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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Über die Pflege unsres Wandschmuckes
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0019

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Über die Pflege unsres Wandschmuckes

aber — es wird nicht bedacht, daß beständiges Nachkeilen
die Spannkraft der Bildfläche erhöht und die Gefahr
des Springens der Farbe, des Reißens des Firnisses
heraufbeschworen wird. Auch diese jedem leicht erschei-
nende Arbeit überlasse man sachkundiger Hand. Man
bedenke, daß man niemals Veranlassung nehmen wird,
eine Lockerung der Keile vorzunehmen, weil dem bloßen,
unbefangenen Auge die gestrammte Fläche keine Beun-
ruhigung macht, erst dann Schrecken bereitet, wenn die
Risse sichtbar werden. Dem Übelstande abzuhelfen, ist
die größte Kenntnis und Mühe erforderlich und glück-
lichenfalls wird eine geschickte Verdeckung des Schadens
erzielt, die nur allzu oft dem Zahn der Zeit nicht zu trotzen
vermag. Bilder, die aus Pappscheiben gemalt sind, werden
schon mit ängstlicherem Auge vom Liebhaber betrachtet.
Ist die Pappe vor der Bemalung gegen Einnistung von
Tieren geschützt, kann sie der Zeit trotzen, ist sie aber
vorher nicht sorgsam gepflegt, werden sich gar bald un-
heilbare Leiden einstellen. Auf alle Fälle muß ein solches
Bild gegen Feuchtigkeit geschützt werden. Einmal in die
Pappe gedrungene Nässe schlägt mit der Zeit durch und
wirkt nachteilig auf die Farbe. Sowohl für Ölbilder auf
Holz und Leinwand, sowie für Ölbilder auf Pappe, gilt
es die sorgfältigste Behandlung in dem Falle zu be-
achten, wenn das Firnissen nötig wird. Hierüber kann
am besten der Autor, im Todesfall ein Künstler oder ein
Sachverständiger entscheiden; die eigene Meinung eines
Kunstmäcens, der hierin keine gehörige Erfahrung hat,
trügt oftmals und unzeitige Geltendmachung derselben
hat viele Bilder vorzeitiger Vernichtung preisgegeben.
Ist ein Bild nach einem Jahre seines Entstehens blind
geworden, darf man nicht ohne weiteres mit dem Firnis
darüber gehen, sondern man muß — und das wird in
den meisten Fällen versäumt — zuvor die Bildfläche
mit Wasser und Spiritus mittels eines weichen Tuches
reinigen, einige Tage unter einer Hülle, damit nicht
Staub oder Cigarren- und Ofenrauch aufs neue ein-
dringt, trocknen lassen uud dann erst den Firnis darüber
streichen. Auch die Wahl des Firnis ist nicht gleichgiltig.
Nimmt man Weingeistfirnis, so muß in Betracht gezogen
werden, mit welchen Harzen der Weingeist verbunden
ist, damit nicht durch eine unverständige Lösung der
glänzende Überzug rissig wird und die Bildfläche schädigt.
Genug, es ist absolut nicht einerlei, mit welcher Firnis-
masse das Bild ein glanzvolles Äußeres bekommt. Auch
ist das Wieviel zu erwägen und beim Aufstreichen des
Firnis die größte Vorsicht geboten, damit nicht haftende
Farbenflecke abgestoßen oder glatte Flächen durch un-
geschickte Hantierung des Pinsels Schrammen bekommen.
Gewöhnlich wird mit dieser verantwortlichen Arbeit der
Bilderrahmenlieferant betraut. Durch seinen steten Um-
gang mit Bildern ist er, nach der Ansicht der meisten
Bilderbesitzer, fähig, auch über die Pflege der Werke zu
wachen. „Machen Sie mir zu dem Bilde einen Rahmen
und dann können Sie es auch gleich firnissen!" So
lautet gemeiniglich die Bestellung. Auf die Wichtigkeit
der Umrahmung eines Bildes kommen wir später einmal
zu sprechen, das ist auch eine Frage, deren Beantwortung
man nicht so ohne Weiteres dem Geschmacke der Ver-
golder, der sich größtenteils nach der Vorratskammer
seiner Profilmuster richtet, überlassen darf. Wir wollen
hier nur vor Anschaffung von Getreiderähmen warnen.
Die Anschaffung ist billig, der Besitz oft sehr kostspielig.

Auf einfache breite Holzleisten wird Getreide angeklebt
und das Ganze bronziert. Wir haben derartige Rühme
gesehen, die in kurzer Zeit von Mäusen zernagt waren,
die Bronzehüllen lagen am Boden, die Körner waren
verzehrt und die Räuber konnten nur mit großer Mühe
von dem Orte ihres Verbrechens entfernt werden. —
Wir kommen nun zu den Pastellen. Die Bilder werden
mittels Farbenstiften auf Papier (Pergamentbilder ge-
hören in unsrer Zeit zu den Seltenheiten) hergestellt.
Mit der größten Sorgfalt sind solche Stiftzeichnungen
zu hüten, da die Farbe sich bei dem geringsten Riß ab-
stäubt und bei der leisesten Berührung verwischt. Die
Pastellfarben zu fixieren, hat man des öfteren versucht,
aber nach Aussage der Maler ist dies nicht ohne Beein-
trächtigung der erstrebten Farbenwirkung geschehen. Beim
Plazieren dieser Bilder muß man sich vor allem ver-
sichern, daß die Wand trocken ist. Einmal in das Bild
gedrungene Feuchtigkeit ist sehr schwer wieder heraus-
zubringen, jedenfalls nicht ohne Gefährdung der Bild-
fläche. Zeigt sich das Übel durch Bildung von Schimmel-
pilzen, so muß sofort ein Sachverständiger herangezogen
werden und die Fäulnis im Keim erstickt werden. Sieht
sich der Restaurator veranlaßt, mittels eines Zerstäubers
das Papier mit einer Flüssigkeit zu tränken, so wird
die Stiftzeichnung selbst, bei Anwendung der größten
Vorsicht affiziert und eine geschickte Überzeichnung an den
Stellen erforderlich, an denen die Farbe abgestäubt oder
durch die Flüssigkeit gelitten hat. Auch darf das Bild
nicht an eine Wand gehängt werden, die der Erschütterung
des Straßenverkehrs exponiert ist. Schwere Lastwagen
machen oft die bestgebautesten Wände erzittern. Dieses
Zittern kann ein Pastellbild nicht vertragen. Ferner muß
man sich hüten vor allzu intensiver Lichteinwirkung. Der
so beliebte Reflektor darf nur kurze Zeit das Bild be-
leuchten. Die große Wärme, die dieses Licht verbreitet,
würde sich dem Papier mitteilen, dasselbe würde sich
dehnen, hernach bei abnehmender Temperatur wieder zu-
sammenziehen, und während dieses Veränderungsprozesses
würde Farbenstaub abgeschüttelt werden. — Aquarell-
bilder, zumeist auf Papier gemalt, erheischen alle Vor-
sichtsmaßregeln, die die Pastellbilder erfordern, nur daß
die Farbe nicht durch Anstoß gefährdet wird; dafür ist
aber die Vorsicht gegen Feuchtigkeit in noch höherem
Grade geboten, denn schadhafte Stellen können nicht durch
Übermalung beseitigt werden. Was nun Kupferstiche
und Radierungen anbelangt, so können wir wohl dreist
behaupten, daß diese am stiefmütterlichsten behandelt
werden. Mit dem Einrahmen glauben die meisten schon
ein Übriges gethan zu haben, ja selbst bei den wert-
vollsten Blättern werden Klagen über die hohen Kosten
der Holzleisten und des Glases laut, als ob mit den
Holzleisten und dem Glas das Häuschen gebaut sei, in
dem das Kunstwerk für alle Ewigkeit ein ungestörtes Da-
sein fristen kann. Dem ist aber nicht so. Die Ver-
dichtung hinten ist weit wichtiger für die Erhaltung des
Stiches oder der Radierung, als die Wahl des Rahmens.
Nehmen wir ein Blatt, einen guten Druck von einiger-
maßen hohem Wert, etwa eine Radierung von Klinger.
Der Besitzer nimmt es aus seiner Mappe, läßt es ein-
rahmen, um das Blatt stets vor Augen zu haben, muß
es ihm dann nicht auch darum zu thun sein, das Werk
bestmöglichst gegen Eindringen von Staub, Einwirken
der Temperatur geschützt zu wissen? Freilich kann die
 
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