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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

DOI issue:
Heft 4 (Januar 1932)
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Bauer, Clemens: Proletariat
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0265

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kapitalisLLschen. ProleLariaL gehörL als noLwendiges soziologisches KorrelaL
dem enLwickelLen KagiLalismus und vor allem IndusiriekapiLalismus zu. Zur
Arbeitsverfassung der freien Lohnarbeit als ökonomischer VorausseHung der
ProleLariLäL mnß die spezifische Dynamik einer markLmäßig versaßten WirL-
schafts- und GesellschafLsordnung LreLen.

Für die hisiorische EnLwicklung des ProleLariaLs sind also entscheidend: die
Umformung der Arbeitsverfassung, der Wandel der GesamLsozialsirukLur und
der vorkapitalisiischen Sozialsormen, die EnLsalLung einer völlig kapitalißisch
organisierten WirLschafL und insbesondere die Technisierung des KapiLalismus.
Dazrr LriLL als wesentlicher FakLor für die proletarische BewußLseinsbildung
ein sich wandelndes SozialeLhos, denn zum mindesten auf europäischem Boden
ist das ProleLariaL in seiner heutigen geistigen GeßalL und das ideologische
KorrelaL der ProleLariLäL bedingt durch die geistesgeschichLliche EnLwicklung
seit der Anfklärung und durch die EigenarL des kapitalistischen Dnrchbruchs
in die vorkapitalistische WerLwelL.

II.

Faßt man die GeschichLe des modernen ProleLariaLs auf als kontinuierliche
Geschichte der breiten proletarischen SchichL in den Ländern des europäischen
KapiLalismus miL der Anfgabe, die KontinuiLäL der SchichL von der Gegen-
wart bis in die Llnfänge der ProleLariaLsbildung zurückzuverfolgen, das heißL
vor allem die soziale HerkunfL des ProleLariaLs zu klären, dann ist mit
dieser GeschichLe erst zu Ende des 18. IahrhunderLs einzuseHen, miL dem
breiten Durchbruch des Kapitalisnms in England und Frankreich. Denn
ProleLariaL entstehL erst seiL diesem großen Durchbruch des IndustriekapiLa-
lismus. 2lber Prolekarier gibL es bereits weiL früher, seiL der allmählichen
EnLstehung freier LohnarbeiL als ArbeiLsverfassung für eine Reihe von Ge-
werben, und eine Schilderung des Werdens des ProlekariaLs hat vor allem
an eine Darstellung dieser objektiven ökonomischen VorausseHungen der Pro-
letaritäL anzuknüpfen.

Das Bild der realen miLLelalterlichen und merkanLilistischen WirLschafL ist
gerade in bezng auf die ArbeiLsverfassung unter dem Einfluß der Überwer-
Lung der zünftischen Organisation vielfach stark verzeichneL worden. Die
ZunfL als sozialorganisatorisches Gehäuse der WirtschafLer konnte durchaus
weiterbestehen, auch wenn Latsächlich die ArbeiLsverfassung berer'Ls weitgehend
umgestellL war und der einzelne handwerkliche Betrieb als Ganzes praktisch
nur auf Lohn arbeitete, so daß die ArbeiLshierarchie Meister—Geselle—
Lehrling nur mehr eine juristisch-disziplinäre Qualifizierung unter auf Lohn-
arbeiL GeseHLen darstellte. Diese Umformung der ProdukLion von selbständig
im BesiH der ProdukLionsmiLLel befindlichen und für einen engeren oder wei-
Leren MarkL arbeitenden Handwerkern in praktisch auf LohnarbeiL geseHLe
Meister, die dazu noch den Großteil des Nisikos Lragen, vollzieht sich überall,
wo es sich um EpporLgewerbe handelt, die unter die LeiLung der Händler
geraten, die zu IlnLernehmern werden und als OrganisaLionsform dieser Un-
Lernehmnng die Form des Verlages selbständiger Handwerker — Leils ein-
zeln, Leils in ganzen ZünfLen — benüHen. Die Stufen dieser Umformnng
umfassen alle Zwischengrade vom EigenbesiH der Lechnischen ArbeiLsmiLtel
und MiLeigentum am Produkt bis zur völligen LohnarbeiL, nur daß sie eben

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