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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Pecht, Friedrich: Das Album des Prinzregenten Luitpold von Bayern
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0130

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Das Album des Prinzregenteii Luitpold vou Bayern

Stoffen, Romantisch-Phantastische und allegorische dagegen gleich einundzwanzig, darunter freilich eilf, bald Ophelien,
bald Gretchen oder Chloen getaufte Mädchensiguren, wie denn die hübschen Mädchen üb.rhaupt einen viel größeren
Raum in der Sammlung einnehmen, als sämtliche Helden der Weltgeschichte und alle Kalenderheiligen zusammen.

In die Vergangenheit vertieften sich neun Bilder, in Jagd und Krieg ebensoviele. Rein humoristisch waren
zehn, modern heimatliche Sittenschilderungen gaben dagegen nicht weniger als vierunddreißig, Tiere und Landschaft
der Heimat endlich schildern fünfzehn, was übrigens viel zu wenig ist, da die Fotografie der Landschaft über-
mäßig aus dem Wege ging, obwohl dieselbe hochinteressant, ja vortrefflich und überaus zahlreich vertreten ist.
Aber es waren fast durchwegs heimische Stimmungslandschaften, deren Reize das Lichtbild schwer wiedergibt.
Ich denke, diese Zahlen sprechen für sich selbst, bedürfen kaum eines Kommentars, da sie uns unwiderleglich zeigen,
wie unsere Künstler sich so überwiegend mit der Gegenwart und Heimat beschäftigen, wie das vielleicht noch zu
keiner Zeit so ausschließlich der Fall war. Das ist aber um so bedeutsamer, als bei dieser Sammlung die Künstler

durch keinerlei Rücksicht ans Bestellungen
oder den herrschenden Geschmack der
eventuellen Käufer u. dergl. in der Aus-
wahl ihrer Stoffe bestimmt waren, son-
dern hier lediglich das machten, wozu ihr
Herz sie trieb. Ebenso in den Formen,
welche ihnen die sympatischsten waren. Da
muß man denn anerkennen, daß die skizzen-
hafte Behandlung der meisten Blätter zwar
für den Kenner ihren Reiz erhöht hat, aber
die Persönlichkeit der einzelnen Meister
keineswegs schärfer hervortreten ließ. Ge-
rade letzteres ist offenbar großenteils
Sache der weiteren Ausführung, der
sorgfältigeren Handschrift. Ja es sind in
dieser Sammlung weit weniger Blätter,
deren Schöpfer man beim ersten Blick er-
kennt, als es bei einer gleichen Zahl fer-
tiger Bilder derselben unzweifelhaft der
Fall wäre.

Doch suchen wir nun zu ergründen,
wie sich der Zug der Zeit nicht nur in
der Auswahl, sondern auch in der Be-
handlung der Stoffe ausspreche. Da ist
es wieder nur das bürgerlich schlichte, ja
selbst hausbackene, die Abneigung gegen
alles Pathetische, welche unsere Kunst
durchaus beherrscht. Ganz charakteristisch
sind dafür die beiden Blätter, welche die
Herren Direktoren unserer Akademie, so
der jüngst abgetretene und der gegen-
wärtige geliefert haben. Sie sind es um-
somehr, als sie unzweifelhaft ungefähr
das Beste darstellen, was sowohl in der
idealisierenden als in der realistischen
Richtung vorhanden. Da läßt nun Fr.
Aug. K a u lbach in einem als Widmungs-
blatt des Ganzen vollständig zopfig kom-
ponierten Bilde das lorbeergekrönte Bild-
nis des Prinz-Regenten von einer Schaar
jubelnder Amoretten an einem Bande
Heraufziehen, um es als glänzendes De-
korationsstück an einer Frnchtjchnur auf-
Ein Siegeslied, van I. v. Brandt. zuhängen, wo es den Mittelpunkt einer

j)robeill. „Aus Münchner Areliers". verlagsanüalk ^ir Aunst und U)issenschaft vorm. Lr. Bruckmann lll

sein Bestreben von den Vertreterinnen
der drei schönen Künste unterstützt, von
denen die Malerei das Bild soeben erst fertiggestellt, die Baukunst die Ehrenpforte aufgerichtet, die Bildhauerei
dieselbe geschmückt hat, sodaß der Grundgedanke des Ganzen: daß seine Kunstpslege den Ruhm des Gefeierten
ausmache nicht zweifelhaft sein kann. Ist dieses vom Zopf tausendmal variierte Thema ganz im Geschmack des
vorigen Jahrhunderts, wo Deutschland nichts als Herrscher nnd Lakaien, aber freie Bürger gar selten kannte, so
gehört dagegen die Ausführung ganz unserer Zeit, da Kaulbach sowohl die flatternden Kinder als besonders die
drei Damen so liebenswürdig charakterisierte, daß man unbedingt an die Dankbarkeit dieser charmanten Geschöpfe
 
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