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Die Jahresausstellung im Wiensr Künstlerhause.
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unter fiiuf Bildnisseu keiu eiuziges in Kostiiiu. Seine
Arbeitcn sind, wie immer, cin Werth sehr ungleich;
zwischen seinem schlechtesten und seinem besten Bilde
liegt mitunter eine solche Klnft, daß man kanm dic
Hand desselden Kiinstlers zu erkennen vcrmag. Am
ansprechendstcn erscheint diesmal das Kniestiick cines
sitzenden Mannes in der Mitte der Fiinsziger, das
kräftig modellirt, encrgisch charakterisirt und kolvristisch
sehr tüchtig dehandelt ist; daß dieses Porträt direkt
an die Art des Jordaens erinnert, darf dei der don
uns wiederholt analysirteu Malweise Canou's nicht
Wunder nehmen. Lafite ist bei seiuem Porträt einer
dornehmen alten Dame in moderner Gesellschaftstoilette
sehr gliicklich gewesen; ein weibliches Porträt in Kostiim
dagegen ist, trotz der guten malerischen Behandlnng,
gänzlich mißrathen. Durch hüdsche Aufsassung, fcine
kvloristische Empsindung nnd geschickte Durchfiihrnng
zeichnet sich das Porträt eines jungen, reich gekleideten
Mulatten don Lonise Codecasa aus. Bei dem
Kostümporträt cines vornehmen Herrn im krästigen
Mannesalter don Fux muß man dedauern, daß das
charakteristische, zu wirkungsvoller malerischen Gestal-
tung sv geeignete Mvdell an eine recht schwache Hand
gerathen ist. Mit der skizzenhast hingcschleuderten,
rnppigen Behandlung des Kopfes mvchte der Maler
vielleicht sich „genial" gederden wvllen; der unde-
sangene Beschauer aber muß diese Art vvn Malerei,
welche nicht einmal das Stvffliche zn bewältigen ver-
mochte, einfach ungeuügcnd finden. Haltung und Er-
scheinung des Bildnisses — das Einzige, was an dem-
selben befriedigt — sind lediglich ein Verdienst des
Originales; daran ließe sich selbst adsichtlich nichts
verdcrben. Ein Damenpvrträt von Franz Ruß —
dem Jüngeren — ist vvm Halse abwärts trefflich ge-
malt; der pikante Kopf ader leidet nnter dem ganz
mißlungenen rembrandtisirenden Kolvrit. Daß man
durch ansgiebige Verwendung Vvn gvldgelben Tönen
im Fleisch den Rembrandt'schen Goldtvn ebensvwenig
erzeugcn kann wie das Helldunkel dieses Meisters durch
ticfe Schatten auf der einen nnd scharfe Lichter auf
der audereu Bildhälfte, beweist auch ein wnnderlicher
Studienkopf desselben Künstlers. Er stellt ein junges
Mädchen im deilänfigen Kvstüm der sattsani dekannten
„Judenbraut" dar, welchcs aus eincm vvalen, vvn der
bestrenommirten Firma „Gerard Dov sel. Erdcn" be-
zogenen Steinrahmen erwartungsvoll in die Welt
hinausguckt; damit ettvaige Heirathskandidaten nicht
lange zu fragen brauchen, ist das Nativnale: „6ornsliu
lisindrunäti Nsp:" deigesetzt. Dieser guten Nichte
schadet es nichts, daß sie jetzt schvn an die zweihundert
Jahre im Grade liegen dürfte; hätte sie bis heutc am
Fenster gestandcn, so würde sich auch kein Freier ge-
meldet haben. Jnteressant ist ein weidlichcr Studien-
ki.sf-.von Defregger, eine wittvcnhast gewandete,
innene blickende junge Frau von durchgeistigtcr An-
wäre uicht die feste Zeichuung da, sv wurde
mml, „ach Ausdruck und Kolorit. dicse Dame aus den
^ufcn. Der mänuliche Studicnkvpf
ic„e bcn KiinstlcrS dagegcn ist echtcr Defreggcr, anch
c-ne e av -viroler Kvstüm alS svlchcr weithin kenni-
'D Em männlicher Studienkof vou Sckilchcr
Mchuet ,-ch durch breite Behaudlnng und cnergisch-
^raktenprung aus. Hübsche Begabung Vvrräth dcr
d > uusgefaßte, in-sattem Kolorit tvirkuugsvoll ans-
gearckeitete Studientopf von Ch. v. Msrode; diesc
6 ü) e Greisin gefällt viel mchr als das aufgedvn-
-wrtc Porträt einer jungcn Frau. welches der strebsanic
»runlttiinger vorgeführt hat, vbgleich es nicht ans-
stellungsreif ist. - v /
U Genre hat durch eiu Bild aus EgYPtc»
^rabische Bettler" von Hans Ludtvig Fischer cinc
ereicherung erfahreu; an Schärfe der Charakteristik
Darstelluug, iusbesvndere an WahrheÜ
n n E^o^.E'-^uchtung, läßt dieses kleiue stimmnngs-
v c Biw nichts zu wünschen ubrig. Wilh. Kra')
M abermals Nixenbilder, scine ziemlich altmvdischc
ezia itat, prvduzirt nnd abermals dargelcgt, daß
r „mvu egläuzter Zaubernacht" uud aus nacktc»
Marcheuweibern „och lange kein romantisches Bild
hcrauslvmmt. tveuu zum Nitt iu'S alte rv.i.ai-tischc
lah"-er Pegasus zu Gebvte stcht. Seinc
-. ^lsc" tvnute ebcnsv gut eiue Zivilsingv-
^-arlitt'scheu „Gvldclse" sein, und vvr
h - v Zllnstrativn zum Gvthe-Schubert'schen „Fischc-"
ttre ,ich Schwind, der Meister deS WasserzaiiberS,
m Grabe umdrehen. Diese Nixe mit ihrer grazM
N I^'"^.'^""''^l"cgilug kvuute vielleicht als netter
acysich bci eiuem Lesekränzchen eincn fvrschcn Br.'der
u w veiführen, sich trinkmuthig iu die Fliithe»
nes Zum zweiten Male gefülltcn Theckcsscls zu st--rzcn,'
ü aber, welches unS die univider-
rchliche eleu.cntare Gewalt des WasserS glaubhaft
di^'^r -r-cht. Wcnig gliicklich -h
cma -vuliuS Kronberg mit eiiiem prätentivsc»'
a--f acchische Btvtive gebauten Friese; dic Kvmpvs-'
tton ist zerfalleu. die Foriugebung derb und daS
Kvlvnt hart, schreiend, unschvn. Wcit ungliicklicher
-ni) ist .Nignvn's rührendes Bild in der Darstellling
-- Er-
dic
von Weisser aus Stuttgart ausgefallcii, .
finduug lehnt sich bis in's Detail dcr Formcn "
crr.:.-c-o -.-> ... obne Ic»
deS Beiwerks stark an Gabriel Mar an, vhnc
der
poctische Wirkung zu erzieleu, und vriginell
zigeunerhaft braune Teint, welchen der Malcr -
gcheimuißvvllen Kindc des Südcns verlciheii Z"
geglaubt hat. Wertheimer's „Hahn im Korbc
buchstäblich zu nehmen: eine jungc Dorfgesch--l'
Die Jahresausstellung im Wiensr Künstlerhause.
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unter fiiuf Bildnisseu keiu eiuziges in Kostiiiu. Seine
Arbeitcn sind, wie immer, cin Werth sehr ungleich;
zwischen seinem schlechtesten und seinem besten Bilde
liegt mitunter eine solche Klnft, daß man kanm dic
Hand desselden Kiinstlers zu erkennen vcrmag. Am
ansprechendstcn erscheint diesmal das Kniestiick cines
sitzenden Mannes in der Mitte der Fiinsziger, das
kräftig modellirt, encrgisch charakterisirt und kolvristisch
sehr tüchtig dehandelt ist; daß dieses Porträt direkt
an die Art des Jordaens erinnert, darf dei der don
uns wiederholt analysirteu Malweise Canou's nicht
Wunder nehmen. Lafite ist bei seiuem Porträt einer
dornehmen alten Dame in moderner Gesellschaftstoilette
sehr gliicklich gewesen; ein weibliches Porträt in Kostiim
dagegen ist, trotz der guten malerischen Behandlnng,
gänzlich mißrathen. Durch hüdsche Aufsassung, fcine
kvloristische Empsindung nnd geschickte Durchfiihrnng
zeichnet sich das Porträt eines jungen, reich gekleideten
Mulatten don Lonise Codecasa aus. Bei dem
Kostümporträt cines vornehmen Herrn im krästigen
Mannesalter don Fux muß man dedauern, daß das
charakteristische, zu wirkungsvoller malerischen Gestal-
tung sv geeignete Mvdell an eine recht schwache Hand
gerathen ist. Mit der skizzenhast hingcschleuderten,
rnppigen Behandlung des Kopfes mvchte der Maler
vielleicht sich „genial" gederden wvllen; der unde-
sangene Beschauer aber muß diese Art vvn Malerei,
welche nicht einmal das Stvffliche zn bewältigen ver-
mochte, einfach ungeuügcnd finden. Haltung und Er-
scheinung des Bildnisses — das Einzige, was an dem-
selben befriedigt — sind lediglich ein Verdienst des
Originales; daran ließe sich selbst adsichtlich nichts
verdcrben. Ein Damenpvrträt von Franz Ruß —
dem Jüngeren — ist vvm Halse abwärts trefflich ge-
malt; der pikante Kopf ader leidet nnter dem ganz
mißlungenen rembrandtisirenden Kolvrit. Daß man
durch ansgiebige Verwendung Vvn gvldgelben Tönen
im Fleisch den Rembrandt'schen Goldtvn ebensvwenig
erzeugcn kann wie das Helldunkel dieses Meisters durch
ticfe Schatten auf der einen nnd scharfe Lichter auf
der audereu Bildhälfte, beweist auch ein wnnderlicher
Studienkopf desselben Künstlers. Er stellt ein junges
Mädchen im deilänfigen Kvstüm der sattsani dekannten
„Judenbraut" dar, welchcs aus eincm vvalen, vvn der
bestrenommirten Firma „Gerard Dov sel. Erdcn" be-
zogenen Steinrahmen erwartungsvoll in die Welt
hinausguckt; damit ettvaige Heirathskandidaten nicht
lange zu fragen brauchen, ist das Nativnale: „6ornsliu
lisindrunäti Nsp:" deigesetzt. Dieser guten Nichte
schadet es nichts, daß sie jetzt schvn an die zweihundert
Jahre im Grade liegen dürfte; hätte sie bis heutc am
Fenster gestandcn, so würde sich auch kein Freier ge-
meldet haben. Jnteressant ist ein weidlichcr Studien-
ki.sf-.von Defregger, eine wittvcnhast gewandete,
innene blickende junge Frau von durchgeistigtcr An-
wäre uicht die feste Zeichuung da, sv wurde
mml, „ach Ausdruck und Kolorit. dicse Dame aus den
^ufcn. Der mänuliche Studicnkvpf
ic„e bcn KiinstlcrS dagegcn ist echtcr Defreggcr, anch
c-ne e av -viroler Kvstüm alS svlchcr weithin kenni-
'D Em männlicher Studienkof vou Sckilchcr
Mchuet ,-ch durch breite Behaudlnng und cnergisch-
^raktenprung aus. Hübsche Begabung Vvrräth dcr
d > uusgefaßte, in-sattem Kolorit tvirkuugsvoll ans-
gearckeitete Studientopf von Ch. v. Msrode; diesc
6 ü) e Greisin gefällt viel mchr als das aufgedvn-
-wrtc Porträt einer jungcn Frau. welches der strebsanic
»runlttiinger vorgeführt hat, vbgleich es nicht ans-
stellungsreif ist. - v /
U Genre hat durch eiu Bild aus EgYPtc»
^rabische Bettler" von Hans Ludtvig Fischer cinc
ereicherung erfahreu; an Schärfe der Charakteristik
Darstelluug, iusbesvndere an WahrheÜ
n n E^o^.E'-^uchtung, läßt dieses kleiue stimmnngs-
v c Biw nichts zu wünschen ubrig. Wilh. Kra')
M abermals Nixenbilder, scine ziemlich altmvdischc
ezia itat, prvduzirt nnd abermals dargelcgt, daß
r „mvu egläuzter Zaubernacht" uud aus nacktc»
Marcheuweibern „och lange kein romantisches Bild
hcrauslvmmt. tveuu zum Nitt iu'S alte rv.i.ai-tischc
lah"-er Pegasus zu Gebvte stcht. Seinc
-. ^lsc" tvnute ebcnsv gut eiue Zivilsingv-
^-arlitt'scheu „Gvldclse" sein, und vvr
h - v Zllnstrativn zum Gvthe-Schubert'schen „Fischc-"
ttre ,ich Schwind, der Meister deS WasserzaiiberS,
m Grabe umdrehen. Diese Nixe mit ihrer grazM
N I^'"^.'^""''^l"cgilug kvuute vielleicht als netter
acysich bci eiuem Lesekränzchen eincn fvrschcn Br.'der
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ü aber, welches unS die univider-
rchliche eleu.cntare Gewalt des WasserS glaubhaft
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tton ist zerfalleu. die Foriugebung derb und daS
Kvlvnt hart, schreiend, unschvn. Wcit ungliicklicher
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-- Er-
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von Weisser aus Stuttgart ausgefallcii, .
finduug lehnt sich bis in's Detail dcr Formcn "
crr.:.-c-o -.-> ... obne Ic»
deS Beiwerks stark an Gabriel Mar an, vhnc
der
poctische Wirkung zu erzieleu, und vriginell
zigeunerhaft braune Teint, welchen der Malcr -
gcheimuißvvllen Kindc des Südcns verlciheii Z"
geglaubt hat. Wertheimer's „Hahn im Korbc
buchstäblich zu nehmen: eine jungc Dorfgesch--l'