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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

DOI Heft:
Heft 8 (Maiheft 1932)
DOI Artikel:
Michel, Wilhelm: Die Kluft zwischen den Generationen
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0547

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smd. BreiL und wert muß diese neue WelL sein, der wir enLgegengehen. Denn
sie mnß vieles in sich fassen, das in der bisherigen nicht nebeneinander Plcch
finden konnte: die Mafchine und den lebendigen Menfchen, das Kollektive
und das Persönliche, die KriLik und den Glauben, vieles von den neuen
FreiheiLen nnd vieles von den alLen Bindungen.

Das kämpfL henLe noch wild und chaoLifch gegeneinander und preßL sich wie
dnrch einen engen Eingang in die neuen Ränme hinein. 2lber kann es sich Ln
diesen einmal ausdehnen, dann wird eine nene Zufländlichkeit da sein, in der
auch der Zusammenhang zwifchen den GeneraLionen wieder aufgerichtet ist.
Es wird ein Zuftand da sein, in dem die Erfahrung, das Denken, das geiftig
Gesicherte wieder ruhiger, anch gültiger von den Vätern auf die Söhne über-
gehen nnd von diesen in neues Leben verwandelt werden karm.

Das eigentlich EnLhnllende hat man über die KlufL zwifchen den Generatio-
nen erft dann gesagt, wenn man fchließlich feftftellt, daß sie nicht nnr zwifchen
Menfchen verfchiedener AlLersftufen gegeben ift, sondern miLLen durch die Brufi
jedes hente Lebenden geht. Kein Menfch ift nnr jung, keiner ift nur alt. Wie
das Wagnis hente sich loszureißen ftrebt vom Gegebenen, wie ein Wissen um
Dauerndes vor dem Wagnis warnt — das fteht als empfundener StreiL im
BewußLsein aller heute Lebenden. Das Iugendliche in uns möchte dem Nuf
ins Nieuc grenzenlos entsgrechen, das „Alte" in uns sieht die drohende Ver-
wilderung und ftellt sich fchützend vor die DanerwerLe. Das zeigt deutlich, daß
hier nicht Streit zwifchen 2llLen und Iungen ift, sondern StreiL ift in
der GesamLlage, ein Zucken, ein Neißen ift objektiv im Gefchehen, nnd die
KlufL zwifchen den GeneraLionen ift nur eine besondere Erfcheinung der gewalt-
LäLigen Situation. In den 2lnseinandersetznngen zwifchen 2llten und Jungen
wird dic zerreißende Tendenz dieser Lage dargeftellt und zugleich um ihre Über-
windung gerungen.

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