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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Ein kunstgeschichtlicher Brief von Sulpiz Boisserée
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0214

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Mitgeteilt von Professor vr. Ls. M. >65

macht. Die Verehrung der bildenden Kunst drückte sich selbst in unsrer Poesie aus: A. W. Schlegel, Bund
der Kirche mit den Künsten, 1800, und mehrere andre seiner Gedichte. Zudem trafen die erwähnten Schriften
noch mit dem für die Kunst im allgemeinen sehr folgenreichen Ereignis zusammen, daß die größten entführ-
baren Meisterwerke Italiens und der Niederlande in Paris aufgestellt wurden. Die Vereinigung dieser Kunst-
schätze in der französischen Hauptstadt von 1798—1815 zog eine Menge Beschauer heran, die weder Mittel
und Zeit noch Beruf gehabt hätten, die Denkmale in ihren Heimatlanden anfzusuchen, davon gibt unter andern
Beweis Friedr. Schlegels Europa.

Wir selbst wurden durch jene Kunstschätze in hohem Grade angeregt, während unserm Aufenthalt zu
Paris 1803 auf 1804, und als wir nachher in Köln aus den dort aufgehobenen Kirchen und Klöstern alle
Gemälde in den Händen von Trödlern und andrer Leute fanden, fingen wir an zu sammeln. Das nähere
darüber und über die Wirkung, welche unsre Samm-
lung hervorbrachte, ist in dem Konversations-Lexikon
von 1823 nach zuverlässigen Nachrichten erzählt; alle
andern davon abweichenden Artikel in früheren oder
späteren Ausgaben desselben Werkes sind unücht, ja
zum Teil fabelhast. Eigentlich bedeutend wurde unsre
Sammlung erst im Jahr 1808; in diesem Jahr fing
ich auch mein Werk über den Dom von Köln an,
darauf folgte dann Möller mit seinen Denkmalen.

Als auffallender Beweis von den geringen
Mitteln, womit damals für die Kunst gewirkt wurde,
müssen die Weimarer Ausstellungen und Preisver-
teilungen 1799—1802 angeführt werden. Goethes
Name, der zu jener Zeit in der Litteratur und in der
Kunst sehr großes Gewicht hatte, that alles dabei; da-
durch wurden viele Künstler, namentlich auch Cornelius
angeregt. Ein andres Beispiel von der Kleinheit der
damaligen Anfänge, im Gegensatz gegen die Groß
artigkeit der späteren Knnstunternehmungen, ist jener
erste von unserm als Sammler und Kunstfreund be-
rühmten Landsmann, Wallraf, veranlaßt Versuch, die
Kirche zu Neuß mit Freskobildern grau in grau aus-
zustatten, welchen Cornelius 1806 ausführte.

In derselben Zeit wurde die Galerie von
Düsseldorf nach München verlegt und die Akademie
der Künste unter Langers Leitung neu gegründet. Im
Jahre 1807 hielt dann Schelling als Generalsekretär
dieser Akademie die schöne Rede über das Verhältnis
der bildenden Künste zur Natur, welche einen allgemein
sehr günstigen Einfluß hatte.

Gleichfalls im Jahre 1807 kündigte sich in den
Bildern der vier Tageszeiten, welche Runge herausgab,
ein seltsames aber höchst anmutiges, geistreiches und sinn-
volles Bestreben an. Man möchte sagen, die Sehnsucht
nach Entwickelung, welche damals die deutsche Kunst
bewegte, trat in diesen Bildern leibhaftig zu Tage.

Von der andern Seite wurde 1808 die Verehrung für
die altdeutsche Kunst durch die wahrhaft begeisterte Lobrede gefördert, mit welcher Goethe in der Jenaer Mg.
Litterat.-Zeitung die lithographierten Umrisse nach Dürers Gebetbuch begrüßte. (Neureuther hat durch dieses
Lob der Dürerschen Handzeichnungen seine so eigentümliche Richtung erhalten.) Was Goethe von 1811 und 1816
an in seiner Biographie: Dichtung und Wahrheit und in seiner Zeitschrift: Altertum und Kunst über unsre
Bestrebungen für altdeutsche Baukunst und Malerei geurteilt, — sowie daß wir 20 Jahre lang unsre
Sammlung Künstlern und Kunstfreunden zugänglich gemacht, ist bekannt.

Die Wiederherstellung der Kunst gelang bei uns zuerst und zumeist in der Bildhauerei. Dannecker,
Schadow, Vater und Sohn, Friedr. Tieck, Rauch und Thorwaldsen, den wir zu den unsrigen rechnen dürfen,
gingen meist in dem ersten Jahrzehnt den Malern voran, die den neuen Aufschwung nahmen; von denselben
gehört eigentlich nur Schick in jene Jahre. Sein Apoll unter den Hirten, 1811 vollendet, bezeichnet den Anfang

Meine kleinen Freunde, von F. w. Scholtz
 
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