Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1868

DOI Kapitel:
No. 40
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29847#0167

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Erscheint D i t n ft a g,
Dsnnerstag und
bamstag ncbst der
belletristischen Beigabe
„ S onntags blatt
Alle Postanstalten und
Bstcn nehmcn Bestel-
lungen an.

PreiZ: jährlich 3 ff.,
bierteljährlich 45 kr.
Anzeigen werden die
dreispaltige Zeile oder
deren Raum mit nur
2 kr. berechnet.

Die Botcn erhalim
2 kr. monatlich.



Dmmerllilg) 3. April.

V a d e n.

Mannheim, 29. März. Nach einem früher aus-
gegebeneu Progrannn und den neuerdings getroffenen Bestim-
mungen sollen Sonntag, den 3. Mai landwirthschaftliche Feste,
darunter ein Pferderennen, bestehend aus Trab-, Hürdenrennem
Steeple-Chase rc. abgehalten, Montag, den 4. Mai die Prämi-
runa preisivürdiger Farren unü Milckuiehes vorgenommen und
Dienstag den 5. Mai die Verloosung von 300 Gewinnsten der
2. Nbtheilung der Pferdemarkt-Lotterie stattfinden. Diese Ge-
winnste bestehen aus Rin vieh, landwirthschastl. Maschinen nnd
Geräthen rc. und spielen sämmtllche 55,000 Rummern oer früher
ausgegebenen Loose mit. Da die Thütigkeit des bestehenden
Pferdemarkt-Komitee's für den Maimarkt eine in vielen Punk-
ten von der für den Mürzmarkt verschiedene ist, fo hat solches
hie Spezialkommissionen neu gebildet.

D c u t s ch l a rr V.

Attgsburg, 28. ^Mürz. Die Stadt Traunstein befindet
sich gegenwürtig in einein Zustand der Aufregung, der schwer
zu schilvern ist, da die Ereigniffe des heutigen Tagcs wohl
cinzig in ihren Annalen vorkommen. Auf heute Vormittag
lO Uhr war die Komrolversammlung der zum Wehrdienste
Berufenen anberaumt, und man hatte als Versammlungsort
den Rathhaussaal bestimmt. Gegen halb 10 Uhr waren 3—400
Bursche, meist von den mnliegenden Ortsehaften, versammelt,
unv die Altersklaffen wurden einzeln in den Saal berufen,
wührend die andern auf der Straße wartcn mußtcn. Schon
hier fielen einzelne Aeußerungen, die auf eine vorher gereizte
Stimmung deuteten, doch befchrünkten fich die Rädelsführer
darauf, ungcstüm zu verlangen, man solle sie miteinander in
den Saal lassen, oder fie gingen fort. Der sie zur Ruhe ver-
weisende Brigadier wurde verhiAnt und schließlich mit Schnee
und Koth beworfen. So vcrging unter den immer sich er-
neuernden Zeichen eincr vorbereiteten Emeute der Vormittag.
Um halb 1 Uhr wirbelte dcr Generalmarsch durch die Straßen,
und die erschreckten Bürger beeilten sich, Läden und Thüren
zu schließen, aber nicht denr Rufe als organisirte Bürgerwehr
zu folgen, sondern sie blieben ruhig zu Hause, wührend eine
zügelloffc Rotte das schöne Rathhans demolirte. Dort hatte
fich das Drama einstweilen zu den bedauerlichsten Auftritten
entwickelt. Alle Bursche drüngten sich plötzlich in den Saol
und schrieen lärmend: Was? schwören sollen wird Wir sind
Bayern und keine Preußen, und Bayern rc." Vorstellnngen
halfen nichts, der Tumult wuchs riesenschnell. Der Bezirks-
ümtsasskssor Aigner, der bei der Sache bewundernswerthen
Takt entwickelte, versuchte noch ein Mittel und hieß die Gen-
darmen abtreten. Soglcich folgten wilde Freudebczengungen,
die Exaltirtesten küßten seine Häude, ja sie umarmten ihn so-
gar; diese Scene sollte jedoch bald in die entgegengesetzte um-
schlagen. Als sie von dem wackern Beamten strenge zurecht
gewiesen wurden und die Verhandlung energisch fortgesetzt wer-
den sollte, folgte neuer Tumult, fo daß der genannte Beamte
sich veranlaßt sah, die Aufruhrakte zu verlesen. Es folgte nun
eine ^ccne, die schwer zu beschreiben sein dürfte. Ein Toben

und Heulen, wie von einer Schaar Teufel, dann eine gränzen-
lose Verwirrung, nun flogen Steine, Krüge, kurze feste Gegeu-
stünde aller Art gegen die tagende Kommission. Ein Gendarm
wurde ergriffen, demselben das Gewehr entriffen und dasselbe
zum Fenster hinabgeworfen, hierauf alle Beamten nnd Ofsiziere
zur Thüre linaus und die Stiege hinabgedrüngt. Nun ging's
an's Demoliren. Fenster, Thüren, Tische, Stühle, Ofentheile
flogen hinab auf die Straße, zur gröpten Gefahr der eben
aus dem Tlwre tretenden Beamten; dort wurden diese Sachen
von der unten harrenden siegestrunkenen Rotte günzlich zerstört
und die Brnchstücke znm Fcnstereinwerfen benützt. Der nüchste
Angriff geschah auf die noch in der Nühe befindlichen Gen-
darmen mit solcher Wuth, daß dieselben nach fruchtlosem Ge-
brauche ihrer Seitengewehre gezwungen waren, die Flucht zu
ergreifen. Verwundungen sielen mehrere nicht unbedeuteude
vor, sowohl auf der einen als auf der andern Seite; erst das
gefloffene Blut dämpfte die wilde Gluth der fanatisirten Rotte.
Daß die Excedenten total irre geführt waren, beweist, daß viele
in sich gingen, nachdem ihnen von Seite mehrerer Traunsteiner
Bürger Aufklärung über das Wehrgesetz (beziehungsweise eine
pvpuläre Auseinandersetzung) geworden war. Uebrigens stellten
2 Kompagnieen des k. Jnfanterie-Leibregiments, die Nachts
12 Uhr mit dem Eilzug von München hier einrückten, die
Rnhe bald wieder her. 8 am Meisten gravirte Personen wur-
den verhaftet.

Berlitt, 25. März. Die Prov.-Korr. schreibt: Jn Be-
treff dcr Zahl der Arbeiter, welche in den ostpreußischen Hunger-
bezirken an den vom Staate, von den Kreisen und Gemeinden
errichteten Arbeitsstellen zur Zeit bereits beschäftigt werden,
ergehen die Nachweisungen aus den einzelnen Kreisen Folgendes:
Es werden beschäftigt: im Kreise Labiau 1148 Arbeiter, Memel
1196 A., Wehlau 1610 A., Rastenburg 915 A., Friedland
1120 A., Gerdauen 1314 A., Fischhausen 963 A., Roessel
233 A., Braunsberg 392 A., .Keilsberg 157 A., Pr. Holland
480 A., Pr. Eylan 1376 A., Mohrungen 759 A., Heiligen-
beil 989 A., Allenstein 602 A., Ortelsburg 578 A., Osterode
369 A., Neidenburg 200 A., Königsberg (Landkreis) 650 A.,
in der Stadt Königsberg 1286 A. Zusammen also 16,337
Mann.

Berlitt, 28. März. Gestern Nachmittag fand eine Si-
tzung des Bundesraths des dcutschen Zollvereins statt, in wel-
cher wieder mehrere neue Präsidialvorlagen erfolgt sind, von
welchen jedoch nur zwei ein weiteres Ji teresse haben, nämlich
eine Vorlage wegen Ermüßigung der Eisenzölle und eine Vor-
lage wegen Abänderung der 1. Abtheilung des Zolltarifs.
Außerdem wäre noch eine Mittheilung Badens, betr. die in-
nere Steuer, die Uebergangsabgabe und die Ausfuhrvergütung
für Bier, zu erwühnen. Das Uebrige berührte blos das Rech-
nungswesen und das engere zollamtliche Jnteresse.

Sch w eiz.

Been, 30. März. Die badische Regierung hat sich be-
reit erklärt, mit der Bundesregierung bezüglich der Anschluß-
verhältnisse der Eisenbahnlinie Romanshorn-Konstanz Unter-
handlungen zu eröffnen.
 
Annotationen