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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 13.1878

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Berggruen, Oscar: Die Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause, [3]
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Donop, Lionel von: Preller-Ausstellung in Weimar, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5787#0310

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609

Prcller-Ausstelttmg m Wcimar.

610

Hcrv'i'ne mit rinei» thccitralischcn Stadtgcsicht, das uaiv
lachen svtl, in Wahrhcit abcr cinc rccht garstigc
Griiuasse schneidet, wclche sich sehr nngraziös, dcn grob
gefvrinten nackten Fuf; ans dem Pantoffel ziehend, an
rincin Feldrain nicdergchockt hat, nm don dcr ?ast
cl»cS hiihnergcfulltcn Kvrbes, dcn sie am Riickcn trägt,
»usziiruhciu Ans dicsei» Korbe stcckt cin Hahn scincn
wthen Kainin dcm Bcschauer entgegcn, welchcin nnn
der Witz des Titcls und dcr ganzcn Ersiiidnng bc-
grciflich wird. Niit der Ersindnng hat sich diesmal

Zn nicht geringer Frcude lerntcn ivir eincn bisher
nirgcnds ausgcstclltenWaldiniillcr, cin wahrcsJnwcl,
kcnneii. Ein sehr einsachcs Mvtiv: cin von cincni
Bächlcin dnrchranschte Wicsc, iibcr ivclche cin Hirten-
knabc iin friihcsten Mvrgcn scine Zicgenheerdc trcibt;
abcr ivie ivird die Tagcszcit dnrch das t'alte, schars-
kvntiirirende Frnhlicht charat'tcrisirt, wic inalt sich dcr
zarte svniinerlichc Mvrgcnncbcl iin sarblvscn Wasser
und >vie licgt er anf der dichtcn farbigen Wvlkenivand,
hintcr wclchcr die Sonnc schivcrfällig ihr verschleicrtes

^»ch Kuntz, ein Schiilcr Angeli's, nicht übcrniäßig Haupt einpvrznhcben beginnt! Mit dcn cinfachstcn

6eplagt; das weiblichc Mvdell „ini Atclicr" ivird nach
gcrade langweilig, namcntlich ivenn eS so nnschvn ist,
anf diesem Bildc; das Beiwert' ist virtnvs nnd
»nt jener feinen Tcchnik gemalt, wclche die Bildcr Vvn
Prvbst, cinem Gcnvssen Vvn Knntz i»i Atclicr Angcli s,
»uszeichnet. Eincn schr svndcrbarcn Hciligcn hat der
-^uinchener Hermann Philips in scincr „Bcrsnchung
hi»gestellt. Einem Anachoretcn, der nicht sv vicl prak-
tische Vernnnft besitzen diirfte, wic dcm hcil. Antv-
»ius in der Bilderchrvnik von Busch nachcrzählt ivird,
^Ucheint plvtzlich hintcr dem Stndirlämplcin cin ans
gchcininißvvlle Wcise senrig bclcnchtctes nacktes Francn-
Ziiiinicr, dessen prvblcmatische Neize fiir cin Weltkind
^»hrlich nichts Vcrfiihrerischcs haben; trvtzdem fiirchtct
l'ch der kcnsche Eremit ganz abschcnlich Vvr sich sclbst
»nd birgt sein Gcsicht bang in dic Kntte, statt nach
dciu vvllcn Tintensaß zn grciscn nnd die nngernsenc
Dirnc damit zn taufcn Ivic weiland Dvktvr Blartinns
^» Fiirsten der Hvllc. An grellen, ganz nmnvglichcn
kichtcffekten leistet diescs Bild Unglanblichcs.

Thicrstnck nnd Landschast sind in willkvmmc-
»^r Weise bereichcrt wvrdcn. Änlins von Blaas hat
^i lcbcnsgrvße, siir cin Schloß in Ungarn bestimmte
Pscrdebildcr geliefert, die sich i-bcrall sehcn lasscn
kvnnen. Ein englischer Fuchshcngst, Vvllblnt, nnd cine
sngtische Stutc sammt Fvhlen, Halbblut, iverdcn nns
n» Stalle Vvrgcsnhrt, so daß dic IMiZv Ansmciksam-
k«t des Beschaners auf die cdlen, prächtig charakte-

^isirten

und virtuos gcmalten Thicre sällt. Das

. he Doppelporträt zweicr vierjähriger Jrländcr,

Esppisch

P,- derschlungenen Hälsen cine hiibsche, allen
st,^"srvunden ivvhlbekanntc Stcllnng cinnehmen, prä-
A, kich in ciner iippigen Pußta-Landschast, wclche
Schäsfer in trcffcndcr Charakteristik nnd !
sii ^ ^Ehandlung dem Thierbildc sv gcschickt beigc- I
rcl' ^ie Kvrpcr in ciniger Distanz sich mit

^r ^^kigcr Plastik aus dem warm bclenchtctcn Hintcr-
r abhcben und dic fcinhufigcn Beinc ans dem
^ !s» Grasc fvrmlich heraustreten. Jn malerischcr
^iehung ist dicses Bild das gclungenste; der rcinc
» .^ksnian sreilich wird ohnc Zwcifcl dcm nnge-
kcbendigcn Bollbliit-Fnchs dcn Vvrzug gcben.

Mitteln, vhnc atle Kiinstclei, sind da packende, der
stlatnr abgcriiiigcne Esfct'te hervvrgebracht, wic sic gar
mancher Landschaftcr nicht einmal zn schcn, das hcißt:
mit Bcivnßtscin ivahrznnehmcn vcrmag. Eine an-
mnthigc, hübsch cmpfundene »nd ivirkilngsvvll be-
lenchtctc Vcdnte vvm Gvlf Vvn Salcrnv hat Seelvs
ansgestcllt; sie ist tiichtig nnd svlid gemalt ivic alle
Bilder dicses altbcwährtcn Bicistcrs. Schr virtnvs
behandclt nnd vvn reizvollcm malerischem Effckl ist
das „Mühlstnrzhorn" vvn Th. v. Hvrmann; das
Bild läßt nnr nichr stinhc im Vvrtrage zn ivünschen
übrig. Dic Tvrfgegend bci Angsbnrg hat Wilhclm
Wvrnle sehr charaktcristisch dargestcllt. Skizzcnhast
in dcn Dctails, arbeitct daS Bildckicn glücklich ans einc
vvlle Gcsanimtivirknng hin; bci Arbcitcn in grvßercn
Dimensionen dürftc sich jedvch diese Methvde nichl
bcivährcn. Die Weimarer Landschaftcr vertrilt dcr
iinsere Ansstellnngcn slcißig bcschickcnde Barvn vvn
Glcichcn-Rnßwnrm mit ciner anmnthigcn Flnß-
landschast. Thevdvr Schüz bringt cinc ivürttcm-
bcrgische Frühlingslandschaft, ivclchc dnrch pvctischc
Kvmpvsitivn, stieiz der Stimmnng nnd lcichtc, dnsligc
Ansführung in ungcivvhnlichcm Blaaße scssclt. Das
ist in dcr That cinc jcncr dentsch cnipfnndcncn Land
schaftcn, ivelchc immer seltcner ivnrden, jc mchr nnscre
Landschaster sich d!c Malwcise dcr Nachbarn von jenseits
des Nheines angecignel habcn; daß indcß Bcides ivvhl
vercinbar ist, zeigt diescö schvnc Bild.

Oskar Bcrggrucn.

Prcller-Ausstellmig in weimar.

(Schluß.)

Nvch Vvr der crsten Wandernng Preller's nach
Italien ist Vvn Gvcthc*) das bezcichncnde Urthcil ge-
fällt, daß das Heitere, Anmnthigc nnd Liebliche viel-
lcicht nicht in dcr eigcntlichcn Ziichtnng seines Lialn-
rells gelegen nnd vielmehr das Ernste, Grvßartige,

") Vgl. Gesprachc mit Gocthc in den letztcu Jahrcn seines
Lebens. Vo» Johnnn Peter Eckcrmnnn. Dritter Theil.
Leipzig, F. A. Brockhaus, 1818. S. N2—1I«>.
 
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