Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

DOI Heft:
Heft 12
DOI Artikel:
Stokvis, Benno: Vincent van Gogh in Ables
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0501

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
CHR. CL. DAHL, VORSTADTLANDSCHAFT

IM BESITZ DER STADT KOTTBUS

weiß noch, „daß er es einer Prostituierten als An-
denken gab". Alles übrige, was man auf Be-
fragen hört, sind unsichere, schwankende Aus-
künfte, meist Gemeinplätze: „er war sehr wort-
karg, etwas menschenscheu — kein schlechter
Kerl —" und schließlich mußte ich mich gar mit
einer Redensart begnügen, wie sie auf dem Lande
gang und gäbe ist: „Ja, ja, den Malern geht's wie
den Schweinen, man kennt sie erst, wenn sie
tot sind."

Ein alter Mann, der ihm gegenüber wohnte
und der ihn täglich sah, erzählte mir: „Er war
immer ärmlich gekleidet, in einem viel zu weiten
Kittel, er pflegte den ganzen Tag über fortzu-
bleiben, irgendwo draußen beim Malen. Er war
wie besessen von seiner Arbeit und kümmerte
sich um keinen Menschen. Wenn der Wind oder
die Sonne ihn am Arbeiten hinderten, ging er in
die verrufenen Häuser. Die anständigen Leute
grüßten ihn nicht und hüteten sich, mit ihm zu
verkehren."

Mme. Carrel, die jetzt fünfundsiebzig Jahre alt
ist, in deren Pension Vincent zuerst wohnte, sagte
mir, daß der Maler die französische Sprache nicht
fließend beherrscht habe, gleich habe man ihm
den fremdländischen Ursprung angemerkt, sie habe
ihn für einen Russen gehalten. Er war sehr gut-
mütig, sehr tätig, man sah ihn immer arbeiten
und selbst beim Essen hielt er die Blicke auf seine
Bilder gerichtet und warf dann und wann einen
Strich auf die Leinwand. Er arbeitete sehr schnell.

Ende Dezember 1888 wurde Vincent zum
erstenmal in das Städtische Krankenhaus in Arles
gebracht. Der Anstaltsarzt Dr. Rey behandelte ihn,
und seinem freundlichen Entgegenkommen verdanke
ich noch einige unbekannte Einzelheiten. Nach
der Nacht, in der Vincent sich das Ohr abge-
schnitten hatte, kam Gauguin zu Dr. Rey, um
seine Hilfe für Vincent in Anspruch zu nehmen
und seine Aufnahme ins Krankenhaus zu veran-
lassen. Auf die Frage des Arztes, was denn diesen
hochgradigen Erregungszustand hervorgerufen

47z
 
Annotationen