Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1866

DOI chapter:
Nr. 129-141 (1. November - 29. November)
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.43883#0549

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext

x KM V 8 V
ff Zs U L


Preis: Vierteljahr!. 40 kr. ohne Träger
lohn u. Postaufschlaa. Jns.-Geb. 2 kr. d.Z

^2 136. Samstag den 17. November 1866.

-- Protestantischer Tendenzproceß gegen den
kath. Pfarrer Hofmann von Hemsbach.
(Fortsetzung.)
2) Die 2 Zeugen von Hemsbach sagen aus, daß an dem in
dieser Gemeinde bestehenden consessionellen Unfrieden nach
der allgemein unter den Protestanten herrschenden Ansicht
Pfarrer Hofmann schuld sei; um Thatsachen befragt, gibt an:
a. Bürgermeister, Bezirks- und Kreisrath Förster: Pf.
Hofmann hat einen Darleihverein für in augenblickliche
Noth gerathene Bürger, dann einen Kranken- und Sterbe-
kassenverein gegründet; da er dies blos für Katholiken und
nicht auch für Protestanten gethan, hat es bei letzteren Un-
zufriedenheit erregt;
Pfarrer Hofmann ist mit kath. Bürgern im Wirthshaus
zusammen gekommen, wo man Reden gehalten und Lieder
mit bekannten Melodien gesungen, was er, Bürgermeister,
in seinem nahen Haufe mit eigenen Ohren gehört habe;
Pfarrer Hofmann verbreite den „Pfälzer Boten" und das
„Mainzer Volksblatt", die den: Volke „einseitige Ansichten"
beibrüchten; es kämen Localkorrespondenzen im „Pfälzer Bo-
ten", die die Protestanten beleidigten;
Pfarrer Hofmann eifere auf der Kanzel in confessioneller
Beziehung; er habe es gehört, von wem? könne er nicht
sagen.
Pfarrer Hofmann habe eine heftige Opposition gegen das
neue Schulaufsichtsgefetz gemacht, in deren Folge keine
Wahlen zum Ortsschulrath zu Stande gekommen seien und
Octropirungen hätten stattfinden müssen.
tt. Gemeinderath Kronauer: Pfarrer Hofmann habe den
Postexpeditor von Hemsbach verklagt, warum? das wisse er
nicht; auch habe er den alten Lehrer Hörst weggebracht.
Sämmtlichen katholischen Zengen, die nun auftraten, wurde
vom Präsidenten die Frage vorgelegt:
Ob ihnen bekannt sei, daß Herr Pfarrer Hofmann in der
Kirche jemals von der Kanzel oder in sonstigen religiösen Vor-
tragen , in Bürgerversammlungen oder Vereinszusammenkünften
etwas Verletzendes oder Gehässiges gegen irgend eine andere
Confession oder deren Mitglieder gesagt, oder zum Haß oder zur
Verfolgung aufgereizt, oder zur Zwietracht unter Gemeindemit-
gliedern Veranlassung gegeben habe; ob der Pfarrer sich in poli-
tische Gemeindeangelegenheiten oder in die Gemeindewahlen ge-
mischt habe, ob ihnen überhaupt etwas Nachtheiliges gegen Pfarrer
Hofmann bekannt sei?
Sämmtliche 16 katholische Zeugen der 3 Orte verneinten
einstimmig und mit Entschiedenheit alle diese ihnen vorgelegten
Fragen und erklärten unaufgefordert, daß ihr Pfarrer stets auf
Friede und Eintracht hingewirkt, sowohl unter den Mitgliedern
der eigenen Confession als mit den andern; daß ihr Pfarrer sich
mit der Gesammtpfarrgemeinde in vollständiger Eintracht befinde;
daß die katholische Gesammtbürgerschaft der 3 Orte in allen kirch-
lichen Zeitfragen und Behandlung der kirchlichen Genreindeange-
legenheiten wie Ein Mann zusammenstehe mit ihrem Seelsorger.
Die beiden Hauptlehrer erklärten noch besonders: Pfarrer Hof-
mann sei ihre einzige Stütze, da außer ihm sich seit der neuen
Schulgesetzgebung Niemand mehr in der Gemeinde um sie und
die Schulen bekümmere, er sei ein Freimd der Lehrer und der
Kinder, und daß in ihren Schulen Zucht und Ordnung herrsche,
sei den: Einfluß desselben auf Ettern und Kinder zuzuschreiben . . .
Auf die weitere Frage des Präsidenten an die Zeugen: wel-
ches die Ursachen des consessionellen Unfriedens zwischen den beiden
Konfessionen seien, und ob sich derselbe erst von dem Amtsantritte
des Pfarrers Hofmann herdatire, antworteten die Zeugen ver-
schieden. Die von Laudenbach sagten aus: in ihrer Gemeinde
beständen die consessionellen Reibereien und Zwistigkeiten schon seit
langer Zeit und so lange es ihnen denke; so oft die Katholiken
ein ihnen zuständiges Recht hätten in Anspruch nehmen wollen,

! sei es ihnen von den Protestanten bestritten worden, und hätte
nur durch Klagen bei den höheren Behörden erzielt werden können;
? eine Anzahl Fälle dieser Art wird von den einzelnen Zeugen
angeführt .... Die von Hemsbach gaben an: in ihrer Gemeinde
fei stets Ruhe und Friede gewesen, bis der jetzige Bürgermeister
Förster vor 6 Jahren drangekommen sei. Unter ihm seien die
Katholiken allmählich aus dem Gemeinderath, den Ausschüssen
und fast allen Gemeindediensten entfernt worden . . Es wurde
nachgewiesen wie hiezu die Gemeindewahlen benützt wurden, welche
Unregelmäßigkeiten dabei stattgefunden, wie die Katholiken deshalb
bei den zuständigen Behörden Klage erhoben und die Wahlen als
ungültig erklärt wurden. Von den: verletzenden Benehmen des
Bürgermeisters Förster gegen die Katholiken und ihren Pfarrer
wurden Beispiele angeführt.
Jin Uebrigen lauteten die Aussagen aller katholischen Zeugen
dahin: es sei ihnen nicht bekannt, daß irgend ein Katholik
jemals Protestanten oder Juden in confessioneller Beziehung be-
leidigt oder gekränkt habe. Die Katholiken wären herzlich froh,
wenn man sie in Ruhe lasse; wohl aber würden sie unaufhörlich
von den Protestanten geneckt, gehöhnt und verächtlich behandelt,
wofür durch die Zeugenaussagen Beweise gegeben wurden. Der
Zorn der Protestanten rühre am meisten daher, weil die Katho-
liken in ihren Kirchen- und Schulangelegenheiten nicht thun
wollten wie die Protestanten und ihre Rechte vertheidigten . . .
Nach dem Zeugenverhör ergriff Pfarrer Hofmann das
Wort; wir geben dessen Vortrag nach den Hauptpunkten:
Er habe in vorliegender Klagsache ursprünglich auf ein-
fache Ehrenkränkung geklagt, weil er gewünscht habe, daß durch
die öffentliche Verhandlung vor dem Schöffengericht in Wein-
heim, vor einer zahlreichen protestantischen und katholischen Zu-
hörerschaft aus der Umgegend constatirt würde, wie grundlos
alle die Gerüchte seien, die man über ihn und seine Pfarrge-
meide wegen confessioneller Unduldsamkeit und kirchlicher Wühlerei
in Umlauf gesetzt habe. Aus dieser Ursache allein habe er
auch diese Klage überhaupt angestellt, da ihm die Persönlichkeit
des Angeklagten und dessen Aeußerungen über ihn sonst ziem-
lich gleichgültig gewesen wären. Er habe ferner gehofft,
daß die Lügen und Verleumdungen, die man seit Jahr und
Tag auch über die Katholiken in andern paritätischen Orten
und Gegenden des Landes gehäuft, hier ihre Widerlegung fän-
den, weil die Verhältnisse in dieser Beziehung sich überall ein-
ander gleich. Nachdem die Verhandlung aber nun vor diesen
hohen Gerichtshof gekommen, verspreche er sich von derselben
ein nicht minder günstiges Resultat für ihn uno seine Gemeinde
und übrigen Glaubensgenossen in weiterer Umgebung. Er
komme zur Sache.
Es sei auffallend, daß der Angeklagte den Thatbestand in
Abrede und doch durch Zeugen zu beweisen suche, daß Alles,
worin er den Pfarrer Hofmann infultirt haben solle, wahr fei.
Er scheine also Angesichts der 4 Belastungszeugen sich von
seinem Leugnen und der günstigen Aussage seines Knechtes
nicht viel zu versprechen, und setze seine Hoffnung auf die
ansehnlichen Zeugen von Laudenbach und Hemsbach, die den
Pfarrer Hofmann als das Ungethüm und Scheusal hinstellen
würden, als welcher ihn der Angeklagte, gleichsam ein Echo der
öffentlichen protestantischen Meinung der Umgegend, declarirt
hätte .... dieser Beweis sei aber gänzlich mißlungen. Nicht
ein einziger der von ihm angerufenen Entlastungszeugen habe
eine Thatsache anführen können, wodurch Pfarrer Hofmann
als Urheber von religiösen Zwistigkeiten oder confessionellem
Unfrieden dargestellt würde; alles was dieselben in dieser Be-
ziehung vorgebracht, sei nicht ihre eigene Wahrnehmung, sondern
Hörensagen, leerer Klatsch, kindisches Gerede; selbst der einzige
Katholik Schott, den sie unter 350 katholischen Bürgern gegen
ihn hätten auftreiben können, habe nichts weiter auszusagen
gewußt, als daß Pfarrer Hofmann ihn zum Vorstand eines
Vereins ohne Mitglieder degradirt, seine Autorität in Lauden-
 
Annotationen