z-s- Nnterschüpf, 22. Nov. Heute wurde dahier Herr
Martin Lotter, bisher Pfarrverweser zu Küzbrunn, durch den
Decan des Kapitels Lauda investirt. Wir wünschen, daß derselbe
die gleicke Liebe und Verehrung hier sich erwerbe, wie dies bei
seinem Vorgänger, dem nach Küzbrunn versetzten Hrn. Pfarrver-
weser Hippler der Fall war. — Zufolge eigentümlicher Ver-
wickelungen befindet sich die hiesige katholische Pfarrkirche in einem
unsäglich schlimmen Zustande. Dieselbe bildet nämlich einen Theil
des früher Leiningen'schen Schlosses, das dem jetzigen Besitzer unter
der Bedingung übergeben wurde, daß er die Kirche unter Dach
und Fach zu halten sich verpflichte. Nun ist aber in Folge vor-
genommener Arbeiten im Schlosse die Decke der Kirche baufällig
geworden und wurde deshalb mit Balken, die in breiten Hebge-
schirren ruhen, gesprießt, was, verbunden mit dem Umstande,
daß an vielen Stellen der nackte Erdboden zum Vorschein kommt,
es fast unmöglich macht, in der ohnehin schmalen Kirche sich einen
Platz zu erobern. Wie man hört, hat sich dieser „provisorische
Zustand" dadurch in die Länge gezogen, daß der Schloßbesitzer
die Decke durch hölzerne Balken stützen zu dürfen behauptet, wäh-
rend andererseits der Kirchengemeinderath eiserne Säulen oder
irgend eine andere weniger störende Vorrichtung beanspruchen zu
dürfen der Meinung ist. Im Interesse der Sache märe zu wün-
schen, daß letztere Ansicht den Sieg erhielte.
E) Aus dem Taubergrunde, 22. Nov. Das hochwürdigste
Ordinariat hat unterm 15. d. Monates an die Herren Decan
Seltzam in Großrinderfeld und Stadtpfarrer vr. Rombach
in Tauberbfichofsheim Nachstehendes erlassen:
„Mit welchem Eifer und mit welch' großer Aufopferung
unsere hochw. Herren Decan Seltzam in Großrinderfeld und
Stadtpfarrer Vr. Rombach in Tauberbischofsheim die seelsorger-
lichen Pflichten in den schweren Tagen des unglückseligen Krie-
ges, welcher in jener Gegend wüthete, ausgeübt haben, ist
auch zu unserer Kenntniß gekommen, und wir hatten bei all'
dem Schmerz über die Trübsale und Leiden den Trost und die
Freude, daß unser hochw. Klerus überall, auch in den schwie-
rigsten Fällen, sich treu in seinem Berufe bewies, für das
Seelenheil der Mitmenschen zu sorgen.
Daß Ihnen von Sr. Majestät dem Könige von Württem-
berg auch eine äußere und eine so ehrenvolle Anerkennung
zu Theil geworden, ist um so mehr zu schätzen, als heutigen
Tages die Feinde Christi die Diener seiner hl. Kirche nur zu
verdächtigen und herabzuwürdigen und dadurch in Ausübung
der hl. Berufspflicht zu erlahmen suchen. Das wird ihnen aber
nicht gelingen, denn uns gilt die apostolische Lehre Gal. 6, 9.
„„Lasset uns im Gutesthun nicht müde werden, dann erndten
wir auch zu seiner Zeit, wenn wir nicht ermatten.""
Karlsruhe, 24. Nov. Großherzog und Großherzogin sind
heute früh mit dem Nacht Schnellzug, von Basel kommend, nach
14tägiger Reise im Ausland dahier eingetroffen.
Deutschland.
Darmstadt, 23. Nov. Gestern gingen die Urwahlen zu
Ende. Soweit sich dieselben übersehen lassen, ist die sogenannte
Fortschrittspartei unterlegen.
Frankfurt, 18. Nov. Ungeheueres Aufsehen macht es
in allen hiesigen Kreisen, daß Baron Anselm v. Rothschild aus
dem hiestgen Staats- und Stadtbürgerverband ausgeschieden
und in den Wiener Gemeindeverband sich hat aufnehmen lassen.
Es handelt sich dabei um eine totale Uebersiedelung des ganzen
Hauses, denn auch für seine Söhne hat er das Wiener Bürger-
recht erworben. Vor einigen Tagen ist dieser Act in Wien
vor sich gegangen. Die Einführung der preußischen Militär-
verfassung in hiesiger Stadt hat überhaupt die Bürgerentlassungs-
gesuche in den letzten Wochen nun auch in den reichen und
vornehmen Classen massenhaft zunehmen lassen, nachdem die-
selben seit der Occupation verhältnißmäßig häufiger im mitt-
leren Bürgerstand geblieben waren. Aus diesem sind, wie es
heißt, bereits zwischen 300 und 400 Familien ausgeschieden.
Rothschilds Beispiel soll zunächst ansteckend auf die reiche
Judenschaft gewirkt haben.
Frankfurt, 21. Nov. Am letzten Sonntag unternahm
es ein preußisch-frankfurter Gensdarm nach der Predigt den
protestantischen Geistlichen Schäfer in seiner Pfarrstube zu be-
suchen und denselben zu fragen, ob er eben das vorgeschriebene
Gebet gehalten. Auf Anzeige des Geistlichen hat der Kirchen-
vorstand wegen dieser Art von Polizeimaßregelung Protest er-
Wben. — Dre Preußenfreunde in Nassau und Kurhessen machen
letzt bedenkliche Gesichter, da die Einverleibung in den Staat
der Intelligenz ganz andere Folgen hat, als diese Pygmäen
hofften. Von Selbstständigkeit des Landes — oder selbst der
kleinsten Gemeinde ist keine Rede, Alles commandirt der Herr
Landrach mit dem Herrn Polizeic om mi ssä r. Die kleinen
Städtchen, welche Aemter und mithin jeden Tag den Verkehr
des Landvolks hatten, verlieren solche — da in Preußen nur
Collegialgerichte existiren. (N. B. L.)
Mainz, 23. Nov. Wir haben unsern Lesern eine tief
betrübende Nachricht zu geben. Es hat Gott gefallen, gestern
Abend KN/2 Uhr den hochwürdigen Herrn Domdecan und Ge-
neralvicar Lennig aus dem Leben zu rufen. Zu einem gast-
rischen Fieber, welches seit etwa vier Wochen sich entwickelt
hatte, gesellte sich in den letzten Tagen ein Catarrh der Respi-
rations-Organe, welchem seine ohnehin in letzter Zeit reducir-
ten Kräfte erlagen. (M. A.)
Wiesbaden, 22. Nov. Heute Abend kurz nach 10 Uhr
starb Hofgerichtsprokurator vr. Fr. Lang.
Edenkoben, 22. Nov. Unsere Stadt befindet sich seit
vorgestern in einer fieberhaften Aufregung wegen des Bankerottes
des Handelsmannes und Banquiers Wolf Isaak. Derselbe ist
flüchtig und hinterläßt ein für hiesige Platzverhältnisse ganz
enormes Defizit. Auswärtige Firmen sind stark betheiligt,
mehrere der wohlhabendsten Bürger hier verliren mehr oder
minder große Bruchtheile ihres Vermögens und was die Sache
zu einer förmlichen Katastrophe stempelt, es gehen außerdem
Ersparnisse einer sehr großen Anzahl Winzer, ja sogar der letzte
Pfennig von Wittwen und Waisen größtenteils, vielleicht ganz
verloren. Wolf Isaak wird steckbrieflich verfolgt.
Augsburg, 22. Nov. Joseph Hartmann, Buchdruckerei-
besitzer und Zeitungsredacteur in Kempten, wegen Vergehens
der Amtsehrenbeleidigung des Generals v. d. Tann angeklagt,
wurde gestern von dem hiesigen Schwurgericht freigesprochen.
Würzburg, 21. Nov. Das „Würzburger Journal" vom
Gestrigen (Nr. 277) wurde, wegen eines Artikels, welcher „Das
Abtreten der Minister v. d. Pfordten und v. Bomhard" über-
schrieben ist, confiscirt.
Stuttgart, 22. Nov. In einem trefflichen Artikel des
demokratischen württembergischen Beobachters: „Wie man
aus der „Realpolitik" zur Realität erwacht", lesen wir: „Täuscht
nicht alles, so beginnt in den neuannectirten Ländern Nord-
deutschlands die Ahnung aufzudämmern, daß Militärismus
weder Liberalismus ist noch sein kann. Scblga aui Scktg^
auf die Häupter derer, die nicht hören wollten und nun fühlen
müssen; der Unterschied zwischen Großpreußen und Deutschland
fängt an so klar zu werden, daß er ihnen in die Augen beißt,
und die von der „Realpolitik" so paradiesisch geträumt haben,
erwachen nun zu einer Realität, die gar grausig damit con-
trastirt. Es ist von Interesse, das im Einzelnen zu verfolgen."
— Mit bitterer Ironie schildert nun der Verfasser, wie in
Kurhessen, in Hannover und Nassau mit den inländischen Fürsten
auch die Verfassung abgeschafft wurde, wie die Bennigsen und
Miquel durch ihre alten Freunde Unruh und Schulze-Delitzsch
„so schlankweg rechtslos erklärt worden . . . „Mich dünkt",
fährt der Verfasser fort, „eine solche Umschau über die Dinge
im Norden hat für die Leute hier im Süden etwas stark Be-
lehrendes. Wenn die Segnungen der neuen Herrlichkeit bei
denen, die ihrer bereits genießen, solche Wirkungen äußern,
wie ich sie eben registrirt habe, so sollten doch die andern
Deutschen nach denselben Segnungen mit etwas weniger Un-
gestüm sich drängen. Auch die neueste Dotationsvorlage, in
welcher die preußische Regierung nicht ansteht, die Helden des
Bruderkrieges aus der deutschen Ländern abgenommenen Kriegs-
beute belohnen zu wollen, sollte meines Erachtens die Wirkung
auf Niemanden verfehlen, der noch einen Nest vaterländischer Scham
in sich trägt." — In den annectirten Ländern knüpft sich be-
reits manche Verwünschung an die Namen der Vorbereiter
dieser Annexion in ihren Heimathländern. Würde es, wenn die
Wünsche der Gothaer in unserm Süden erfüllt würden, hier
anders kommen? Es wird erlaubt sein, daran zu zweifeln.
Aber auch Diejenigen, welche sich so gedankenlos bethören lassen,
hätten einen nicht kleinen Theil der Schuld auf ihre eigene Rech-
nung zu setzen! (N. D. Z.)
Hannover, 23. Nov. Der Zusammentritt des Parlaments ist
auf den 1. Februar festgesetzt. Die Regierungen des Nord-
deutschen Bundes sind davon in Kenntniß gesetzt worden,
— Ueber die Berufung von Vertrauensmännern in den neuen
Provinzen zur Berathung eines Organisationsplanes scheint noch
nichts endgültig festgestellt. Man hält aber eine solche Beru-
fung in nicht ferner Zeit für wahrscheinlich.
Wien, 19. Nov. Der „Nationalzeitung" wird geschrieben:
Herr v. Beust rührt sich gewaltig. Daß heute auch der ungarische
Landtag eröffnet wurde, ist sein Werk, sowie denn auch er
auf die Abfassung des k. Rescripts den bestimmenden Einfluß
nahm. Die Sistirungspolitik müsse um jeden Preis beendet
werden, soll er kürzlich im Ministerathe erklärt und bei dieser
Gelegenheit dieselbe in einer Weise critisirt haben, welche den
Martin Lotter, bisher Pfarrverweser zu Küzbrunn, durch den
Decan des Kapitels Lauda investirt. Wir wünschen, daß derselbe
die gleicke Liebe und Verehrung hier sich erwerbe, wie dies bei
seinem Vorgänger, dem nach Küzbrunn versetzten Hrn. Pfarrver-
weser Hippler der Fall war. — Zufolge eigentümlicher Ver-
wickelungen befindet sich die hiesige katholische Pfarrkirche in einem
unsäglich schlimmen Zustande. Dieselbe bildet nämlich einen Theil
des früher Leiningen'schen Schlosses, das dem jetzigen Besitzer unter
der Bedingung übergeben wurde, daß er die Kirche unter Dach
und Fach zu halten sich verpflichte. Nun ist aber in Folge vor-
genommener Arbeiten im Schlosse die Decke der Kirche baufällig
geworden und wurde deshalb mit Balken, die in breiten Hebge-
schirren ruhen, gesprießt, was, verbunden mit dem Umstande,
daß an vielen Stellen der nackte Erdboden zum Vorschein kommt,
es fast unmöglich macht, in der ohnehin schmalen Kirche sich einen
Platz zu erobern. Wie man hört, hat sich dieser „provisorische
Zustand" dadurch in die Länge gezogen, daß der Schloßbesitzer
die Decke durch hölzerne Balken stützen zu dürfen behauptet, wäh-
rend andererseits der Kirchengemeinderath eiserne Säulen oder
irgend eine andere weniger störende Vorrichtung beanspruchen zu
dürfen der Meinung ist. Im Interesse der Sache märe zu wün-
schen, daß letztere Ansicht den Sieg erhielte.
E) Aus dem Taubergrunde, 22. Nov. Das hochwürdigste
Ordinariat hat unterm 15. d. Monates an die Herren Decan
Seltzam in Großrinderfeld und Stadtpfarrer vr. Rombach
in Tauberbfichofsheim Nachstehendes erlassen:
„Mit welchem Eifer und mit welch' großer Aufopferung
unsere hochw. Herren Decan Seltzam in Großrinderfeld und
Stadtpfarrer Vr. Rombach in Tauberbischofsheim die seelsorger-
lichen Pflichten in den schweren Tagen des unglückseligen Krie-
ges, welcher in jener Gegend wüthete, ausgeübt haben, ist
auch zu unserer Kenntniß gekommen, und wir hatten bei all'
dem Schmerz über die Trübsale und Leiden den Trost und die
Freude, daß unser hochw. Klerus überall, auch in den schwie-
rigsten Fällen, sich treu in seinem Berufe bewies, für das
Seelenheil der Mitmenschen zu sorgen.
Daß Ihnen von Sr. Majestät dem Könige von Württem-
berg auch eine äußere und eine so ehrenvolle Anerkennung
zu Theil geworden, ist um so mehr zu schätzen, als heutigen
Tages die Feinde Christi die Diener seiner hl. Kirche nur zu
verdächtigen und herabzuwürdigen und dadurch in Ausübung
der hl. Berufspflicht zu erlahmen suchen. Das wird ihnen aber
nicht gelingen, denn uns gilt die apostolische Lehre Gal. 6, 9.
„„Lasset uns im Gutesthun nicht müde werden, dann erndten
wir auch zu seiner Zeit, wenn wir nicht ermatten.""
Karlsruhe, 24. Nov. Großherzog und Großherzogin sind
heute früh mit dem Nacht Schnellzug, von Basel kommend, nach
14tägiger Reise im Ausland dahier eingetroffen.
Deutschland.
Darmstadt, 23. Nov. Gestern gingen die Urwahlen zu
Ende. Soweit sich dieselben übersehen lassen, ist die sogenannte
Fortschrittspartei unterlegen.
Frankfurt, 18. Nov. Ungeheueres Aufsehen macht es
in allen hiesigen Kreisen, daß Baron Anselm v. Rothschild aus
dem hiestgen Staats- und Stadtbürgerverband ausgeschieden
und in den Wiener Gemeindeverband sich hat aufnehmen lassen.
Es handelt sich dabei um eine totale Uebersiedelung des ganzen
Hauses, denn auch für seine Söhne hat er das Wiener Bürger-
recht erworben. Vor einigen Tagen ist dieser Act in Wien
vor sich gegangen. Die Einführung der preußischen Militär-
verfassung in hiesiger Stadt hat überhaupt die Bürgerentlassungs-
gesuche in den letzten Wochen nun auch in den reichen und
vornehmen Classen massenhaft zunehmen lassen, nachdem die-
selben seit der Occupation verhältnißmäßig häufiger im mitt-
leren Bürgerstand geblieben waren. Aus diesem sind, wie es
heißt, bereits zwischen 300 und 400 Familien ausgeschieden.
Rothschilds Beispiel soll zunächst ansteckend auf die reiche
Judenschaft gewirkt haben.
Frankfurt, 21. Nov. Am letzten Sonntag unternahm
es ein preußisch-frankfurter Gensdarm nach der Predigt den
protestantischen Geistlichen Schäfer in seiner Pfarrstube zu be-
suchen und denselben zu fragen, ob er eben das vorgeschriebene
Gebet gehalten. Auf Anzeige des Geistlichen hat der Kirchen-
vorstand wegen dieser Art von Polizeimaßregelung Protest er-
Wben. — Dre Preußenfreunde in Nassau und Kurhessen machen
letzt bedenkliche Gesichter, da die Einverleibung in den Staat
der Intelligenz ganz andere Folgen hat, als diese Pygmäen
hofften. Von Selbstständigkeit des Landes — oder selbst der
kleinsten Gemeinde ist keine Rede, Alles commandirt der Herr
Landrach mit dem Herrn Polizeic om mi ssä r. Die kleinen
Städtchen, welche Aemter und mithin jeden Tag den Verkehr
des Landvolks hatten, verlieren solche — da in Preußen nur
Collegialgerichte existiren. (N. B. L.)
Mainz, 23. Nov. Wir haben unsern Lesern eine tief
betrübende Nachricht zu geben. Es hat Gott gefallen, gestern
Abend KN/2 Uhr den hochwürdigen Herrn Domdecan und Ge-
neralvicar Lennig aus dem Leben zu rufen. Zu einem gast-
rischen Fieber, welches seit etwa vier Wochen sich entwickelt
hatte, gesellte sich in den letzten Tagen ein Catarrh der Respi-
rations-Organe, welchem seine ohnehin in letzter Zeit reducir-
ten Kräfte erlagen. (M. A.)
Wiesbaden, 22. Nov. Heute Abend kurz nach 10 Uhr
starb Hofgerichtsprokurator vr. Fr. Lang.
Edenkoben, 22. Nov. Unsere Stadt befindet sich seit
vorgestern in einer fieberhaften Aufregung wegen des Bankerottes
des Handelsmannes und Banquiers Wolf Isaak. Derselbe ist
flüchtig und hinterläßt ein für hiesige Platzverhältnisse ganz
enormes Defizit. Auswärtige Firmen sind stark betheiligt,
mehrere der wohlhabendsten Bürger hier verliren mehr oder
minder große Bruchtheile ihres Vermögens und was die Sache
zu einer förmlichen Katastrophe stempelt, es gehen außerdem
Ersparnisse einer sehr großen Anzahl Winzer, ja sogar der letzte
Pfennig von Wittwen und Waisen größtenteils, vielleicht ganz
verloren. Wolf Isaak wird steckbrieflich verfolgt.
Augsburg, 22. Nov. Joseph Hartmann, Buchdruckerei-
besitzer und Zeitungsredacteur in Kempten, wegen Vergehens
der Amtsehrenbeleidigung des Generals v. d. Tann angeklagt,
wurde gestern von dem hiesigen Schwurgericht freigesprochen.
Würzburg, 21. Nov. Das „Würzburger Journal" vom
Gestrigen (Nr. 277) wurde, wegen eines Artikels, welcher „Das
Abtreten der Minister v. d. Pfordten und v. Bomhard" über-
schrieben ist, confiscirt.
Stuttgart, 22. Nov. In einem trefflichen Artikel des
demokratischen württembergischen Beobachters: „Wie man
aus der „Realpolitik" zur Realität erwacht", lesen wir: „Täuscht
nicht alles, so beginnt in den neuannectirten Ländern Nord-
deutschlands die Ahnung aufzudämmern, daß Militärismus
weder Liberalismus ist noch sein kann. Scblga aui Scktg^
auf die Häupter derer, die nicht hören wollten und nun fühlen
müssen; der Unterschied zwischen Großpreußen und Deutschland
fängt an so klar zu werden, daß er ihnen in die Augen beißt,
und die von der „Realpolitik" so paradiesisch geträumt haben,
erwachen nun zu einer Realität, die gar grausig damit con-
trastirt. Es ist von Interesse, das im Einzelnen zu verfolgen."
— Mit bitterer Ironie schildert nun der Verfasser, wie in
Kurhessen, in Hannover und Nassau mit den inländischen Fürsten
auch die Verfassung abgeschafft wurde, wie die Bennigsen und
Miquel durch ihre alten Freunde Unruh und Schulze-Delitzsch
„so schlankweg rechtslos erklärt worden . . . „Mich dünkt",
fährt der Verfasser fort, „eine solche Umschau über die Dinge
im Norden hat für die Leute hier im Süden etwas stark Be-
lehrendes. Wenn die Segnungen der neuen Herrlichkeit bei
denen, die ihrer bereits genießen, solche Wirkungen äußern,
wie ich sie eben registrirt habe, so sollten doch die andern
Deutschen nach denselben Segnungen mit etwas weniger Un-
gestüm sich drängen. Auch die neueste Dotationsvorlage, in
welcher die preußische Regierung nicht ansteht, die Helden des
Bruderkrieges aus der deutschen Ländern abgenommenen Kriegs-
beute belohnen zu wollen, sollte meines Erachtens die Wirkung
auf Niemanden verfehlen, der noch einen Nest vaterländischer Scham
in sich trägt." — In den annectirten Ländern knüpft sich be-
reits manche Verwünschung an die Namen der Vorbereiter
dieser Annexion in ihren Heimathländern. Würde es, wenn die
Wünsche der Gothaer in unserm Süden erfüllt würden, hier
anders kommen? Es wird erlaubt sein, daran zu zweifeln.
Aber auch Diejenigen, welche sich so gedankenlos bethören lassen,
hätten einen nicht kleinen Theil der Schuld auf ihre eigene Rech-
nung zu setzen! (N. D. Z.)
Hannover, 23. Nov. Der Zusammentritt des Parlaments ist
auf den 1. Februar festgesetzt. Die Regierungen des Nord-
deutschen Bundes sind davon in Kenntniß gesetzt worden,
— Ueber die Berufung von Vertrauensmännern in den neuen
Provinzen zur Berathung eines Organisationsplanes scheint noch
nichts endgültig festgestellt. Man hält aber eine solche Beru-
fung in nicht ferner Zeit für wahrscheinlich.
Wien, 19. Nov. Der „Nationalzeitung" wird geschrieben:
Herr v. Beust rührt sich gewaltig. Daß heute auch der ungarische
Landtag eröffnet wurde, ist sein Werk, sowie denn auch er
auf die Abfassung des k. Rescripts den bestimmenden Einfluß
nahm. Die Sistirungspolitik müsse um jeden Preis beendet
werden, soll er kürzlich im Ministerathe erklärt und bei dieser
Gelegenheit dieselbe in einer Weise critisirt haben, welche den