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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 4
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Waldmann, Emil: Das Museum Cà d'Oro in Venedig
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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0176

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FIL1PP0 LIPPI, MADONNA DAS KIND ANBETEND

MUSEUM CA D ORO, VENEDIG

Gegenstück zu dieser Venus hängt ein Prälatenbildnis
von der Hand des Veronesen Domenico Brusa-
sorci, jenes vielgewandten Vorläufers des Paolo
Veronese, Würdenträger und Senatoren von Tinto-
retto sind die Meisterwerke in der Reihe der echt
venezianischen Bildnisse. Venedigs Rokoko lernt
man im zweiten Stock des Palazzo kennen, an
Bildern der Landschafter Antonio Canale und Guardi,
an Genrebildern von Longhi und einer Skizze
von Tiepolo.

Aber jene geträumten Ahnen, die' Franchettis
Phantasie sich als die Besitzer von Ca d'Oro dachte,
sammelten nicht ausschließlich Venezianer, sondern
wollten auch das Beste haben, was es sonst in
Italien gab. Eine vlämische Kreuzigung stammt aus

der van Eyck-Zeit und ein Män-
nerbildnis steht zwischen Memling
und jenem Antonello da Messina,
von dem man früher meinte, er habe
niederländische Maltechnik mit Ve-
nezianischem verschmolzen. Ehe
aber die venezianischen Schulen
auf der Höhe ihrer Entwicklung
angelangt waren, herrschten die
Mittelitaliener, Florenz und Siena.
Dies galt als das Beste, und so fin-
det man in Ca d'Oro neben einer
Madonna, die ihr Kind anbetet, von
Botticini denselben Gegenstand in
vollster künstlerischer Reife behan-
delt von Filippino Lippi; einen
heiligen Franz von Lorenzo Costa
aus Ferrara neben einer Geißelung
Christi von Luca Signorelli aus
Orvieto, Bildnisse von Franciabigio
und Pontormo, Heiligenbilder von
Granacci und eine Lucrezia-Szene
von Jacopo da Sellajo. Der vene-
zianische Flügellöwe zwischen vier
Heiligenfiguren von GiovanniBuon-
consiglio gehörte einst dem Museum
in Wien. Die schlafende Venus mit
einem Putto, die früher dem Picro
di Cosimo zugeschrieben wurde,
jetzt aber richtig Franciabigio heißt,
behandelt auf florentinisch das glei-
che Thema wie ein Werk von
Paris Bordone. Ein Madonnenbild
von Giacomo Francia aus Bologna
macht, neben Werken aus dem Kreise der Perugino
und Pinturicchio, auf Raffael aufmerksam, und der
Altar mit Christi Geburt von der Hand des Gau-
denzio Ferrari oder Bernardino Luini auf Lionardo.
Sienas Malerei zeigt ein feines und sehr eigenartiges
Werk, ein Rundbild von Bevenuto di Giovanni,
einem der Ubergangsmeister der Schule von Siena,
aus dem Ende des fünfzehnten Jahrhunderts, aus
jener Epoche, wo die Sienesen sich dem entwickelten
Renaissancegefühl nicht mehr länger entziehen
konnten. Es ist ein Hochzeitsteller, wie sie jungen
Ehepaaren geschenkt wurden, bemalt mit christ-
lich-heidnischer Allegorie. Herakles am Scheide-
wege, von zwei edlen Frauen gehalten und einem
guten Geist gesegnet, während im Hintergrunde

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