gnt aus
führbar sei, da der Stadi speziell durch die Forfführung dcr
Bergbahn von der Molkenkur bis zum Königstuhl cine Ausgabe
von annähernd 300 000 Mari erwachsen würde. Nuch mützft
jedenfalls in absehbarcr Zcit die Stratzcnbahn auf dem linftn
Neckarufer bis Schlierbach Iveiftrgefiihtt wevden un-d käme für
die -Bewohner von Ziegelhauscn die Bahn aus der linken Seift'
des Neckars Iveit eher in Betracht, üa dieselben doch üedeuftnd
srüber in der Altstadt wären, als Ivenn sie auf dem rechten
Neckarufer bis zur neuen, resp. älten Brücke fahren mützteu.
Ferner wurde angeregt, öb -denn nicht am rechftn Neckarustr
(Neckarvorlaiid) der sogenannft Leinpfad zu einem schünen
Spazierwege cvbreitert werden könnc, -da doch die Neuen-Heimer
Lmrdstrahe. Von Fuhrwcrk schon ziemlich be-lastct und ein Spa-
ziergang von der ältcn zur neuen Brücke bei ftarkcm Verkehr
oft sogar lebensgefährlich ist. Dieser Vorschlag ist natürlich mit
grotzer Freude zu begrützen und -wird hofseittlich voni Stadtrat
ans diese Frnge wciter an-geschnitten werden. — An diese in-
ftressanten Aussprachen schloh sich zum Schlutz noch bft Keu-
resp. Wiederwahl der auSscheidenden VorstandSmitglieder «m.
Wiedergewählt tvurden die Herren:' Joh. Divpel, Joh. Heitz.
A. Joerger, P. Konold, G. Schroeder; neugewählt wurden: Herr
Oberle-Hrer G. Herrigel und Herr Direktor R. Beinhaner.
Kleine Zeitung.
— Hochschulnachrichten. Jm chemischen Jnsfftut zu Bonr
ist an Stelle des ausgeschiedenen Dr. Gronauer der Privot-
sie nicht lftbte, allerlei ausgeführt, was seinc Billigung nie ge-
fundcn hätte. Jn mancher Beziehung hatte fie vftl Freihett
im Hause des alftn Mannes. Sie war die Tochftr ihreS Va-
ters, manche Züge scines Wcsens waren auf sie vererbr; wo ih«
Grohvater Las crkaiuift, eifcrte er mit gehäsfigcr Dtrenge da-
gegcn.
Jetzt lvar dieser Vater, den der Grotzvaftr so gehatzt harte.
hicr, sie hatte ihn gesehen.
Jhve Gesühle waren noch sehr verworren und ungekläri
-Seit einem Jahre lebtc sie nun bci der Tante, aus der kftinen
Stadt und der trüben Enge in die Grotzsta-dt und in «in üppi-
gcs Haus verseht. Sie nahm noch Fortbildungsstunden, vor-
nehm-lich in Sprachen: der Unftrricht, den sie bisher genosscn,
lvar ungcnügend gewcsen, sie fühlft selbst, wie viel ihr fehlte
hier in diesen Kreisen, und stachelft sich zu gröherein Kifer,
niachte auch Fortschritte.
Die Sttinden brachten sie in Beziehungen zu Alterögenoi
sinnen aus angesehenen, reichcn Familien, denen sie sich nun
ebenbürtig fühlen konnft.
Seit eincm Monat trug sie Halbtrauer, der nächste Wtnteii
stellft ihr cin Leben nach ihrem- Sinne in Ausficht. Als der
Plan der Tanft, den unbekanitten Vaftr, dcr drüben eine stveiie
Frau un-d Kinder aus zweiftr Ehc besatz, in dic Heimat zu-
rückgerufen, ihr mitgeftilt wurde, war si« mehr erschrocken ais
erfreut. Sie war indes in dcm gedrückftn Leben srüher dahrn
gcschult worden, ihre Gefühle uicht gleich zu verraftn. Was jft
sich da an kftinen Freuden eroberte, mußte sie durch Geichmei-
digfttt gegen anbcrc erreichen. Jhre ftbhaft geäuhette Freude
über jedes kleine Geschenk hatte ihr meist einc Wiederholung
dessclbcn eingetragen, und Ivo fie einflutzrcichen Menschen zn
Munde redeft, belohnte «s sich durch Lrfüllung irgendwelchcr
ihrer Wünsch«'.
Was brachft ihr nun dieser fremde Vaftr? Hatft die
Stimme des Bluts gesprochcn dci scincm Anblick?
Sie sragte sich das gar nicht, aber dft unklarc Angst, ivelche
sie dftse letzten Tage bcherrscht hatft, war von ihr gewichcn-
Die in ihrer Vorstellung schreckliche zweift Frau war nichl mit-
gekommen, nnd er machte ja gottlob cinen anständigen Ei>>
druck.
(Fortsetzung folgl.)
drei Senlinarien abgehen.
AuslaNd.
Türkei.
K o n st a n t i n o p e l, 21. Jan. Koilsulatmeldungen
bezeichnen die Lage in Aemen als ä u ß e r st k r i t i s ch.
Außer der Hauptstadt Sana ist auch- der Hasenort Ho-
deida von den Aufftändigen völlig zernisrt. Dis in dem
Hafen eingetroffenen HilfstruPPsn verweigern den Dienst
angedlich wegen rückständigen -lSotdes. Die iOfffziere
sind den Nkeuternden gegenüber vollständig machtlos.
Amcrika.
S a n k t D o in i n g o, 22. Jan. Die Regierung und
der Gesandte der Vereinigten Staaten unter-
zeichneten ein Protokoll, in welchem die Wereinigten Staa-
ten die Unversehrt h e i t des Gebietes von
Sankt Domingo garantieren, und die V-erantwor-
tung übeimehm-en, die inrrere und üußere Schuld der Re-
publik zu ordnen. Sie werden die Bedingu-ngen der Be-
zahlung festsetzen, nnrechtniäßig-e Ansprüche zurückwei-sen,
irber die Rechtsgülffgkeit und den Betrag- der schwebsn-den
Forderungen entscheiden und die Zollverwaltung nber-
nchmen. Die Beamten derselben sind äber den Gesetzen
von Sankt Domin-go unterworfen. Die Vereinigten Staa-
ten werden ferner für notwendige Ausgaben 46 Prozent
von den- Zolleinnähmen der Rygiernng von- Sankt Do-
mingo zustellen, die Beamten der Zoll- und Steuerver-
waltung, und die Zinsen der äußeren und inneren Schuld
bezahlen. Der ganze Ueberschuß verbleibt bis ziliii Fah?
resende in der Staatskasse nnd wird von der Regiernng
von Sankt Domiilgo zur Bezahlung der Schulden ver-
wandt wrrden.
lI-,npl,>,'.rE 91» jtzjjj z'k!j lI-u,pl,tr-.E so
Aus Stadt uud Land.
— Bortrag in der Loge Wchrkraft. Der von dcr Gut-
remplerlogc Wehrkraft hier vorgestern Nachmittag im Hol-
länder Hof veranstaltete Vortrag über „Erfahrun-gen in der
Trinkerrettung d-urch Heikstätten-Vereine" Irxir gut Lesucht.
Der Redner, Herr Menger, warf zunächst einen Rückblick
auf die Geschichte der Heilung Trunksüchtigcr. An dcr Hand
rcicher Erfahrungen, die er sich als Leiter eines kleinen Ab-
stinenzsanatoriums urtd Führer der Guttempler erworhen hat,
schildertc er das Bild 'des Trinkers un-d bew-ies daran, daß
die Trunksucht kein Laster, sondern eine Krankheit rst, die in
80 Prozent aller Fälle geheilt werden kann. Die Heilung der
l-eichteven Fälle besorgen Vereine, besonders der Guttempler-
orden und das blaue Kreuz; die schwereren Fälle bedürfen dcr
Anstaltspslege. Für die unheilbaren Trinker sollten Asyle ge-
schaffen werden; da es an solchen Anstalten vollkommen
mangelt, sollten inzwffchen- die Jrrenanstalten mit grötzeren
Kompetenzen versehen werderr. Bei der Arbeit in den eigenti
lichen Heilanstalten kom-mt es aus eine sorgsame Auswahl des
Heilmaterials an. Die Aufgabe der Anstalt sei eine doppelte:
eine ärztlich-mcdizinische und eine -pädagogische. Von unschätz-
barem- Werte seien für die Geretteten die Abstinenzvereine,
nicht nur fur diese selbst, sonidern für ihre Familien. Nur
durch diese Vereine werde der Erfolg der Anstaltspflege ein
vollkommener. Ehrlos sei der, der einen gevetteten Trinker
durch Spott oder Zuspruch zum Wiedertrinken veranlasse,
denn das erste Glas sei der Untergang. Unendlich groh sei
die Zahl der Opfer des Bechers; Dr. Gancz schätze fte im
Großherzogtum Baden auf über 6000. Es sei daher notig,
datz sich die weitcsten Kreise für d-iese Kranken, fowff ffir die
Not un-d das Elend, das aus deren Krankheü > r,..-,
Leblt Rittel ^ Lr RettuL
empftehlt Re ^ ^ Eintritt moglichst vieler, die die Gefcchr
Des Alkoholismus erkennen, in die Absftnenzvereine. Das
pcrsönliche Beispiel wirke am bestcn. — Jn -der Diskussion dankte
Fvau Dr. Jaffe für diesen belehrenden Vortrag; auch sie
sehe ein, datz -bei der Aribcit der Rettung Alkoholkranker, die
Totalabsftnenz der ffchftge Weg sei. Datz die Rot, die der
Alkoholismus erzeugt, grotz sei, eükenne sie an den zahlrcichen
Hilferufen von Frauen, die bei der Rechtsschutzstelle für Frauen
und Mädchen hier sich Rat holen. Sie freue sich, hier in Hei-
delberg eine Guttemplerloge bei der Arbeit zu sehen un-d
wünsche thr dazu alles Gute.
8 Wieblingen, 23. Jan. (W e i h n a ch t s f e i e r.) Am
Samstag Abend hielt die hiesige Freiwillige Feuer-
w c-h r ihre Weihnachtsfeicr im Gasthause „zur Nose" ab. Der
l. Kommandant, Landlmrt Peter B ö h ni, begrützte die Er-
schienenen und wünschte, dah sich dieselben niit dem reichlich
Gebotenen recht amüsicren mögen. Nach dem Theaterstück
„Ilnsere Feuerwehr" trugen ztvei Fräuletn, ?lnna Rostart von
hier und Kätchen Zipf auS Hcidelberg, das Tirolerlied „Schaut
der Jäger in das Tal" vecht brav vor und ernteten reichlichen
Beisall. Das von den Herren W. Trieffch und Franz Schwarz
vorgetragene konftsche Terzett „Brand und Oualm" wurdc
reichlich durch dcn Bcifall der Zuhörvr belohnt. Den Schlutz
des theatralischen Teiles bildete ein Gesangsvortrag „Die
Bumsdorfer Feuerwehr!" Die Regie des theatralischen Tcils
lag in den Handen des Steigerhauptmanns W. Trietsch und
wurde cxakt ausgeführt. Die sich arffchliehende Christbaumfeier
und Tanzunterhaltung, gewürzt mit komischen Barträgen des
Kameraden B. Retzbach nahm den schün-sten Verlauf und hielt
die Teilnehmer bis zum frühen Morgen beisammen. Den mu-
sikalischen- Teil stellte dcr hiesige Musikvcrein un-d -lüste seine
Aufgabe zur vollsten Zufriedenheit der Teilnehmer. .Mche
und Kcller des RoseMvirts I. Maas ivaren gut bestellt und
wurden allgemein gelobt. Die Krciwillige Feuerwchr spricht
aus diesem Wege einer älteren Dame für ihre tatkrästige llnter-
ftützung den bcsten Dank aus.
ll Weinheim, 22. Jan. (P e t r o le u m b o h r u n g e n.)
Wie schon berichtet, fanden in den letzten Wochen in den Orten
Hemsbach und Laudenbach des hiesigeu Amtsbczirks Bohrungen
nach Petroleum statt. Der „Weinheimer Anzeiger" weitz nun
zu berichten, dah aus der Gcmarkung Laudenbach in unmittel-
barer Nähe. der badffch-hessischen Grenze an der Landstrahe
eiliem Bohrloch ein riestger Wafferstrahl entstiegen ist, wodurch
dic Landstrahe übcrflutet und das tiefer gelegene Geländc teil-
lveise übcrflutet worden- sei. Aber weder Petroleum, noch auch
Mineralwaffer, n-ur ganz gewöhnliches Waffer entströmte der
Eröffuung un-d zwar mft solchem Druck, dätz die Verstopfung
aus grohe Schwstrigkeiten gestoßen ist.
Mannheim, 2l. Jan. (S ch w u rge r i ch t.) Ter 31
Jahre alte Kausmanu Friedrich Hautzmann aus Frankenthal,
erschien heute untcr der Anklage dcs Betrugs, der Fälschung
einer öffentlichen Urkunde und des betrügerischen Bankcrotts
vor den Geschworenen. Der Angeklagte erbte etwa 62 000
Mark und diese Erbschast wurde ihm zum Verhängnis. Sein
von einer starken Dosis Größenwähn getränkter Unternehm-
ungsgefft erwachte uud stürzte den Leichtgläubigen in wahn-
sinnige Geschäste. Das Ende vom Li-ed war die heuftge An-
klag«. Der Angeklagte wurde daraufhin zu einer Zuchthaus-
strafe bon 6 Jahren, 1200 Mark Geldstrafe, die im Falle der
Uneinbringlichkeit in eine Strafe von weiteren 80 Tagen
Zuchthaus umgewandelt werden, und 6 Jahren Ehrverlust
verurteilt. 6 Monate der Unterfuchungshaft werden ange-
rechnet. Die Urteilsgründe heben einerseits die erheblichen
Wcrte, um die es sich handelt und die zielbewutzte Energie
des Vorgehens des Angeklagtcn hervor, an-dererseits die seit-
herige Unbestraftheit, die bci Begehung der Tat zu Tage
getretene sittliche Schtimche und datz der 'schadcn zum erheb-
lichen Teil wieder gut gemacht sei. Schluh der Sihung 11 Uhr
aben-ds.
4 Karlsruhe, 21. Jan. (Strafkam m e r.) Der Wärter
Güstav Maher aus Hausbach wurdc von der iL-trafkammer wc-
gcn Vergehens gegcn 8 347 R.--St.-G.-B. zu einem Jahr Ge-
iängnis abzüglich 1 Monat Untersuchungsliaft verurteilt. -
Jm hiesigen Krankenhause kvar s. Zt. der wcgen Betrngs zu
emer Zuchthausstrafe verurteilte Lndwig Wüst aus Spcyer
krankheitsha-Iber untergebracht, von Ivo- er flüchtete. Mayer
ljat die Flucht begünstigt.
O Karlsrühc, 22. Jan. (Z u m Präsident e n dcs
Vadisch « n L a n- d c s - F e u e r w c h r v e r c i n s) -wurde
Koinnierzrenrat Bally - Säckingen geivählt.
Baden-Baden, 22. Jan. (V e r m ä ch t n i s.) Der kürzlich
in Berlin verftorbene Grotzh. Landrat Stroh, Schöpfer und
^ Eigenftimer der am Cäcilieüberg reizend gelegenen Villa, von
- kvelcher man einen herrlichen Rundblick über unser Gebirg und
Ausblick in die drei Täler (Oos-, Beucrner- und Gervlds-
auer Tal) genietzt, hat durch lehtwillige Verfügung der hie-
sigen Stadtgemeinde ein Vermächtnis von 100 000 Mk. in
3proz. prcutzischen Konsols zugewendet mit der Besftmmung,
daß alljährlich am Tödestage des Sftsters das Zinsenerträg-
ms zu Bcihilfen in Bcträgen von 60 bis 300 Mk. an 'bedürs-
ftgc und orden-tliche Leutch welche keine Arinenu-nterstützung er-
hcilten, verwendet wird.
Kirchdorf, 21. Hqn. (ll n t c r s ch l a g u n g.) Der seir
einiger Zcit von hier verschivundene Altbürgcrmeister Stebin-
ger, über Ivelchen der Konkurs vcrhängt worden ist, hat nach
den bisherigcn Feststcllungen vom hiesigen Armenfonds 1000
Mark unterschlagen, sowie von einer Frau aus Villingcn >:iil
Kapital von 6000 Mark gegcn „gute Verzinsung" übernommeu.
Wie man hört, soll der Gerichtsbehörde der Aufenthalt des Ste-
„Willst Du nicht wenigstens Klara mitnehmen? Die
kermt stch hier gut aus —"
„No, no — heut nicht mit feinen Damens, mutz mal ein
brschen allein sein."
„Gut — wie Du willst."
Frau Cilly sragte, als ihr Gast gegangcn war, näch
Klara.
Das junge Fräulein sei in die Staidt gefahren zur Schnei-
derin, berichtetc Sophie.
Richtig, sie wußte darnm, sie hatte es nur vergessen. Tas
neue Gesellschaftskleid für Klara wurde bei der ersten Modfftin,
tvelche auch für Donna Mercedes arbeitete, angeferttgt und
Klara war für heute zur Anprobe bestellt worden.
Frau Cilly Armstrong fühtte fich einsanr und bekloanmen.
Wv waren die Kinder? Die wilde Range machte sich seit dem
Kunch gar nicht mehr bemerWar.
Sie stieg die Treppe zum Mansavdenzinvmer hinauf. Als
sie aus die Schwelle trat, blieb -sie betrofsen stehen.
Auf dem Teppich am Boden lag Ruth, den Bruder fest
mit ihren Armen unffchlungen hältend, in tiefenr Schlaf. Die
wirren, schon wieder arg zerzausten Locken fielen in -die
bräunliche Sttrn, der rösige ffff-che Mund war halb geöfftret,
die kräfttgen Glieder zu einem Knäuel zufammengerollt.
Meiin Gotft wie regellos war das Kind gewöhnt! Warum
legte es sich nicht ins Bett, wcnn es inüde wor?
Sie stand eine Weile wie gcbannt, nicht im Stande, diesen
sützen Schlumnier zu storen. Sie sann darüber nach, ob fie
die Kleine nicht in eine bequemere Lage bringen könne; ihrem
verwvhnten Gesnhl tat dcr Anblick dieses hartcn Lazers weh.
Nlber es ging nicht, ohne sie zu wcckcn, und diese in un-
glaüblichen Verhältnissen Aufgewachsenen empfanden natürlich
anders als sie.
Alfred tvar äußerst zurückhaltend gäwcstn in Rttteilungen
über seine dorttge Lckbenstveffe.
Jetzt umspieltt den Mund der Schläferin ei» Lachen.
„Hmnphrey! Old Humphrey!" rief sie und fuhr empor.
Ein wirrer Ausldruck tzon Frsud« lag aiff ihrem Äesicht, als
s« jetzt bie Augen öffnkts.
Abcr da stand die Frcmbe. vor ihr uitd bcugte sich über sie,
und Ruth schlotz ihre Augen wieder und sank in die vorige Stel-
lung zurück.
jKind, komm, !atz Dich ausziehen uird ins Bctt legen, kannst
dann schlascn bis zum T-incr. Wer ist denn Humphrcy, den Du
cben riesst?"
Johnny richtctc. sich jetzt auch auf, und Ruth wurbe gauz
wach. Wic ein emporschnellender Gummiball sprang sic auf
ihre Fütze.
„Whats the matter?" sragte sie verstört.
^Du sollst mir von Huinphrcy erzählen", sagte die Tante
scherzend.
Ruth recktt die clastischen Glieder.
„Er tvar eben da mit seiiun Schafcn", sagte sie stumpf,
„unü Phylax war bei ihm und die Betz."
Tann schüttelte fie in ihrer geivohnten Belvegung traurig
und refigniert den Kopf und ordnetc mit cnevgischem Griss ihre
Höschen, die sich Verschvben hattcn.
Mitleidig sah Frau Cilly auf das ihr ini Grunde des Her-
zcns so unsyurpathische Kind. -Würde es ihr gelingen, den Wild-
ling zu zähmen, diese ihr fvcniüe Natur zu verstehen?
Jvhnny schiniegt« sich an sie, und sic nahm ihn mit sich hin-
unter, Ruth blieb steif und siörrisch am Fenster stehen, es war
mit ihr nichts anzusangen.
Klara Hormann war sehr froh über den Zufall, der ihr heute
Gelegenheit gab, der beklonnnenen Atmösphäre im Hause zu
cnffliehen. Sic war in die Brüderstratze gefahren zur Mo-
distin.
Sie pflegtr fich stcts elncn Fiakcr zn nehnien, ivenn sie Be-
svrgungen oder Besuche zu mqchen hatte; die Tartte ftattcte sie
mit reichlichem Taschen-geld aus, und seit sic hier war, sand sie
cs fucchtbar plebejisch, in der clektrischen Bahn zu sitzen. «ie
schwelgte, seit dieser Wandel ihrer Berhältmffe sich vollzogen
hatte, in dem kostlichen Geftihl, mckst niehr so armselig knau-
sern zu müffen.
Von jeher hotte sie ein Heer von unerfüllbaren Wünschen
üeherüergt, sie iaugt« nicht in ldie euge Sphäre, in der sie aus-
Wuchs. Nic hatte sie cs ihrcn Freundiniicn glcichtun können,
sich immer ducken, sich alles versagcn müffen, und dabei oft
hiitter drm Rückcn des altcn Grohvatcrs, der sie nicht, und den
i binger bekannt sein und oürsten zutrefsendenfalls die notigen:
- Schritte zur Bestrafung des Ungetreuen eingeleitet lverden.
ft Brcisach, 22. Jan. (D i e b ö sw i l l i g e M a g d.) Jn
Jhringcn machte vor einiger Zeit der Handelsmann Meier Bloch
die Entdeckung, datz ihm seine Magd Luise Stutz aus Obere-lsatz
i 3 Ohm Wein, teils gestohlen, teils laufen gelassen hatte. Die
! Miffctätcrin wurde verhastet. Das Motiv zu dicser Tat ist
nvch unaufgeklärt.
Heidrjberster VerelnsaNKelegenhoiteR-
-i- Der Militärverein Heidelberg hielt am Samsftig, ven
21. dieses Monats in dem gut bcs-etztcn Vereinslokale zum
i „Faulen Pelz" die Belfortfeier ab. Der 1. Vorstand,
! Kamerad- -Oberleutnant der Reserve Dr. Bauer eröffnete den
Aben-d mit einer Begrützung der Anwesenden, unter denen sich
auch mehrere Offiziere des hiesigen Bataillons -befanden. Er
gedachte so-dann der Bedeutung des Tages von Belfort unv
schlotz mit einem Hoch auf die schr zahlreich anwesenden
Belsorttämpfer. Kamerad Zaise dankte tm Namen der-
^ selben und brachte etn Hoch aus den 1. Vorstan-d aus. Hierauf
hielt der Kam-erad Fritz Reutter einen anschaulicken und
intereffanten Vottrag über seine Erlebniffe in den Reihen.der
-Burcn und seine Kriegsgefan-genschaft in dem Feldzug gegen
England. An den Dank des Vorstandes schlotz sich ein gernüt-
liches Zusam-mensein bei Musik und Gesängen, bei dem nock die
Kameradcn Müller uNd Hermann sprachen.
X Bcrcin Nencnheim. Die auf Samstag Abend halb 6 llhr
an-beraunite Hauptveffammlung des Vereins Neuenheiin im
„Schiff" daselbst war gut besucht. Der 1. Vorsitzende, Hecr
I. T. Schlveikert, begrützte die Mitglieder und dankte gleick-
zeitig den Vertretcrn der Vereine Alt-Heidelbcrg, Wcst-Heideff
berg und HandschuhSheim für ihr Erscheincn. Auck im- ver-
flossenen Jahre hat der Vcrein den Verlust zweier Mitglieder
durch deu Tod zu bcklagen urid der Vorstand bittet, das Anden-
kcn an die verstorbenen Herrcn Ernst Pfeiffer und Caspar
Sauter durch Erhcben von den Sitzen zu chren. — Jn dom da-
raus erstatteten Jahresbericht weist der Vorstand darauf hin,--
datz als Hauptereignis des verfloffenen Jahre-s die Ferftgstel- -
lung und Jnbetriebnahme der elcktrischen Strahenbahn Heidei- >
Lerg—-Nduenhcim—Handschuhsheim anzusehen ist, aus welchenr
Anlah ain 30. April 160-1 i-m Gasthaus „zur Rose" ein Barckett
abgehalten wurde. Nuch der Erricktung eines eigenen Postamtes
im Äadtteil Reuenheim ist der Berein im lehten Jahre bedcu-
tend nähcr gckommcn. Der 1. Vorsitzcnde verliest die voin
Ltadtrat und der Heidelsverger .Handelskannncr auf's wärmste
empfohlene Eingabe an die Kaiserl. Oberpostdirektion Karls-
ruhe. Aus Vcreinsmitteln wurden noch. im- verflossenen Jahrs
bei dcr Neckarüberfähtt Keppler- und Thibantstraße eine Bank
ausgestellt. Ferner sind Wegivciser an der Albett Ucberlestratz'',
Philosopheittveg, Alter Waldweg und Schweizettveg voin Verein
«ngebracht -lvorden. Auch sei an dieser Stelle ganz besonders
auf dcn vom Verein ein-gerichteten und in den Tageszeitungen
regelmätzig erscheinenden WohnungSnachweis hingewiesen, we>
cher von deu Mitgliederu mit Erfolg lebhaft benützt -wird.
Die Rechnungsprüfcr Herren Fr. Ueberle und I. Bollherdä
bcrichteft'n übcr das sehr gut Vcrlvaltete Vereinsvermögen und
cs wurde dem Rcchner, Hcrrn G. Schrocder, Entlast.ung etteilt-
Auch Herrn Direkto-r R. Beinhauer wurde der Dank deS Ver -
cins sür die Bedienung des Wctterhäuschcus ausgesprocheu.-.
Unftr Verschiedenem wurde noch beschlossen, dem Komitee zur
Errichtung des Weitzenstcin-Tunnes einen weiftren Geldbetrag
zu übermitteln. Hcrr Metzgermeister Koch sprach noch über."
ein Projctt betr. Verbreiftrung der Neuenheimrr Landstrahc
und Durchfiihrung.der elettrischen Stratzenbahn bis Ziegelhau-
sen. — Herr Sta-dtrat Scndcle äutzerte sich jedoch dahin, datz
eine Verbreiterung der Reuenheimer Landstratze in Anbetrackt'
der sinanziellen Lage der Stadt vorläusig wohl nicht gnt aus
führbar sei, da der Stadi speziell durch die Forfführung dcr
Bergbahn von der Molkenkur bis zum Königstuhl cine Ausgabe
von annähernd 300 000 Mari erwachsen würde. Nuch mützft
jedenfalls in absehbarcr Zcit die Stratzcnbahn auf dem linftn
Neckarufer bis Schlierbach Iveiftrgefiihtt wevden un-d käme für
die -Bewohner von Ziegelhauscn die Bahn aus der linken Seift'
des Neckars Iveit eher in Betracht, üa dieselben doch üedeuftnd
srüber in der Altstadt wären, als Ivenn sie auf dem rechten
Neckarufer bis zur neuen, resp. älten Brücke fahren mützteu.
Ferner wurde angeregt, öb -denn nicht am rechftn Neckarustr
(Neckarvorlaiid) der sogenannft Leinpfad zu einem schünen
Spazierwege cvbreitert werden könnc, -da doch die Neuen-Heimer
Lmrdstrahe. Von Fuhrwcrk schon ziemlich be-lastct und ein Spa-
ziergang von der ältcn zur neuen Brücke bei ftarkcm Verkehr
oft sogar lebensgefährlich ist. Dieser Vorschlag ist natürlich mit
grotzer Freude zu begrützen und -wird hofseittlich voni Stadtrat
ans diese Frnge wciter an-geschnitten werden. — An diese in-
ftressanten Aussprachen schloh sich zum Schlutz noch bft Keu-
resp. Wiederwahl der auSscheidenden VorstandSmitglieder «m.
Wiedergewählt tvurden die Herren:' Joh. Divpel, Joh. Heitz.
A. Joerger, P. Konold, G. Schroeder; neugewählt wurden: Herr
Oberle-Hrer G. Herrigel und Herr Direktor R. Beinhaner.
Kleine Zeitung.
— Hochschulnachrichten. Jm chemischen Jnsfftut zu Bonr
ist an Stelle des ausgeschiedenen Dr. Gronauer der Privot-
sie nicht lftbte, allerlei ausgeführt, was seinc Billigung nie ge-
fundcn hätte. Jn mancher Beziehung hatte fie vftl Freihett
im Hause des alftn Mannes. Sie war die Tochftr ihreS Va-
ters, manche Züge scines Wcsens waren auf sie vererbr; wo ih«
Grohvater Las crkaiuift, eifcrte er mit gehäsfigcr Dtrenge da-
gegcn.
Jetzt lvar dieser Vater, den der Grotzvaftr so gehatzt harte.
hicr, sie hatte ihn gesehen.
Jhve Gesühle waren noch sehr verworren und ungekläri
-Seit einem Jahre lebtc sie nun bci der Tante, aus der kftinen
Stadt und der trüben Enge in die Grotzsta-dt und in «in üppi-
gcs Haus verseht. Sie nahm noch Fortbildungsstunden, vor-
nehm-lich in Sprachen: der Unftrricht, den sie bisher genosscn,
lvar ungcnügend gewcsen, sie fühlft selbst, wie viel ihr fehlte
hier in diesen Kreisen, und stachelft sich zu gröherein Kifer,
niachte auch Fortschritte.
Die Sttinden brachten sie in Beziehungen zu Alterögenoi
sinnen aus angesehenen, reichcn Familien, denen sie sich nun
ebenbürtig fühlen konnft.
Seit eincm Monat trug sie Halbtrauer, der nächste Wtnteii
stellft ihr cin Leben nach ihrem- Sinne in Ausficht. Als der
Plan der Tanft, den unbekanitten Vaftr, dcr drüben eine stveiie
Frau un-d Kinder aus zweiftr Ehc besatz, in dic Heimat zu-
rückgerufen, ihr mitgeftilt wurde, war si« mehr erschrocken ais
erfreut. Sie war indes in dcm gedrückftn Leben srüher dahrn
gcschult worden, ihre Gefühle uicht gleich zu verraftn. Was jft
sich da an kftinen Freuden eroberte, mußte sie durch Geichmei-
digfttt gegen anbcrc erreichen. Jhre ftbhaft geäuhette Freude
über jedes kleine Geschenk hatte ihr meist einc Wiederholung
dessclbcn eingetragen, und Ivo fie einflutzrcichen Menschen zn
Munde redeft, belohnte «s sich durch Lrfüllung irgendwelchcr
ihrer Wünsch«'.
Was brachft ihr nun dieser fremde Vaftr? Hatft die
Stimme des Bluts gesprochcn dci scincm Anblick?
Sie sragte sich das gar nicht, aber dft unklarc Angst, ivelche
sie dftse letzten Tage bcherrscht hatft, war von ihr gewichcn-
Die in ihrer Vorstellung schreckliche zweift Frau war nichl mit-
gekommen, nnd er machte ja gottlob cinen anständigen Ei>>
druck.
(Fortsetzung folgl.)