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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1866

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Nr. 51-63 (1. Mai - 31. Mai)
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242

stmkerhaft-anmaßenden und vornehmthuenden Professormpncks, das !
nur zu lange es verstanden hat, dem Volke den Kopf 'zu berücken.
„Zum Teufel mit dem Gothathum!" ruft der Bote nochmals, und >
fort mit all den Spitzbuben, fugt er bei, die das Vaterland an
die Wälfchen und an Bismarck verschachern, wollen, lallen Blutes,
weil sie eben selbst kein Vaterland haben, weil sie 7ßeemdeu-
legionäre und SoldLmchpeu sind!
Belehrung über eine „Belehrung."
Der „Kraichgaubote" veröffentlicht in Nr. 53 einen Brief,
den er unterm 2. d. M. von Oestringen erhalten, und der :
da lautet: „Für die Belehrung über die „bürgerliche Trauung" !
in der letzten Nummer Ihres geschätzten Blattes ist Ihnen der !
verständigere Theil unseres Volkes gewiß von Herzen dankbar.
Besser ist's allerdings, wenn der Kraichgaubote auf solche. Weise
belehrt, als auf die ihm von dem Bruchsaler Correspondenten
des Heidelberger Schmutzblattes angethanen gemeinen Beschimpfun- !
gen und persönlichen Beleidigungen zu antworten. Jene eckel- '
erregende Schreibweise richtet sich von selbst."
Und was für eine „Belehrung" hat denn der „Kraichgau-
bote" über die „bürgerliche Trauung" gegeben und Wem? Die
„Belehrung" ist einzig und allein an „katholische Christen"
adressirt, und dieselbe ist sogar einem Schreiben des Papstes!
Pius VI. entnommen. Werden da die „Gimpel" nicht aus- ,
sitzen? Doch zur Sache! Das belehrende Blatt sagt in Nr. 51:
„Wenn irgend Jemand noch aus kirchlichen Gründen An- >
„stand nehmen sollte, die bürgerliche Trauung als unchristlich (!) i
„anzuerkennen, vem diene Folgendes zur Nachricht. Als man:
„in Frankreich vor 70 Jahren die bürgerliche Trauung ein-
führen wollte, fragte man beim Papste, dem Oberhaupte der
„katholischen Christenheit, zuerst an, ob er etwas dagegen habe.
„Am 5. Oktober 1 793 antwortete der Papst, daß er
„gegen die Einführung der bürgerlichen Trauung!
„Nichts einzuwenden habe, daß man nur darauf Bedacht i
„nehmen möge, oie Wiederverheirathung Geschiedener zu verhin- !
„dern. (Das Schreiben ist abgedruckt bei vsIdoL, I'sglms äs!
„Vruuss, 2, 246.) „Also du katholischer Christ — fügt der
„Kraichgaubote bei (!) — dein Papst hat Nichts gegen die Sivil- ;
„ehe einzuwenden gewußt; darum glaube nur zuversichtlich (!), j
„daß die Ungeheuern Anstrengungen derjenigen, welche die Ein- !
„führung derselben Hintertreiben möchten, nicht vom Geiste des
„Chriftenthums eingegeben sind, sondern — (wir wollen uns
„schonend ausdrücken) von irgend einem andern Geiste."
Also, katholischer Christ, jetzt hast du es aus dem
Munde des „Kraichgauboten" vernommen, — und darum mußt
du es auch zuversichtlich glauben, — daß dein Erzbift. of
und dein gegenwärtiger Papst Pius IX., wenn dieselben etwas
gegen die „bürgerliche Trauung" einwenden, nicht vom Geiste
des Chriftenthums, sondern von irgend einem andern Geiste ge- !
leitet werden. Da aber der göttliche Stifter des Chriftenthums j
seinen Jüngern allen die Worte zuruft: „Hütet euch vor
den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu
euch kommen, inwendig aber reißendeWölfe sind,"
und: „Sehet zu, daß euch Niemand verführe!" — so
wird es von katholischer Seite doch klug sein, vor der
Hand dem „Kraichgauboten" noch nicht Zuversichtlich zu!
glauben, sondern dessen fromme und christliche Belehrung
etwas näher zu betrachten.
Wir nehmen 1. Anstand, die bürgerliche Trau- !
ung als christlich an zu erkenn en, und Zwar im Interesse
sowohl der Israeliten, die ja auch bürgerlich getrau!
werden, und die gewiß Nichts vom „christlichen" wissen wollen,
als auch der Christen, die am Ende aller Ende durch einen!
israelitischen Bürgermeister ch r i st l i ch ge ür a u t werden müßten.
Wir möchten 2. genau wissen, wer beim Papste anfragte,
als man die bürgerliche Trauung in Frankreich einsühren wollte?
Dem Wortlaute des „Kraichgauboten" nach hätte die französische
Negierung diese Anfrage gestellt. Denn die französische Geist- !
lichkeit wollte gewiß die „bürgerliche Trauung" nicht einführen;
diejenigen aber, welche dieselbe einführen wollten, fragten zu- !
erst beim Papste an, — so berichtet der „Kraichgaubote."
Wie! Robespierre, Marat, Danton und deren College», die da-
mals am Ruder in Frankreich waren, und die unter Todesstrafe .
verboten halten, auch nur den Namen Gott auszusprecheu, s

sollten etwa diese beim Papste angefragt haben? Uebrigens ist
es geschichtliche Thatsäche, daß die" Civitehe nicht erst im Jahre
1793, sondern schon im September 1791 eingefüort wurde, —
und der Papst würde doch nicht über zwei Jahre gewartet
haben, um endlich eine Antwort zu geben. Wenn das bei"Delbos
abgedruckte Schreiben authentisch ist, so folgt daraus noch nicht,
daß Pius VI. die „bürgerliche Trauung" als eine „christliche"
anerkannt habe, sondern es folgt blos daraus, daß' dieser Papst
irgend einem verborgenen Bischöfe oder Priester (denn öffentlich
durften damals Bischöfe und Priester in Frankreich nicht auf-
treten, sonst wären sie um einen Kopf kürzer geworden) geant-
wortet habe auf die Anfrage, ob Personen, die kirchlich getraut
werden wollen, sich vorher „bürgerlich" dürfen, trauen lassen. Sonst
hätte nämlich der Beisatz: daß man nur dar - uf Bedacht
nehmen möge, die Wiederverheirathung Geschiede-
ner zu verhindern, gar keinen Sinn.
Wir werden übrigens über Delbos und sei e Angaben
zurückkommeu.
Unterdessen wollen wir den katholischen und den auch-
katholischen Christen angeben, was Pius VI., Pius VII. und
Pius IX. bezüglich der Ehe geschrieben und gelehrt haben.
In einem an den Bischof von Agria unter dem 11. Juli
1789 gerichteten Breve sagt Pius VI.:
„Die Ehe ist nicht blos ein bürgerlicher, sondern auch em
„natürlicher durch göttliches Recht vor jeglicher bür-
gerlichen Gesellschaft eingesetzter und bestätigter Vertrag."
Im Jahre 1808 schrieb Papst Pius VII. an den damaligen
Bischof von Warschau:
„Es gibt für Katholiken keine Ehe, wenn dieselbe
„nicht nach den kirchlichen Vorschriften geschlossen worden
„ist." — Derselbe Pius VII. erließ untern: 17. Mai 1809 ein
Verbot an die Bischöfe der mit dem Königreich Italien vereinig-
ten Länder, des Inhalts, „daß sie nie die bürgerliche
Trauung vor der kirchlichen Trauung gestatten sollen."
In einem apostolischen Schreiben vom 22. August 1851
verwirft Papst Pius IX. folgenden Satz als ganz irrig:
„Kraft eines blos bürgerlichen Vertrages kann ,,wischen
„Christen eine wahre Ehe bestehen."
Unterm 15. Januar 1866 erließ Papst Pius IX. durch
die Pönitentiarie eine Instruktion, in welcher aus der Lehre der
Kirche, insbesondere aus den Akten des Concils von Trient dar-
gethan wird, „daß bei Katholiken jede Vereinigung Zwi-
schen Mann und Weib, außer dem Sakramente der
„Ehe, wenn die Vereinigung auch kraft des bürgerlichen
„Gesetzes geschlossen wäre, nichts sei als ein schändlicher
„unheilvoller C o n cu b i n a t. Jeder Katholik also, der
„blos in der Civilehe bleibt, ist in den Augen der Kirche
„ein wahrer Co n c u biua r i e r. Sollte es sich ereignen, daß
„aus absoluter Nothwendigkeir die Schließung des Civrlaktes
„vor der kirchlichen Trauung stattfinden muß, so dürfen die
„Contrahenten so lange nicht beisammen wohnen, bis die Ehe
„vor dem Angesichte der Kirche ^geschlossen ist." —
So, katholischer Christ, lehrt dein Papst'!
Der „Kraichgaubote" möge nun offen Farbe bekennet:, und
auf folgende Frage antworten: Ist der katholische Christ,
der blos bürgerlich getraut ist, vor Gott und vor der
Kirche im christlichen Ehestande?

Nachschrift.
stst Heidelberg, 22. Mai. Ein Extrablatt des „Dres-
dner Journals" vom 21. meldet: Der Pariser Congreß ist
allseitig angenommen. Eröffnung nächsten Freitag. — So das
Dresdener Journal. Dagegen sagt tue Postzeitung, man wisse
in Wien noch gar nichts von einem. Congreßvorschlag.
x Schwetzingen, 22. Mai. Wie wir vernehmen, war
Herr Siaatsrath Lamey über die Feiertage hier und in Ketsch.
In letzterem Orte sollen die Katholiken so artig gewesen sein,
ihm ein Stündchen vor den, Einhorn Zu bringen, wo er ein-
gekehrt war. Sie wählten zu ihrem Gesangvortrag das pas-
sende Lied: „Der Bote ans der Palz," weil dieses bis jetzt
Herrn Lamep unbekannt war und den so treffenden und zeit-
gemäßen Refrain enthält: „Zum Teufel mit dem Gothathum!"

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Em Notizbuch
wurde an: zweiten Feiertage auf dem Wege
von Dilsberg nach Neckargemünd verloren.
Gegen Belohnung abzugeben Heumarkt Nr. 4,
Heidelbergs__
Ein braver Junge, der die Küblerei er-
lernen will, kann unter anständigen Be-

i dingungen in die Lehre treten. Näheres
I bei Robert Fauser in Wiesloch. s2ft
Kath. Mannerverein in Petersthal.
Sonntag den 27. d. M. Wahl des Vor-
standes. Um zahlreiches Erscheinen bittet
Der Borftauv.
 
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