Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]: Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (1868)

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'-Exemp.

Erscheüu . . c
D o n n c r st ü si und
Samstog nebst der
bclletristischen Bcigabe
,Son ntags blatt".
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W o ch ensch a u»

Glücklichcrweise hat sich endlich eiumal der Wind gedreh^
und der strengen Kültc ein hoffcntlich gründliches Ende bcreitct.
Der Winter hat uns diescs Jahr seine Macht bereits enipfind-
lich kundgegebcn und wir wollcn nur wünschcn, dnß das Sprich-
wort: Gcstrenge Herrsn regieren nicht lange, sich auch bei ihm
bewahrheiten und wir für die noch rcstircndcn Ntonatc, denen
allerdings nicht sehr zu trauen ist, vor weiterem excessidcn
Ausschecilcn dcs kalten Herrschers bewahrt bleibcn. An Eis
fehlt'Z sa den 5)erren Eonditoren und Bierbrauern nicht mehr
und w>r bich jetzt sich noch nicht im Schlitischuhlaufen genug
gcthan, soll sich eben mit dem Schlittschuhballet im Propheten
begnügen. Anch selbst dagegen hatten wir n'rchts, wsnn d're
Schlitten von ihren füngsten Strapazen ein ganzes. Jahr in
den Remisen ansrnhen müßten. Rhein und Neckar siud bereits
vom Eise frei und hat dic iu diese Woche fallende Bcwegung
destelbm den Anwohncrn ihrer Ufer wieder einmal Gelegenheit
gegeben, das großartige Naturschauspiel eines Eisgangs mit-
anzusehen. Uns Ist dies'leider versagt gewesen: vb es dem
bequemen Naturfrennde in Mannheim, welcher dcßhalb die
Eisenbahnverwaltung öffentlich angegangen, den Losbruch durch
Böllerschüsse zu signalisireu, damit die Herren auf ihreu Bu-
reaus uud Comptoirs auch zu rechter Zeit auf die neue Rheiu-
brücke kommeu köuuten, vergöukit geweseu ist, haben wir nicht
iu Erfahrung bringen können. Der schnelle Wechsel der Wit-
terung hat übrigens auch in diesem Jahre als natürliche Folge
vielfache Erkrankungen imd in manchen Orlen unserer Nähe
sogar das Auftreten von Epidemieen, unter denen die verhee-
rende Rachenbrüune leider obenan steht, begünstigt.

Die Vorbereitungen zn den Wahlen znm Zollparlamenle
sind jetzt überall im Gange und selbft Hessen-Darmstadt ift
mit dem betreffenden Ausschreiben dcrselben endlich nachgehinkt,
hat jedoch dabei nichl unterlasfen, einzuschürfen, daß wer in
Hessen seine Stiimne abgeben will, auch wirklicher Hesse seiu
müsse. Vei uus in Baden ist dies jedem Deutschen gcftattet.
und wir fiuden dies nicht mehr als recht und billig, da cs
sich um keine blos badische, sondern um eine allgemcine Sachs.
handelt. Was die Erwariungen betreffs der Thütigkeit dcs
Zcllparlaments anbclangt, so sind dieselben bei dcm größien
Theil der Süddentfchen weitgehend und hoffen alle Emsi'chtigen,
daß es nicht üei der Salz- und Tabaksfrage scin Bcwenden
haben werde, sondern daß auch die Post, das Münz- imd Tc-
legraphenwcsen, Maß und Gcwicht u. s. w. zur gemcinsamcn
Dcrhandlung konmien, odcr mit andern Worten die Competenz
desselben sosort erweitert würde. Obwohl inan der Meimmg
sein sollte, daß eine Einigung in derartigen inateriellen Fragen
die doch wit der Politik nnr in sehr laxem Zusamincnhang
zunächst stehen, allen Parteien nur erwünscht sein würden,
sinden wir doch, daß es auch Leute gibt, deuen schon die bis
fetzt zustündige Competenz zu viel ist und die daher von eiaer
Erweiterung derselben nichts wiffen wollen. Die Deutschcn
find einmal ein eigenes Volk, sie singen und sprechen fort-
wührcnd von der Einheit; so wie dieselbe sich aber auf irgcnd
cine Weise konftituiren will, so werden sie erst recht imeins.
Da wollen gar Viele einen eigenen Kopf haben, ja mancher

1. Iamurc-

Schwabe hat mit einem cigenen noch gar nicht genng, ver-
langt deren niindestens zwei oder drei. Dics sehen wir auch
jetzt wieder deutlich an den neuen Militürgesetzen. Der eine
will wie in Preußcn dreijährige Präsenzzeit, Grund genug..
daß die anderen zweijährtge oder einjährige aufstellen.

Ueberall wird im Augenblicke für die NothleidcndW in
Ostprenßen gesammctt nnd auch in unserer Stadt hat siiMein
Eomitce sür diesen Zweck ge'üildet, welchem wir besten Erfolg
wünschen. Wie grünzealos das Elcnd isl, das zeigt die Peti-
tion des Königsberger Bezirkövereins an die Regierüng, welche
die Kleinigkeit von 10 Millwnen Thlr. in Anspruch nimmi.
Mehrfache Bahnbautcn sollen um Arbeit zn verschaffcn, gleich-
zeitig in Angriss genommen nnd in der Kammcr die Erlassung
der Grnndsteuer auf 6 Monale beantragt werden.

Der amerikanische Gesandte in Verliu hat in einem Be-
richte an seine Regierung die Constituirung des Norddeutschen
Bnndes als „die größte cnropäische Nevolntion diescs Jahr-
hnnderts" bezeichnet.

Graf Bismark, dem man schon vielfach vorgeworsen. daß
er auf die Ministerverantwortlichkeit nicht allzu viel Gewicht
lege, hat dieser Tage keiuen Anstaud genommen, der Persön^
lichen Jnierpellstion eines pmmnerschcn conservativen Vereins
bereitwilligen imd gemüthliehen Vescheid zu geben. Dicje Him
terpommern konnien es namlich nicht über ihr Gewissen bringen,
ihm anzuzeigen, daß sie in jüngster Zeit an ihm, den sie als
alleinigen Hvrl des Conscrvaüsmus betrachtel, irre geworden.
Es komme ihnen vor, als habe cr sich dem Freiheitslenfel ver--
schrieben; besonders wnrme es sie, das; die Nationalliberalen
gemeinsams Sache mit ihm machten und er init ihnen. Auch
hütten sie zu ihrem Eutsetzen ersahren, daß er die Kirche nicht
mehr so fleißig bcsuche. Mit dem üblichen „um Antwori
wird gebeten" schloß die Epistel. Bismark bat m seiner Ant-
wort, sie möchtcn sich beruhigen; die Fäden der Politik seien
so verzweigt imd verworren, das; er in Berl'm besser benrtheilen
könne, was Noth thue, als sie im Hinterlaude. Die Schuld des
selteiien Kirchcnbesuchs schob cr eiufach auf seine Aerzte, wclche
sich öaher deßhalb selbst verantwortcn niögcn.

Der dänische Bevollwächtigte. Hr. v. Qnaade, ist wieder
in Berlin angekommen, um mit Bismarck die nach dem Pra-
ger Frieden noeh zu erledigende Ansglcichung wegen Nurd^
schleswig abzumachen.

Jn der Zeche Neu-Jserlolm bei Bochum ist durch sckla-
gende Wettcr eine Explosion erfolgt, welche über 100 Menschen
das Leüen kostcte.

Am vcrflosscncn Semntag Dcorgen braimle iu dcr <>rüder-
siraße zu Verliu eiu Haus ab. DaZ ist zwar^nichts bcsondcw
Merkwürdiges, deim in ciuer so großen Stadt komiiu ecn
solches Ereigniß so häufig Vor, daß selbst die Berliner Blüuc»
blos in Ausnahmsfällen davon in ihrer Rubrik: „llllas gib: s
Neues im Amtsbezirke" ihren Lesern Notiz zn geben psiegea.
Seine Merkwürdigkcit erhält dieser Brand dadnrch, das; cr mu
in die Kirchenzeit noch fiel und deßhalb dem Probst -Eölluer
Gelegenheit gab, an die Feuerwehr das Verlangen zu stellen.
künftighin während der Kirchendauer das Löicheii ganz und
gar zu unterlassen, rcsp. einzustellen.