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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler - Ausstellungen und Sammlungen - Vermische Nachrichten - Vom Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0045

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Ausstellungen und Sammlungen — vermischte Nachricbtcn — vom Kunstmarkt

und zahlreicher Privatpersonen noch nicht abgeschlossen
sind, sind bereits sür 8—90000V Mk. Kunstwerke bis zum
Schluß der Ausstellung verkauft worden. — Über das that-
sächliche Ergebnis der Ausstellung werden wir in einem der
nächsten Hefte berichten. I-wu.

Vermischte Nachrichten

s lR. 3. Hamburg. Eine „Denkschrift über die innere
Ausstattung des (neuerbauten) Hamburger Rathauses", welche,
vom Direktor der hiesigen Kunsthalle, Herrn Or. Lichtwark,
verfaßt, vor zwei Jahren dem hohen Senate der Stadt von 2l
angesehenen Bürgern überreicht und jetzt mit hoher Erlaubnis
veröffentlicht worden ist, bietet eine solche Reihe wichtiger Gesichts-
punkte in künstlerischer und kunstgewerblicher Beziehung, daß sie,
wenn sie auch zunächst nur für Hamburger Verhältnisse berechnet
ist, doch die allgemeinste Aufmerksamkeit verdient. Sie wird von
dem eben so richtigen wie wichtigen Grundgedanken getragen,
daß Kunst und Kunstgewerbe nicht gedeihen können, wenn sie
nicht an bedeutungsvollen Aufgaben groß gezogen werden, und
leitet daraus die Pflicht des Staates ab, jede Gelegenheit zu
benutzen, diese zu stellen. Der Bau des Rathauses für Hain-
burg bietet nun eine solche in hervorragendster Weise, da cs nicht
allein den Centralpunkt eines großen Kommunallebens, sondern
einer hochwichtigen Staatsgemeinde schaffen soll. Es wird nicht
bloß die Räume für die vornehmsten Vcrwaltungszweige in sich
schließen, es soll auch die Möglichkeit gewähren, den Staat
würdig zu repräsentieren. Daß daher eine Stadt wie Hamburg
alles darin vereinigen muß, was edle Pracht und echter Komfort
erfordert, wird niemand in Abrede stellen wollen. Wie soll das
aber beschafft werden? Soll man auch hiefür Submissionen
ausschreiben, um von nah und fern die Wettbewerbung der
Lieferanten aufzurufen, um die stattlichen Räume zu schmücken
und zu füllen ? Welch' buntes Gemisch würde daraus entstehen,
wenig würdig einer großen, eigenartigen Stadt, wieHamburg! Eben
ibrc Eigenart verlangt vielmehr, daß ihrem eigenen Kunstgewerbe
die Aufgabe gestellt werde, das Erforderliche zu liefern. Ist
dieses aber bei dem jetzigen Stand seiner Entwickelung nicht dazu
fähig (und diese Frage muß wohl verneint werden ?), so soll
die dar geböte ne gewaltige Aufgabe dazu dienen,
es dafür zu erziehen. Dies ist der eigentliche Kern der
Denkschrift, der Angelpunkt, worum sich alles bewegt. Sie hält
die Sache für so eminent wichtig, daß sie von dem Staate glaubt,
alles fordern zu dürfen, was ihre Ausführung ermöglicht. Er
hat Schulen und Museen gegründet, um das Kunstgewerbe zu
fördern, jetzt handelt es sich darum, es zur Blüte zu bringen.
Wird die jetzige Gelegenheit versäumt, so kehrt sie wohl nimmer
wieder. Hamburg bietet aber auch, wie keine andre Stadt in
Deutschland, den Boden dafür; man gebe Zeit, ihn richtig zu
bestellen, und eine herrliche Ernte wird nicht ausbleiben. Zur
Unterstützung solcher Schlußfolgerungen liegen Beispiele aus der
Geschichte der Kunstgewerbe genügend zur Hand. Zu Ende des
17. Jahrhunderts beherrschte z. B. die Augsburger Silbcrschmicde-
kunst auch noch in Frankreich den Markt. Aber die Politik
Colberts wußte bald die dortige Industrie zur höchsten Lebens-
fähigkeit durch große Aufträge zu entwickeln, und wenn Frank-
reich die Führcrschast bisher nicht wieder verloren hat, so ge-
schah'-;, weil jede nachfolgende Regierung in dieser Beziehung in
des großen Ministers Fußstapsen trat. Wo man aber in Deutsch-
land diesem Beispiele folgte, z. B. in der Porzellanmanusaktur,
hat man ähnliche Erfolge zu verzeichnen gehabt. Auch die neueste
Zeit hat gezeigt, wie rasch sich im Kunstgewerbe eine neue Ent-
wicklung Bahn brechen kann. Innerhalb zehn Jahre, oder
wenige mehr, hat sich die ganze Architektur in Berlin umgestaltet,
und in Hamburg hat während desselben Zeitraumes die Leder-
industrie einen nie geahnten Aufschwung genommen. Und wie
selbst unter ungünstigen Verhältnissen, wenn es nur an Auf-
trägen nicht fehlt, eine kunstgewerbliche Industrie sich lebensfähig
erhalten kann, das hat die Tischlerei dort gezeigt. Während
Hamburg durch Zollschranken vom übrigen Deutschland geschieden
war, ist ihre Blüte nicht verwelkt. Gerade sür dieses Gewerbe
ist der jetzige Augenblick aber sehr günstig, weil sich ein ent-
schiedener Umschwung vom geschnitzten, oft durch die Fülle der
Ornamente unpraktisch gewordenen, Möbel zum polierten, welches
hier noch immer festgehaltcn wurde, geltend macht. Wie rasch
sich Stilperioden übrigens ändern, das hat wiederum das ton-
angebende Frankreich gezeigt, wo sich innerhalb einer Geuerations-
dauer fast beständig der Wechsel von der einen zur andern vollzog,
so daß die Namen der Regenten im vorigen Jahrhundert,

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Ludwig XlV., Ludwig XV. und Ludwig XVI., bekanntlich immer
andre Stilperioden bezeichnen, und das „Empire" brachte dieselbe
Erscheinung. Wird also..jetzt in Hamburg vom Staate rasch
eingegriffen, so hat die Überzeugung guten Grund, daß, wenn
die Ausstattungsarbeiten für das Rathaus mit einheimischen
Kräften in Angriff genommen werden, man eine Entwickelung des
Kunstgewerbes ins Leben ruft, das sich durch die stets wachsende
Teilnahme für den Bau, die Gunst und das Interesse des Publi-
kums schnell erobern und dauernd erhalten wird. Welcher
Segen dadurch für die Stadt entstehen wird, bedarf keiner wei-
teren Ausführung. Aber auch auf dem Gebiete der hohen Kunst
kann der Bau herrliche Früchte tragen. Gewiß wird man sich
hier nicht allein auf hiesige Kräfte stützen können. Ein solcher
Monumentalbau soll das Beste zeigen, was das ganze Vaterland
leisten kann und seine ersten Meister werden hier ihre Aufgaben
finden müssen. Aber eine ganze Schar jüngerer Kunstgenossen
wird zur Ausführung herbeigezogen werden, und eine Schulung
mag entstehen, die für deutsches Kunstlebeu von höchster Be-
deutung werden kann. Ist es aber nicht eine köstliche Aussicht,
die sich so eröffnet? Wer fühlt sein Herz nicht höher schlagen,
wenn er bedenkt, daß sich, wie ehemals, eine ganze Kunstgemeinde
zusammenfindcn soll, zum gemeinsamen Werk, sich gegenseitig
stützend und fördernd, immer das Ziel vor Augen, vom Kleinsten
bis zum Größten, Vollendetes zu schaffen, so weit die Kraft nur
reicht. Daß sich kunstbegeisterte Männer zusammeugefundcu
haben, diesen Aufruf zu erlassen, ist höchst erfreulich! Werden
sie Oiehör finden? Wird man alle Bedenken überwinden können,
die sich entgegenstellen? Schon die Zeit, welche gefordert werden
muß, ans Ziel zu gelangen, macht Sorgen. Wird man nicht
Jahre warten müssen, bis das Ganze vollendet dasteht? Ja,
Zeit wird es kosten! Aber hat man last 50 Jahre warten
können, bis man den Bau ernsthaft anfaßte, so wird man das
vielleicht erforderliche Jahrzehnt auch noch daran geben können!
Auch darf man nicht vergessen, daß wir in einem viel rascheren
Tempo leben, als früher; wenn man das Werden sieht, ist das
Warten nicht so schwer. Aber freilich darf man jetzt auch keine
Zeit mehr versäumen; ein rascher Entschluß muß bald gefaßt
werden. Die Wege sind vorgczeichnet, die man gehen soll. —
„In Gottes Namen, darauf!"

K. Berlin. In seiner im Sommer d. I. abgehaltencn
Hauptversammlung hat der Verein Berliner Künstler be-
schlossen, auch im nächsten Jahre in den Räumen des Landes-
ausstellungsgebäudes am Lehrter Bahnhöfe eine große Kunstaus-
stellung von Werken lebender Künstler des In- und Auslandes
zu veranstalten. Da die Akademie der Künste in Verfolg
der Bestimmungen ihres Statuts seit länger als 100 Jahren
allein die Veranstaltung großer Kunstausstellungen am hiesigen
Orte unternahm, auch das Gebäude seinerzeit hauptsächlich für
ihre Zwecke erworben und gelegentlich der Jubelausstellung im
Jahre 1886 auf ihre Kosten zu Zwecken der Kunstausstellungen
mit einem Aufwande von nahezu 400000 Mk. aus- und um-
gebaut wurde, so dürfte es zweifelhaft sein, ob dieselbe ohne
weitere? auf die Veranstaltung großer Kunstausstellungen in
demselben verzicbten wird, oder ob sie, wie in Frankreich,
dem Verein Berliner Künstler mit gleichein Unternehmen Kon-
kurrenz machen wird. i-wi!

tt. Berlin. DaS nach den Entwürfen vom hiesigen
kgl. Baurale Heiden neu erbaute Palais der bapcrischen Ge-
sandtschaft in der Voßstraße, zur linken Seite an die Neben-
gebäude des Fürsten Pleß und zur rechten Seite an das Reichs-
justizamt anstoßend, wird im Oktober dieses Jahres bezogen
werden. Im Äußeren ganz aus Hausteinen im Stile der Re-
naissance errichtet, besitzt der monumentale Neubau die Re-
präsentationsräume im .Hauptgeschosse und dahin führt eine
schöne zweiarmige Marmortreppe. 1-"-^

Vom Kunstmarkk

— Konstanz. Die Auktion der Sammlung Vincent, die
unter Leitung der Firma I. M. Heberte in Köln, wie wir be-
reits anzeigreu, zu Konstanz stattfand, hat fast 600,000 Mark
gebracht. Die Schweizer Glasgemälde sind zum größten Teil
und zu hohen Preisen für das ucugcgründete Schweizer Landes-
museum erworben worden. 26 Scheiben aus dem Kloster Dunikon
ergaben eine Summe von 105,970 Mk. 28 Scheiben des Meisters
Andreas Hör von St. Gallen 50,600 Mk. Die Mineralien-
sammlung wurde der Stadt Konstanz geschenkt. l>s5i
 
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