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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Der neue Katalog der Suermondt'schen Sammlung, [1]
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Verschiedenes und Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4970#0265

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Sammlungen nnd Ausstellungen.

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sie weggehen; mag auch der Paulus in Sluttgart, vou
1627, diesem Bilde überlegen sein, so bleiben doch Fär-
bung und Behandlung beispielsweise kaum gegen das
bezeichnete Jugendbild Rembrandt's im Berliner Schlosse,
Simson im Schooße der Delila, von 1628, zurück.
Bei der Ruhe der heiligen Familie auf der Flucht, die
auf Bürger's Veranlassung von Flameng radirt worden
ist, hat Vosmaer, Rembrandt's Biograph, dessen Urheber-
schaft in überzeugender Weise dargethan. Es steht auf
der Höhe seiner früheren Periode, ist um 1635 ent-
standen. Rembrandt's mit diesem Jahre bezeichnete
Radirung giebt im Wesentlichen dieselbe Komposition
von der Gegenseite wieder; die Radirung ist erst nach
dem Gemälde entstanden, denn auf diesem fehlt der bei
der Flücht nach Aegypten traditionelle Esel, auf dem
ersten Etat der Radirung gleichfalls; erst bei dem zweiten
ist er hinzugekommen. Um diese Zeit war aber Govaert
Flinck, dem der Katalog das Bilv zuschreiben möchle,
erst zwanzig Jahre alt; vvn 1636 ist sein erstes da-
tirtes Bild, von dem wir Kunde haben; ein Porträt
in St. Petersburg, das nach Waagen „etwas Buntes
und Geschminktes" in der Färbung hat, trägt das Datum
1637. Das Suermondt'sche Gemälde ist von tiefem,
Hlühendem Ton, meisterhaft im Helldunkel und durchaus
harmouisch. Daß Rembrandt im Jahre 1631 ein
ähnlich komponirtes Bild des gleichen Gegenstandes (jetzt
in der Münchener Pinaköthek) gemalt hat, schließt hier
seine Urheberschaft nicht aus. (Fortsetzung folgt).

Lammlnngeii imd Ailsstelllmgen.

Lll. Stuttgart. Die „Permanente Knnstausstellung"
führte uus kürzlich ein großes Gemalde von Gustav Schön-
leb er vor, welches dem Beschauer eiuen Blick in eine der
Kanalstraßen Rotterdam's cröffuet. Mit großem künstlerischen
Geschick ist die malerische Wirkung dieser interessauten Scenerie
durch die eigenthümliche Beleuchtung zu einem gewaltigen I
Efsekt gesteigert. Der Kanal selbst, aus welchem ein reger
Berkehr von Kähnen stattfindet, ist sammt dem untern Theil j
der ihn einsassenden originellen HLusergruppen in die Schatten
der Dämmerung getancht, die jedoch transparent genug sind,
um allc Einzelheiten deutlich erkennen zu lassen. Die hoch in
die Lüfte aufragcnden Giebel aber und ein imposanter Thurm
im Hintergrunde sind angeglüht vom intensiven Abendlichte.
Ausgezeichnet ist auch der Himmel mit seinen schleierartigen
Wolken behandelt; das kleine Stück giebt eincn Begriff von
dem unendlichen Gewölbe desselben. Das Gemälde erinnert
lebhaft an gewisse Schöpfungen von Andr. Achenbach; Schön-
leber hat sich manche Vorzüge von der Technik des Letzteren
anzueignen gewußt, wenn er auch von dessen eminenter Durch-
sllhruug noch weit entfernt ist und bei einer weniger geistigeu
Auffassung eine mehr dekorative Wirkung erreicht. Schönleber
(aus Bietigheim gebürtig) erhielt seinen ersten künstlerischen
Unterricht am hiesigen Polytechniknm und wurde dann der
Schüler Lier's. Von Gemälden erwähnen wir ferner das
im „Kunstverein" ausgestellte treffliche Bild von H. Funk,
Professor an der hiesigen Kunstschule, darstellend eine interessante
Partie aus einem „Kastanienwald bei Meran." Besonders !
hervorznheben ist die schöne stilvolle Zeichnung, welche Beweis
ablegl sür die unveränderte künstlerische Krast und Frische
dieses Meisters. — Ferner sei Mittheilnng gemacht von einem
Ankauf der Staatsgalerie. Derselbe betraf eine Landschaft, ^
„Partie aus der Ramsau". ein vorzügliches Werk des leider
in so frühem Alter verstorbenen, mit außergewöhnlichem Ta-

lente ausgestatlet geweseuen E. Reiniger aus Stuttgart. 7^
Für die Entwickelung der Bildhanerei findet sich hier kein
besonders gllnstiger Boden. Da und dort entsteht wohl ein
tüchtiges Werk, aber da die Aufträge spärlich und meist untev
geordneter Art sind, so kommt kein rechter Zug in diese Kunst
— Ein fehr ansprechendes Werk wurde vor einiger Zeit vo»
Prosessor Kopp sür einen Privaten in Bucharr a. F. geschaffen,
eine Grabfigur, in Gestalt eines Engels, der auf dcm Grade
stehend ein Gebet verrichtet. Das Herabgeschwebtsein auf das
Grab auszndrücken, ist dem Künstler namentlich sehr gut ge-
lungen. — Um etwas mehr Leben in die Bildhauerei zu bringeNk
hat die Königin von WLrttemberg an vier junqe württein-
bergische Künstler, H. Bach, B. König, P. Müller und
G. Scheck den Austrag ertheilt, für die Wandnischen der Aula
des Polytechnikums die Statuen von Schiller, Leibnitz, Goethe
und Humboldt zu arbeiten. Mit Ausnahme des „Leibnitz"
von König, der gcgenwärtig nebst andern Arbeiten dieses
Künstlers öffentlich ausgestellt ist, befinden sick diese Stand-
bilder bereits in den Nischen. Jm Großen und Ganzen ist
das Resultat ein gllnstiges zu nennen. Jn sämmtlichen Sta-
tuen offenbart sich entschiedenes Talent und eine mehr oder
minder große technische Fertigkeit. Die gelungenste und zu-
gleich am sorgsamsten durchgeführte Figur ist der von uns
schon früher erwähnte „Goethe" von P. Müller; er ist darge-
stellt mit Kranz und Schriftrolle in den Händen, in stolz be-
wußter Haltung, und mit festem Blicke. Weniger gut ist der
freilich nicht so dankbare „Schiller" von Bach, welcher ein
erhabenes Bild zu fassen bemüht ist, und Gnffel und Manu-
skript bereit HLlt, es zu fixiren. Es fehlt elwas an Harmonie
der Massen uud Fluß der Linien, auch ist der geistige Ausdruck
des Gesichtes kein sehr bedeutender. Der „Leibnitz" von König
ist in der für die Plastik sehr gut verwendbaren Tracht seiuer
Zeit dargestellt, in nachdenklicher Haltung, die eine Hand mit
dem Grisfel unter das Kinn gestemmt, während die andere
sich mittelst einer Schristtafel leicht auf einen Aufbau von Fw
lianten stützt. Das Motiv ist ein recht glückliches und giebt
gute Linien, die Durchführung läßt Einiges zn wünschen übrig
hinsichtlich der Modellirung des Körpers nnd der Ausprägung
des mehr jovialen als geistreichen Gesichtes. Scheck endlich
hat,,Humboldt" dargestellt, sinnend mit leicht gesenktem Haupte,
mit der halbgeschlossenen Linken den Mantel über der Brust
zusammenhaltend, die Finger der Rechten aufruhen lassend auf
einem neben ihm stehenden Globus. Eine weniger flüchtige
Modellirung wäre dieser Figur, besonders bei dem ängewandten
Mlateriale (Gips), sehr zu statten gekommen. Jn dem sack-
artigen, einförmig behandelten Paletot erscheint dieselbe klotzig!
mehr Fleiß und Studium ist auf den Kopf gewendet, doch ist
der Ausdruck desselben ein etwas ängstlicher geworden. Au
allen dreilbereits in den Nischen befindlichen Statuen ist das
auszusetzen, daß sie auf die Architektur, mit der sie zusammcn
wirken sollen, zu wenig Rücksicht genommen. Sie sind sur
die Nischen zu groß, oder sie müßten etwas mehr aus ihnen
herausgerückt sein, ferner gegenüber der feingegliederten Archi-
tektur zn derb in der Masse; was sollen auch in den Nischen
diese schwersälligen Mäntel? Eine schars gezeichnete und man-
nigfaltige, mit der Linie der Nische im tlmriß stimmende, wo-
möglich durchbrochene Silhouette wäre das Richtige gewesen.
(Vgl. die Nischenbilder in der Stiftskirche zu Stuttgart, aw
Schlosse in Llillnchen und Heidelberg und am üotsl äs vitte
in Paris u. a. a. O.). B. König's Statue, die aber wahr-
scheinlich auch etwas zu groß ist, dürfte den letzteren Anfor-
derungen besser entsprechen. B. König, der sich in Berlin
niedergelassen, hat, wie bemerkt, im Festsaale hiesiger Kunst-
schule gegenwärtig diese Leibnitzstatue nebst 17 Werken älteren
und jüngeren Datums seiner Hand ausgestellt. Außer einigen
unerheblichen Genrestücken sind es sämmtlich Porträts, Reliess
oder Büsten, indem dem Künstler bis jetzt zu Anderem die
Muße fehlte. Doch sind es wenigstens größtentheils sehr in-
teressante Persönlichkeiten, welche König, und zwar alle nach
dem Leben, dargestellt hat. Es finden sich darunter der Kaiser
und der Kronprin; des deutschen Reiches, v. Moltke, Gneist,
die Sängerin Diallinger u. s- w. Zu den besten gehört das
Porträt des Kaisers, sowie die ungemein lebensvolle Büste
eines anmuthigen jungen Mädchens und einige von den rei-
zenden Kinderköpfchen. Diese Arbeiten erweisen, daß König
in den letzten Jahren dnrch rastlosen Fleiß große Fortschritte
gemacht; sie zeigen uns den Künstler als einen reinen Natura-
listen, der in Nichts idealisirt, der ein scharfes Auge für das
 
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