Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 13.1878

DOI Artikel:
Wurzbach, Alfred von: Ein englisches Urtheil über Rembrandt's große "Erweckung des Lazarus"
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5787#0267

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
523


Ein englisches Nrtheil über Rembrandt's grotze „Erwecknng des Lazarns'

an all jenen Zeichnungsfehlern, welche dieses Blatt
zur Schau trägt, ist Vliet gar nicht zu verkennen. —
Was aber Middleton zumeist auffällt, ist, daß auch
dieses Blatt die Bezeichnung ,,vnn tdvn" trägt, die-
selbe Bezeichnung, der wir auf sechö weiteren von
Vliet uach Rembrandt's Zeichnungen radirten Blättern,
nnd nur auf diesen, begegnen. Bei Rembrandt selbst
aber, bemerkt Middletvn, ist diese Bezeichnnng unge-
wvhnlich, ivenugleich sie angeblich anf mehreren seiner
Bilder vorkonunen soll. Schließlich faßt der Autor
sein stlcsnmk dahin zusammen, daß wir in dem Laza-
rus wohl die Zeichnung Jiembrandt's vor uns haben,
daß aber der grvßte Theil dessen, was wir sehen, das
Werk Vliet's sei.

Wir haben in den vorstehenden Zeilen den Ge-
dankengang Middleton's gewissenhaft wiedergegeben
und nnr sür die Sache selbst UnwesentlichcS nbcrgangeu.
Die Bemerknngen des englischen Kunstkritikers enthal-
ten viel diichtiges; die Fchler in der Zeichnnng, die
widerlichen Physiognomien, die silumpen Hände sind
vorhanden; anch technische Schwächen lassen sich nach-
Iveisen, nnd wir wollen einstlveilen mit Middletvn
annehmen, daß diese stkadirnng ein Werk van Bliet's
sei, vhne dabei den anßervrdentlichen Charakter der
Kvinsivsition, den auch Biiddletvn zugiebt, einen Angen-
blick verkennen zn Ivvllen; denn Middleton selbst sagt,
dieser Lazarus ivnrde Vvn Vliet cbensv nach einer
Zeichnnug Renibrandt's radirt, Ivie der erwähnte
Hiervnyinus; nnd zlvar nnter den Angen des Meisters.
Jn diesem Falle kanu dvch kein Zweifel vbwalten,
daß Vliet, alS er die Platte radirte, ein ebenso gnter
Zeichner war, alö er ii» Jahre 1031 gelvesen, in
Ivelchein er eben jenen Hieronymns radirte. Minde-
stenü Ivar er in dem einen Falle ein ebeusv gnter
Zeichner als in dem anderen, ja eher nvch ein besserer,
deiin Nliddleton »immt an, daß der Lazaruö im Jahre
1033 alsv zwei Jahre später entstanden ist, »„d eS
ist anznnehmen, daß Vliet in diesen weiteren 2 Jahren
nnter Rembrandt'S Veitnng etlvas gelernt habe. Dann
dürften aber wvhl diese Kvmpositivnsfehler, diese
plnmpen Hände, diese Geberden schvn anf dem Ori-
ginale vvrhanden gewesen sein. Eö ist anzunehmen,
daß das Original selbst diese Aiängel gehabt habe,
denn Ivenn Vliet im Jahre 103 l den Hiervnpmns
und andere Blätter Rembraiidt'ü vhne vder m it aus-
sallenden Fehlern kvpirt hat, sv Ivird dies ivvhl anch
mit dem Lazarnö der Fall gewesen sein.

Middtetvn spricht serner vvn dem dritten Platten-
zustande im British Mnsenm und den mit dem Pinsel
auf beiden Seiten rvh angedeuteten Barianten, dnrch
Ivelche sich der 4. Platteiizustand von dem 3. nnter-
scheidet. Dieser Abdruck scheint in der That derjenige
gewesen zn sein, der als Vvrlage für Lie vorznneh-

52k

meinen Kvrrekturen diente. Aber — ivas,

> shageil, ivnrde nnn kvrrigirt? Die Technik?
l«,«', ^^stck) bw -3dee, die Erfindnng >st oc>"
s t^ V welche man frnher vom Rückc»

- un in deren Gesicht svnsit das Entsetzen libcr deu
' 'fersiehenden Lazarns nicht znm Ansdrnck kani, -st
1-- gi>telit, daß i» shvcm Prvfit dieser Ansdrnä
^» -vage tritt. Die Korrcktnr rührt ge-
w.-ß "E---and Underem her, als nur Vvn Rc-m-
Middtctvn ist dieser Ansicht. Avcr in
meßm Faite Ivurde ja isicht der Nadirer kvrrigirt, der
anf der Ptatte darstellen kvunte, ivas er ent-
er anf dieser setbsi oder in einer anderen Zeich-»'»!!
»r >ich hatte, svndern Ncmbrandt hat dansit se»'r
^'"0 ..wee, svnsit sich stlbst verbessert; derjcnige, der
e 6-ehler, welche begangen worden sind, begangen
e, nai svnsit ,siPl der angebliche Radirer Vliel
sätta'"^--'""" Ncmbrandt, der Erfinder dcr Zdee
. '!!"» nngeachtet mvge nvch iminer Bliet dn

>adirte Platte nach dicser Andentnng Re-»'
>>-,<"'>^s Haben,', nach diescn Pinselstriche"'

enliii Klepeii, deren eigentliche Bedeutnng »>"
«-.r^ä-^-" ^^"»t sein kvnnte, der sie gemacht hatle-

ä2t,t """"'Ohr die Fran itts Pn-st'

P ^ "'cht Ivvhl denkbar; ivenn diese Ker'

sv t!« «»»» Anderen hätte inaßgebend,H»

n-i-t, i'» Rembrandt ebcnsv genan g»

Z chuet, ivw alles Ilebrige; da aber die Kvrrektnr »>«'
2?m"2-"'"^beud >var, genügten ihni ei.»P
ei Piiiselßriche; er, Rembrandt, Ivnßte genan, »»«'
, /'t tä ^iet hätte es aber uie gew»stt

'»° hatte a„s ihrer Nachbilduug ivahrscheinlich »l^
c iiie eh(-r hcrauSgebracht, ats die Jdec Rembrandls'

dnät"'" Stiitzpnntt der Middtetvn'schen Krü'-

nchans nnhaltbar, ebensv wie die inkvrrekte Zeich»»"--'
'»Uner F.gnren. Kein Genie tvmwt als ein kvrre«
cr Ze'chmn- z„r Wett; den ...enschlick.en Kvrper ab«

iii,?!,"'!'^^'^""^" aeichm-n zn tvmie»,

> i nat? l'! ^'l'recangen F.eißes, welches B-e.e
wmals errerchen. Rembrandt hat cö in anßervrde»«
A", Grade erreicht, aber gebvren wurde er nsit d»P'
»ertigkeit mcht.

Middletvn behauptet ferner, daß die tech»'!^
Mhand nng vtwas für Rembrandt besren.dendes a>w
s>!>- ! iie ist nvch weit befreindt-nde'

Mei»ä"!/t^' trvtzdem Vvn einer sv'ck«''

' e'schast w,e sie Vtiet trvtz seines Hiervn»»»"

L wää "7"^^ ist, s» lange er nnter Re»«

andtv AWen arbeitet, ei„ bedmtender KÜ-'st-s''
2>. verfM n.id versinkt « '"

bo enlvse W.derlichkeit, i„ keincm einzigen Blatte
ul i vr eme sv sichere Nadet, wie in diesen. ver.nei» '
Uck) vo» ihm radirten Lazarus. Dies wäre anff»«-"°'
 
Annotationen