Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

DOI article:
Abrest, Paul d': Die Eröffnung der großen Oper in Paris
DOI article:
Verschiedenes und Inserate
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0120

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Korrespondenz.

22g

^ Pttsönlichkeiten sich zu eincm Knäuel zusammen-
^ ^n Mußten, bewegt sich hier alles frei und ungehin-
kesi offcner Straße. Die historische Aehnlich-

tvar eine täuschendc, als Kaiscr Sigismund mit den
aus vom Kopf bis zu den Füßen in kost-
Tuch gehüllten Pferdcn über den Platz ritt.
^cht war das Schauspiel ein wcnig — Cirkus,
1 ^ ^ gosiel, namentlich da auf die Kostüme selbst dcr
^ ^ Statisten die größte Sorgfalt verwendet wurde.
ch öie Dekorationen lassen nichts zu wünschen übrig.

4.

. T>raußcn hatte die Menge bis ein Uhr Nachts ge-
^ ausgeharrt; die Nacht ist hell, die Luft mild und
ü Euminirte Fronte der am Eck der rus äu 1u puix
Häuser erinnert an die feenhaftcn Beleuchtungcn
r to. August. Ucber die große marmorne Treppe
^/iten die Zuschauer bunt durcheinander, Deputirte,
^'^chder des diplomatischen Corps, Minister (die Tags
^uf keine mehr waren), Künstler, Schauspieler, Jour-
u. s. w. Mit Mühe gelingt es, dem Cortöge
^ ^ord Mayor's eine Bahn zu brechen, damit Sr.
^ ''uden den aus dcr Zcit Karl's II. hcrrührenden Wagcn
^Nigen, mährend die vier Herolde eine Jagdarie in die
^^cht hineinblasen. Kuirassiere mit Fackcln sprengcu
che Kutsche, welche von zwei andern gefvlgt vcm
'Uet Bristol zustcuert, wo sich das Absteigequarlicr dcs
glischen Bürgermeistcrs besindet. Mac Mahon war
^.^'falls pis zum Schlusse geblieben und vcrlicß das
"st, nachdem er Hrn. Garnier das Ofsizierskreuz
^ ^hrenlegion eingchändigt. Hr. Halanzier aber durfte
. lraurigem Blicke seiu jungfräuliches Knopfloch be-
'^chten.

Paris, 7. Januar 1875.

Paul d'Abrcst.

Lorrtspondr»).

London, l. Januar 1875.

^ Seit einigen Jahren macht sich in London eine zu-
^ZNiende Neigung bcmerkbar, auch im Wintcr cinc
^cht-Saison zu schaffen, wclche, obwohl sie nicht von dcr
'/drritung der Hauptsaison im Mai, Juni uno Juli
' ^°ch immcrlsin cigenen Reiz hat.

A gegcnwärtig nicht weniger als sieben

"chtcllungen für modcrnc Gemälde geöffnet, mit cinem
^laiibc von mehr als 2000 Kunstwerken, von dcnen
^llsiähr die cine Hälfte auf cnglische, die andcre auf
j,?"i"Eniale Erzcugnisse komml. Die lange Rcihe vvn
tt?,ch^2luktionen beweist außcrdem, daß hier fvrtwährcnd
sai^ Ankäufe von Kunstwcrkcn flüssig ist; Lvndvn
, i» der That fort, auch in diescr verhältnißmäßig
Jahreszeit ein Welt-Kunstmarkt zu scin.

Tas Gemälbe, welchcs in lctzler Zeit am meisten

230

Aussehen erregt hat, ist die „Katharina Cornaro" von
Makart. Gegen die Kunstweise bicses Malers, die
hinlänglich bekannt ist, ist auch hier der Borwurf er-
hoben, daß sein Stil eine Nachahmung des Paolo Veronese
sei, daß der Formgebung das Studium fchle, daß die
Ausführung Flüchtigkeit und Mangel an Sorgfalt zeige,
daß die Gesammtwirkung den unangenehmen Beigeschmack
des Theatralischen habe. Aehnliche Borwürfe werden
gegen die figürlichen Kompositionen erhoben, mit denen
Gustav Dors die von ihm selbst in London begründete
Galerie beschickt. Diese Galerie ist jetzt das ganze
Jahr über offen, und keine einzige Kunstausstellung ist so
überfüllt von Besuchern, deren Eintrittsgeld natürlich dem
Künstler einen schönen Gewinn einträgt; indeß werden
die Gemälde lieber betrachtet als gekauft, da sie für
englische Käufer viel zu umfangreich sind. Die gegen-
wärtig ausgestellten Hauptwerke sind: „Christus treibt
die Berkäufer aus", „Christliche Märtyrer", „Der
Traum des Weibes von Pilatus", „Die Ermordung
der unschuldigen Kinder", „Die Kreuzabnahme". Dorä's
Landschaften werden von englischen Kunstkennern mehr
bewundert als seine sigürlichen Kompositionen, seiu Vor-
trag hat eine Breite, eine Kraft, die einen enlschiedenen
Gegensatz bildet zu der kleinlichen Behandlungsweise
der englischen „Präraffaelitcn", kurzum Dorä ist in Lon-
don populärer als in Paris, er übt auf das englische
Publiküm einen gewaltigen Eindruck, da er einen Reich-
thum der Phantasie unv eine Größe der Leidenschaft
aufzuweisen hat, welche man englischen Künstlern nicht
nachrühmen kann. — Fortuny's frühzeitiger Tod ist
auch in Londoncr Zeitschriften tief bcklagt wvrden; vom
ersten Augenblick an, wo er auf englischen Ausstellungen
erschien, erregtc seine Geschicklichkeit, die nahezu an
Kühnheit streift, seine sich bis zur Bravour versteigende
sichere Hand allgemeine Bewunderung. London hat
bisher zu wenig von des Malers glänzenden Jm-
promptu's gesehen, aber kurz nach seinem Tode ist hier
eine seiner charakteristischsten Kompositionen „Der Kunst-
kenner" zur Ausstellung gelangt. — Die jüngste kunst-
händlerische Spekulation in Hinsicht auf kontinentale
Gcmäldc ist die Eröffnung der „Ncw Flamish Gallery"
uuter Leitung dcr Hcrren Everard. Die Sammlung
besteht aus nahezu dreihundert Stücken der flandrischen,
französischen, holländischen, deutschen, spanischen und
itaüenischen Schulen; der größere Theil derselben hat
schon frühcr im Pariscr „Salon" und auf dcu Aus-
stellungen in Demschland und Belgien sigurirt. —- Seit
dem letzten Kriege sind viel mehr Bilder vom Konlinenl
nach London gekommen als ehedem. Künstler, die von
Paris vertricben waren, suchten Zuflucht in England,
und Kunsthändler, deren Geschäfte zu Grunde gegangen
waren, haben seitdem hier ihre Läden und Galerien
eingerichtet.
 
Annotationen