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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 13.1878

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Die historische Ausstellung Frieslands zu Leeuwarden im Spätsommer 1877
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Die historische Ausstellung Friesluuds zu Leeuwardeu iiu Spätsommer 1877.

und silberne Becher und Schüsseln in getriebener, cise-
lirter und gravirter Ausschmückung, Tafelgeräthe, da-
runter eiue ebenso kuriose wie große Auswahl friesischer
Luxusartikel, wie Trau-, Gedächtniß- und Sterbe-Löffel,
Silberkästchen und Dosen für Hochzeitsgeschenke, Schmuck-
gegenstände u. s. w. Bei diesen letztgedachten, mehr für
den Massenverbrauch bestimmten Erzeugnissen sriesischer
Goldschmiedekunst war es cigenthümlich wahrzunehmeu,
wie diese Gelegenheitsrequisite in einer Zusammenstellung
aus drei Jahrhuuderten immer dieselben thpischen Formeu
beibehalten, währcnd der Hauptschmuck des weiblichen
Kopfputzes, das sogenannte Ohreiseu, eine um so wechsel-
volle.re Gestaltung zeigt, indem es von der einfachen
Silberspauge sich im Laufe der Zeit zu den silbernen
und goldenen Platten entwickelte, welchc jetzt den gauzcn
Hinterkopf der Friesinuen einkäpseln. Jn den übrigen
Sälen fanden sich dann noch Uhren, Waffeu, Tabaksdosen,
Pfeifenkvpfe und Futterale, Lederarbeiten, Miniaturen
auf Elfenbein und Pergament, alte Drucke, Kleider-
trachten, Gemälde, Aquarelle, Skulpturen und monumeu-
tale Architekturreste, dies Alles in seiner bunten Neihen-
folge gcwißermaßen eingeführt und erläutert durch ein
an den Wänden befindliches, reiches historisches und
artistisches Material vou Urkunden, Karten, Gedeuk-
blättern und Zeichnungen verschiedensten Inhalts. Weun
man dies mehr ethnographische Bild friesischer Kultur-
cntwickelung, welches in sciner Gesammtwirkung immer-
hin imponirte, uuter den Gesichtspunkt artistischer
Würdigung bringt, so blciben allerdings nur wenig er-
wähnungswerthe Stücke übrig, welche noch dazu größten-
theils fremden Ursprungs sind. Denn Friesland selbst
ist jedcm höhereu Kunstlebeu fremd geblieben, uud die hei-
mischeu Erzeugnisse crreichen, viellcicht mit Ausnahme
cinzelncr Leistuugcu auf dem Gebiete dcr Malerei,
höchstcus die Anfangsstufen des Kuusthaudwerks. So
beanspruchtcn in der alteu und mittelaltcrlichcn Abthei-
lung eine wirklich künstlcrische Bedeutung uur eine kleiue
römische Merkurstatuette von ausnchmcnd cdler Be-
weguug, gcfunden in der Terpe zu Piugjum, ferner die
charakteristisch geschuitzteu Chorstühle der alten Martins-
kirche zu Bolsward und eiuige miuiirte Bibel- uud
Horarieubüchcr des 14. uud 15. Jahrhuuderts. Uutcr
den Geräthcn der Nenaissance iuteressirten in dicsem
Sinne zwei getricbene Schüsseln ncbst Schenkkänneu mit
hochreliefirteu Darstellungeu aus dcu Metamorphoseu
Ovid's iuderManier des van Vianen und drei Silber-
becher niederländischer Arbeit, von denen der erste in
hohem reichgegliederten Aufbau als Mittelstück verschic-
dener getriebener Ornameutfelder ciuen Iagdfrics zeigt,
(Eigenthümer Hr. von Eysiugc zu Leeuwarden), der zweite
vou einer Cokusnnß mit drci biblischeu NcliefS gebildet
wird, welche äußerst delikat ciselirte Laubwerk-Liseuen
N>it vortretendeu Portraitmedaillons nach unteu mit dem

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von tektonischen Figuren flankirten Ständer

nach °be»

mit dem reizvoll ornirten Rande verbinden, der -v-ed^^

6ttncbenen Deckel mit Abschlußfigur
' wird, (Eigcnthümer Hcringa Cats v. Ondeschod),
vritte endlich, cin Geschenk dcs Herzogs von Sachst--
sck'ti'.^ Franeker, in Berbindung mit dem ab-
darN-m^"' ^-'ckel den Erdglobus iu geätzter Ausführmig
vm. . r Setragen von einem zierlichcn Fußstück, welchcs
vorsprmgenden Karhatiden und Larven belebt wird.
uch mehrere theils glatte, theils mit Inschriften m-d
p en ornirte Trinkhörner in gravirter Silbernwn-
mung bildeten eiuen Schmuck dieser Abtheilung.

Vollenvung der Ausführung, wie der

stä^ ^°nception ist ein Kunstguß deralten Münz-

e zu Bolsward, ein bronzenes Flachrelief des nieder-

mit °en

uiittleren

Zivickel--

ländischen Celliui, Paulus vanVianen,
drei Göttinnen, die stehende Minerva in dem
Oval, Venus und Juno aber in den oberen ^
der schildartig ausgeschnittencu Platte darstellun,^
der reizvollen Lage der Mcdicäischeu Grabfignrem ^
durch namentlich die zarte Behandlung des -^^-s
vollcn Geltung gelangt. (Eigenthümer Hr- van S M
zu Sneeck). Endlich dürften aus der reichen ---^
lung historischer Bilder hier noch zwei herrliche Pm'
des Wytze van Camminga, Herrn van Auwland
seiner Frau Sophia van Vervan in ganzer .

Wybrand de Geest aus Leeuwarden, deiu -
bruder Rembrandt's, Erwähnung finden, weil I-
auffallender Weise dem großartigen Charakter uiw
wirkungsvollen Lichtgebung des berühmten Meiste-'s --
kommen. och

Der Ausgang der Ausstellung führte dann
durch einen Saal feierlichsten Gepräges. ^

Kopie des Senatssaales der im Jahre 1584 gest-l
und 1811 aufgehobenen Universität Franeker --- ^
gauzen würdevollen Einrichtung der Zeit. ^
mächtigen Ballen-Tisch stchen geschnitzte Lehnsess- > .
dcn Wänden enthalten hohe Regale eine Handbib
in schimmernden Leder- und Pergamentbäuden.
densclben und auf allen Wandflächen hängen d--- ,
uisse zahlreicher friesischer Gelehrter aller F--l--
Auf dem Tische zwischen den mit 'dem Wappen der
schule gekrönten Pedellstäben aus Ebeuholz l-eP
große Siegcl des Senats, umgeben von den verschw c
aufgcschlagenen Albums und Gedächtnißbüchern der
denten. An dem einen Tischcnde cndlich prangl
monumentale, äußerst blauk geputzte Messingklinge
einer zierlichen Bacchusgestalt als Handgriff, ----d ^
Jnschrift am Rande. Wenn schon der traubenspe--d-
Gott einigermaßen in dieser streng wisscnschnst -
Atniosphäre auffällt, sv wirft noch mehr die I--I
ein neckisches Schlaglicht auf die Gebräuche nn -
Thronstätte der Hmu Llutöv, wo mau nnr ----
 
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