noch Entscheidenderes als den Sieg der sonoren
Farbe.
In diesem Augenblick tritt neben dem Lyrismus
der Fauves das geometrische Prinzip auf den Kampf-
platz, das zu allen Zeiten das erregendste Aben-
teuer des Geistes war. Denn der Kubismus, so
sehr er auch echte Malerei ist, stellt kühne An-
forderungen an den Geist. Von all seinen Be-
kennern fordert er eine strenge Disziplin. „Ich
liebe die Regel, die die Empfindung korrigiert",
Gegensatz zu den Malern, die die Natur sklavisch
kopieren, vertritt Braque den Grundsatz, daß die
Malerei, gerade um „reine Nachahmung" zu sein,
von der bloßen äußeren Erscheinung absehen muß,
denn „man ahmt nicht die äußere Erscheinung
nach, die äußere Erscheinung ist das Resultat".
Aber neben solchen Theorien zog Braque auch
aus seinen als Dekorationsmaler erworbenen Kennt-
nissen Nutzen, soweit sie geeignet waren, den Ku-
bismus durch plastische Mittel zu unterstützen. Das
GEORGES BRAQUE, FRÜCHTE. 1928
LONDON, TÄTE GALLERY
wurde von jetzt an der Grundsatz, den Braque
gewissenhaft durchführte. Woraus jedoch nicht
zu schließen ist, daß solche Strenge jede Hingabe
an das Gefühl verbietet. Man braucht nur die
kubistischen Werke von Braque und Picasso recht
zu betrachten, um sich vom Gegenteil zu über-
zeugen. Braques Grundsatz, seine Erregung im
Anblick der Natur zu beherrschen, beruht darauf,
daß seiner Auffassung nach das Ziel des Malers
darin besteht, nicht „ein anekdotisches Faktum,
sondern ein malerisches Faktum" darzustellen. Im
Handwerk des Stubenmalers schien Braque neue
malerische Mittel zu erschließen, die die größtmög-
liche Reinheit zu erreichen gestatteten. Gerade weil
er niemals seinen Ursprung verleugnete und stets
bestrebt war, ein guter Handwerker zu sein, gelang
es ihm, seine unbestreitbaren Gaben als großer
Maler zu entfalten.
Es mangelt hier am Platz, um all das Neue
aufzuzählen, womit Braque die zeitgenössische
Malerei bereichert hat. Notwendig aber ist zu be-
tonen, daß, mag auch in der Meinung der Maler,
388
Farbe.
In diesem Augenblick tritt neben dem Lyrismus
der Fauves das geometrische Prinzip auf den Kampf-
platz, das zu allen Zeiten das erregendste Aben-
teuer des Geistes war. Denn der Kubismus, so
sehr er auch echte Malerei ist, stellt kühne An-
forderungen an den Geist. Von all seinen Be-
kennern fordert er eine strenge Disziplin. „Ich
liebe die Regel, die die Empfindung korrigiert",
Gegensatz zu den Malern, die die Natur sklavisch
kopieren, vertritt Braque den Grundsatz, daß die
Malerei, gerade um „reine Nachahmung" zu sein,
von der bloßen äußeren Erscheinung absehen muß,
denn „man ahmt nicht die äußere Erscheinung
nach, die äußere Erscheinung ist das Resultat".
Aber neben solchen Theorien zog Braque auch
aus seinen als Dekorationsmaler erworbenen Kennt-
nissen Nutzen, soweit sie geeignet waren, den Ku-
bismus durch plastische Mittel zu unterstützen. Das
GEORGES BRAQUE, FRÜCHTE. 1928
LONDON, TÄTE GALLERY
wurde von jetzt an der Grundsatz, den Braque
gewissenhaft durchführte. Woraus jedoch nicht
zu schließen ist, daß solche Strenge jede Hingabe
an das Gefühl verbietet. Man braucht nur die
kubistischen Werke von Braque und Picasso recht
zu betrachten, um sich vom Gegenteil zu über-
zeugen. Braques Grundsatz, seine Erregung im
Anblick der Natur zu beherrschen, beruht darauf,
daß seiner Auffassung nach das Ziel des Malers
darin besteht, nicht „ein anekdotisches Faktum,
sondern ein malerisches Faktum" darzustellen. Im
Handwerk des Stubenmalers schien Braque neue
malerische Mittel zu erschließen, die die größtmög-
liche Reinheit zu erreichen gestatteten. Gerade weil
er niemals seinen Ursprung verleugnete und stets
bestrebt war, ein guter Handwerker zu sein, gelang
es ihm, seine unbestreitbaren Gaben als großer
Maler zu entfalten.
Es mangelt hier am Platz, um all das Neue
aufzuzählen, womit Braque die zeitgenössische
Malerei bereichert hat. Notwendig aber ist zu be-
tonen, daß, mag auch in der Meinung der Maler,
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