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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Weihnachtsbücherschau
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58

lveihnackftsbücherschan. vom lqerausaebcr

Reisemuftum. von L. lv. Allers

Aus „L. M. Allers, Murine". (Verlag von L. T. wiskott in Breslau)

gewordenen Künstlers eröffnen. Dasselbe stellt diesmal das Schoß-
kind der Nation „Unsre Marine" in einer Reihe von trefflichen
Charakterbildern dar. Leider entbehren sie des inneren Zu-
sammenhanges durch eine die einzelnen Blätter verknüpfende
Handlung, wie sie in dem „Klub Eintracht", „Silberne Hochzeit"
oder der „Hochzeitsreise in die Schweiz" dem Künstler Gelegen-
heit zur Entfaltung seines köstlichen gesunden Mutterwitzes
boten. Fehlt der Humor dagegen auch hier ganz und gar nicht,
so werden ihm doch schon dadurch engere Schranken gezogen,
daß wir die einzelnen Typen der Mannschaften wie des Offiziers-
korps meist nur porträtartig dargestellt und seltener zu Gruppen
vereinigt in Aktion treten sehen. Dafür bringt uns gerade vom
Offizierskorps der Maler eine Reihe ganz köstlicher Charakter-
köpfe, so der Admirale Knorr, Deinhard, Schering, dann die
Prachtvollen Bilder der Kapitäne v. Bodenhansen und Graf
Haugwitz, Erhard, Fritze, des Leutnants Paschen, des Ober-
pfarrers° Langheld re- re. Der Hauptreiz unsres Werkes be-
steht nun darin, daß aber auch die Mannschaften
kaum weniger alle einen so ausgesprochen kühnen,
entschlossenen Charakter tragen, daß einen bei ihrem
Anblick unwillkürlich die größte Sicherheit über-
kommt, daß unsre junge Marine gewiß überall
der Nation Ehre machen werde, wie sie das ja
auch bis jetzt bei jeder Gelegenheit gethan hat.

Bon allen Arten des Materials aber ist doch offen-
bar das Menschenmaterial bei einer Flotte das
wichtigste, und ist es kein geringes Verdienst unsres
Malers, gerade darüber dem deutschen Volk mit
diesem Werk eine größere Beruhigung verschafft
zu haben, als dies auf irgend einem andern
Wege möglich wäre. Denn sein Talent der
Charakteristik ist so groß, daß er uns immer
unbedingt überzeugt, obwohl er diese Blätter un-
leugbar im Ganzen flüchtiger behandelt hat, als
die der früheren Werke. Dafür sind aber die
Menschen, die er uns hier vorführt, eine wahre
Erquickung durch ihre Kraft und Gesundheit.

Bekanntlich hat ja der von der unverwüstlichsten
Thatkraft beseelte Mann seither mit einer Stange-
schen Gesellschaft eine Reise nach dem Orient
gemacht, die er uns wohl in der Weise Fritz
Reuters schildern wird und hat sich dann auf
dem Rückweg in Capri niedergelassen, um seine
Studien im Kater Hiddigeigei dort oder bei Pagano
fortzusetzen. Wie dem auch sei, mit unserm Album
hat er jedenfalls der Nation ein besonders ange-

nehmes Geschenk gemacht, da er ihr damit auch bewies, daß unsre
Marine weniger provinziellen Charakter, aber dafür einen aus-
gesprochener nationalen besitzt, als wir dies von irgend einer
andern deutschen Korporation zu rühmen wüßten. Noch auf-
fallender ist freilich der Unterschied, der sie von ihren englischen,
französischen und russischen Nebenbuhlern trennt, mit denen sie
sich eines Tages zu messen haben wird und denen sie heute schon
so ebenbürtig erscheint.

F-linzer Feodor, „Ein Skizzenbuch". Breslau, Wiskott.
(1. und 2. Heft a 2'/? M.) In diesen kleinen Heften lernt man
ein großes Talent kennen, einen Tierzeichner, der nicht nur in
rascher Erfassung des charakteristischen in der Bewegung der ver-
schiedensten Tiere alles mögliche leistet, sondern das auch mit
dem ergötzlichsten Humor thut, so daß nian seine drolligen Hefte
nicht nur zum Nachzeichnen, sondern auch zu lustigen Geschenken
bestens empfehlen kann. Zur Darstellung von Tierfabeln, wie
Reineke Fuchs, wäre Flinzer offenbar der richtige Mann, aber
auch unsre fliegenden und kriechenden, schnatternden und gackern-
den Blätter sollten sich ihn nicht entgehen lassen.

Flinzer, „Eine Tierschule in Bildern" mit Versen von
Vict. Blüthgen. Breslau, Wiskott. (Preis 5 M.) In diesem
lustigen Heft widmet Flinzer dann sein Talent den verschiedenen
Arten von Schulen und bringt es dabei zu ganz köstlichen
Schilderungen, deren Wirkung durch Blüthgens drollige Begleit-
verse noch erhöht wird. Daß die Bilder in Farbendruck aus-
geführt sind, ist für die Kinder, für die sie doch eigentlich be-
stimmt, gewiß angenehmer, während für die Ergötzung der
Großen eine mäßige Schattierung jedenfalls genügen, ja den
Genuß der geistreichen Zeichnungen noch erhöhen würde.

Johannes Trojan und I. Kleinmichel, „Die Welt
vom Fenster aus". Breslau, Wiskott. (Preis 5 M.) Auch dies
für Kinder bestimmte Heft unterscheidet sich durch gesunden
Humor im Text wie den wirklichen Kunstwert der Bilder vor-
teilhaft von der gewöhnlichen Jugendlitteratur, die das Kindliche
so oft im Läppischen sucht.

DonQuixote v. Cervantes. 4. Ausl. Aus dem Spanischen
übersetzt und illustriert von Tony Johann ot. „Stuttgart.
Rieger. (Lief. 1—3 ä 40 Pf.) Daß man diese uralte Übersetzung
von Cervantes unsterblichem Buch immer wieder neu auflegt,
verdankt sie wohl Viardots Biographie des Dichters und Heines
Vorwort. Daß man ihr aber auch noch immer die mehr als
mittelmäßigen Illustrationen des leichtsinnigen Fabrikanten
Tony Johannot mit auf den Weg gibt, das ist ein Miß-
brauch der Geduld des Publikums, den man nicht schars genug
rügen kann. Er ist fast eben so groß, als wenn demselben fort-
während Gust. Dores gründlich frivole Bibel als Meisterwerk
angepriesen wird, während man die hochachtbare Schnorrs bei
uns längst vergessen hat. Die thörichte Ausländerei der Deutschen
läßt sie aber auch immer wieder auf dergleichen hereinfallen.

(Die Fortsetzung so'gt im nächsten Hefte.)

Zrugsticken. von L. kV. Allers

Aus „L. W. Allers, Marine". (Verlag von L. C. wiskott in Breslau)
 
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