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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Heilbut, Emil: Wilhelm Leibl
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0152

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N6 tvilhelm Leibl. von vermaii tqclferich

Krug bei dem Kirchengestühl „in der Kirche", ein Krug, welcher genau dieselbe Bedeutung hat, wie der nmge-
stürztc Stuhl der Vordergründe in Historienbildern der Pilothschule; nur hat Leibl immer die Requisiten so-
wohl wahrhafter gewählt als anch feiner — ohne die Willkür in der Licht- nnd Schattcuführung — mit dem
Hauptinhalte der Bilder verbunden. Neuerdings scheinen ihm die Skaudinavcn von Einfluß gewesen zu sein
oder auch, man kann nicht mit Sicherheit etwas derartiges behaupten, die Skandinavcn und Leibl sind neuer-
dings zu immer ähnlicheren DarstelluugSweisen gelangt; dennoch, wie ei» Fluß, der sich in ein Meer ergießt,
noch im Meere eine Zeit lang seine Farbe behält, ist bei Leibl die Herkunft von einem anderen Wesen auch
immer noch zu spüren, und man sieht, wie er die vollendete Einfachheit, wenn er sic, trotz der neuerdings bei ihm
auftretcnden Neigung zum Genrehaften, noch erreicht, künstlich erreicht, wogegen die Skandinavcn gleichsam

ohne Kunst und durch nichts, als
durch ihr scharfes Auge, zuweilen in
den Stand gesetzt sind, zu Kunstwerken
zu gelangen, mit der Einfachheit sich
identifizieren und von ihr wahrhaft
ausgehen. Die Herkunft dieser Kunst-
leistungen Leibl's einerseits und der
skandinavischen Landeskünstler anderer-
seits ist sehr von einander verschieden,
und nur der allgemeine Zug der Zeit
hat es gewollt, daß sich die Neigungen
des Einen und der Naturdrang der An-
deren begegnet sind.

Bon Leibl stammen aber alle
Jene her, die bei uns daheim in der
Kunst des neuesten „Gutmalens" etwas
geleistet haben. Leibl war ihr Anreger;
Trübner hat sich durch Leibl gebildet,
einer großen Zahl jüngerer Leute ist
durch Leibl der Sinn für das Natür-
liche und für Feinheit und Helligkeit
in den Tönen ausgcgangen und ein ge-
wisser Teil der Liebermann'schen Pro-
duktion kann durch Anregung' Leibl's
direkt oder indirekt hervorgerufen wor-
den sein. Für Leibl hier zu sprechen,
seine Werke zu analysieren, ihre Vor-
züge in Ausführlichkeit zu behandeln,
ist unnötig, denn jeder kennt die Vor-
züge seines Talents, die in der moder-
nen Kunst, fast unerhörte Macht -und
Kraft seiner so zarten Modellierung und
den Schmelz, welches alles an jenen
Maler, der so oft im Zusammenhang
mit Leibl zitiert wird, Hans Holbciu,
erinnert. In Leibl's Zeichnungen, die
er zuweilen ausstellt, und von denen
wir eine Skizze eines Haberfeldtreibcrs
(Seite 117) nnd zwei Hände (Seite 123)
bringen', nimmt man mehr als in den
sehr ausgeführten Ölbildern die witz-
Auf der Jagd, von w. Leibl reiche Technik dar, von welcher Leibl aus-

gcgangen war. In der Thal ist Leibl
von dieser ausgcgangen nnd kein „einfacher" Maler von Anfang an. Es halten sich auch bei ihm die breit
angelegten und ausgeführten, im engeren Sinne malerischen und die sehr ausgcführten und vollendeten Werke
die Waage, so daß mau ihn, der sich so abschließt und der so allein mit den Bauern in selbstgewählter Ein-
samkeit lebt, doch mit jenen Virtuosen vergleichen kann, die die hauptstädtische Kultur erzeugt hat und die
bald so, bald anders arbeiten können ohne den Grundton einer festen Uebcrzeugnng. So erblickt man in dem
Bilde, welches wir auf der Seite 122 reproduzieren, noch mehr beim Hoflieferant Pallenberg in Köln auf
Seite 118, und in jenem wundervollen Oelbilde einer alten Frau, das die Münchener Ausstellung von 1891
zeigte, eine Malerei auf Ton hin, während die Malereien Leibl's, die ihn eigentlich berühmt gemacht haben,
durch AuSglättuug hcrvorragen. Immerhin ist die Begabung, spezifische Begabung für die Malerei, eine
gleich große in den „Ton" hcrvorhcbeuden, wie in den ansgeführtcren Gemälden; und besonders den Haupt-
bildern seines Glattmalens, vor allem wohl dem wundervollen Bild „In der Kirche" ist eine langwährendc Be-
deutung gewiß, dcun> hier wird nächst der vollendeten Wiedergabe und dem großen Reize objektiver Wiedergabe,
 
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