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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1868

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No. 64
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https://doi.org/10.11588/diglit.29847#0263

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Donnerstag und
Samstag nebst der
delletristischen Beigabe
, S onntagsblatt
Me Postanstalten und
Poten nehmen Bestcl-
lungen an.


für die Bezirke

Preis: jährlich 3 fl.,
vierteljährlich 45 kr.
Anzeigcn werben die
dreispaltige Zeile ode?
dercn Raum mit nrn
2 kr. bcrechnet.

Die Boten erhaltc?i
2 kr. nrsnatlich.

kio. 64.

Samstag^ 30. Mai.

^ W o ch ensch a n.

Jm gesetzgebt'uden Körper iu Fraukreich wird im Augeu-
blick der Handelsvertrag mit Englaud discutirt, uud Freihünd-
ler uud Schutzöllner liegeu sich parlameutarisch iu deu Haareu.
Daß dauebeu auch seitliche politische Sprüuge gemacht werdeu,
versteht sich bei den heißblütigen Franzosen vou selbst. Wir
iönuen uus uicht euthalteu, eiuige der iuteressautesteu Stellen
au.s einzeluen Nedeu bruchstücksweise mitzutheilen. So sprach
Ollivier: „die Solidarität der Kriseu ist ein Pfand für
deu Frieden. Die wahreu Ursacheu der Verwirrung der Lage
seieu die allgemeiue Furcht vor dem Kriege und die Thatsachen,
welche die sriedlicheu Verstcherungen Lügcu strafen. Die eiu-
zige politische Lösuug sei der Friede, aber der Friede mit
Freiheit uud allgemeiuer Cntwaffnuug." Der kkeine
Thiers sprach die großen Worte: „Es gibt Etwas Erha-
deueres, als das, was iu deu Tuilerien ist, uud das ift die
N a t i o u !" — Die Demokratie, welche sich eiuem Eiuzigeu
überliefert, ist uicht die wahre Demokratie." Der alte Dupin
predigt im Nameu der Wisseuschaft Krieg gegeu deu Materia-
lismus. Am schürfsteu aber kritisirte C. Girardiu das
zweite Kaiserreich, indem er mit dürreu Worteu aussprach:
„das zweite Kaiserreich hat Frankreich 1L57 gedemüthigt und
verkleinert; 1866 hat es die Machtstelluug des Laudes ver-
miudert uud 1868 dasselbe um feiuen Wohlstaud gebracht.
Jhm bleibt uichts mehr übrig als der Krieg."

Das ist freilich etwas starker Tabak für deu Kaiser und
obgleich er als Franzose au denselbeu schou etwas von wegeu
der Regie gewohut ist, soll er doch dabei heftig haben nieseu
müffeu. Derselbe wird eine kleiue Erholuugsreise nach Taru
macheu, uud daselbst die Jndustrieausstelluug beseheu. Viel
Neues wird er freilich uach der vorjährigeu Parifer dort uicht
schaueu. Aus der Berliuer Reise, die Napoleou vorhatte, wird
sedoch uichts werdeu, weil ihm dieselbe Herr Benedetti, der
Gesandte iu Berliu ausgeredet habeu soll.

Die irische Staatskirche beschäftigt uoch immer Parlameut
und Miuißer uud ersteres ist immer über die Sache uoch uicht
gauz schlüssig gewordeu. Die euglischeu Fraueu wolleu jetzt
auch wählen nud haben eine Petition mit vielen tausend Uuter-
schrtften deßhalb an das Uuterhaus gelangen laffeu.

Es war lauge sehr zweifelhaft, ob die Mahlsteuer im
ttalienischen Parlameute durchgeheu werde. Die Herreu Mi-
uister selvst waren der Sache nicht ffcher und halteu bereits
für den Fall, daß es mit einer Eßsteuer nicht geheu würde,
eine Geträuksteuer iu Petto, aber schließlich ift die Mahlsteuer
doch uoch durchgegaugeu.

Die Franzosen werdeu zu Eude des uächsteu Mouats aus
Rom abziehen. Die Königiu Jsabella von Spauieu soll übri-
gens bei Gelegeuheit der bourbouischen Vollheirath dem heil.
Daier ihren Beistand versprochcu habeu, weun Neapel und
Sicilien stch zu seiueu Gunsteu erheben würde. Der Graf
don Caserta, Bruder Franz II. ist römischer General geworden
und nimmt mit einer Abtheilung des Heers staffelförmige Po-
sition in der Cmnpagna. Auffalleud viele spauische Frerwillige

siud iu Rom in letzter Zeit eiugetroffen uud die italieuische
Regierung soll die Sache uicht so obenhiu uehmen wolleu.

Die Russeu scheiuen iu Asieu wieder einige Beschüftigung
zu bekommeu, was für Europa vielleicht dus Gute hat, daß
sie die orientalische Frage vorderhaud weuiger bearbeiten. Der
Emir der Bucharei hat nämlich feiudlich sich gezeigt uud die
russische Regieruug will ihm sofort zeigen, wo Bartel den Most
holt. Auch iu deu Tscherkesseu scheiut wieder etwas vom Geiste
Schamyl's lebeudig zu werden, da sie bei Samsun in Qua-
tolien die Fahneu des Aufruhrs erhobeu habeu solleu.

Die Schneider habeu immer Glück weuu sie auf deu
Kopf fallen, siud sie doch gleich wieder auf ihreu fliuken Bei-
nen, hat eiust meine Graßmutter gesagt uud der Ausgang des
Präftdeuteuprozesses in Washingtou gibt ihr im Grabe noch
vollkommen Recht. Prüsideut Johusou ist uach laugeu Ver-
hauöluugeu, (die Dauer derselven kanu der Leser beim Zurück-
blättern der Wocheuschaueu selbst ermeffeu) vom Senate mik
19 gegen 35 Stimmeu freigesprochen worden. Würde freilich
keiue Zweidrittelsmajorität erforderlich gewesen sciu, so wäre
der Herr Präsident nicht so gut davongekommeu.

Vade

Mmmheim, 28. Mai. Jn der heutigm Bürgeraus-
schußsitzuug wurdeu sämmtliche Eiseubahn - Vorlageu ge-
uchmigt.

D L u L s ch l a rr d.

Verlin, 25. Mai. Der iu Folge der glücklicheu eng-
lischeu Expeditiou in Abesffuien befreite Gelehrte Or. Georg
Heiurich Wilhelm Schimper (Linie Frhr. v. Furteubach) hat
au deu Buudeskanzler Grafeu v. Bismarck folgendes Dank-
schreibeu gerichtet l

Magdala, 15. April 1868.

Excellenz! Die ttnerhörten Mißhandlungen der Europäer in Abes-
sinien haben- eine Demonstration der Gewali gegen dm König Theodor
herbcigeführt, in Folge welcher die gefangenen Europäer nach vier- fünf-
jührigen fchweren Leiden wieder ihrr Freiheit erhielten. Untcr diesen Ge-
fangenen war auch ich. Als ich am bemerkenswerthen Oster - Sonntagc
im englischen Lager anlangte, kam mir der Beaufiragte Ew. Ercellenz Or.
Rohlfs mit erner mir wohlthuenden Freundlichkeit entgegen und sorgtc
auf zuvorkvmmende und delicate Weise für mich. Erlauben mir Ew. Ex-
cellenz, daß ich für diese besondere Wohlthat in fchwierigen Verhältnisfen
meincn innigsten Dank ausdrücke, womit ich die untcrthänige Bitte ver-
binde, ^r. Mafestät — Deutschlands hochherzigem Könige — die Gefühle
meines Dankes, meiner Ehrfurcht und meiner Bewnnderung darlegen zu
wollen. Die großherzige Theilnahme Sr. Majestät an dem Schicksale
ernzelner in weiter Ferne durch Barbarcn leidendm Deutschen hat die Be-
wunderung Aller erregt., Einen Theil meiner geographischen, geologischcn
und botanischen Arbciten habe ich rctten können. Hoffmd, daß solche ehe-
stms zu expedircn seien, bitte ich Ew. Excellenz um die Gnade, solle für
das berliner Museum bestimmen zu wollm.

Verlin, 25, Mai. Das ostpreuß. Dorf Rogehnen
ist zur Halfte abgebrauut. Vier Meufchen wurden getödtek,
viele verwundet, 300 find obdachlos und m der größten Nottn

München, 6. Mai. Heute, als am Tage des bay-
rifchen Berfaffuugsjnbiläums, ist der bayrifch-amerikanische Staats-
vertrag unterzeichnet worden.
 
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