Lamstan, 4. Juli 1868.
X0. 78.
Zweiter Jahrgaug
Erschcint D i c n st n n„
Donncrstag und
Sninstng ncbst dcr
bcllctristis ch cn Bcignbe
„ S onntngs btatt
Nlle Pvstnnstnltcn und
Boten nehmcu Bcstct-
lungcn nn.
sür dic Veürke Schwchingcn und Philippsburg.
(uuter Koutrole der luudlvirthschaftticheu Bezirlsdirektiou Seh-wetziugeu steheud).
Preis: h4jnhrtich45kr.
pcr Post bczogen 56 kr.
Anzcigen wcrdeu die
dreispnttige Zeite odcr
dercn Rnuiu. init uur
2 kr. berechuet.
Die Boteu erhnlten
2 kr. uiountlich.
W o ch e ns ch a tt.
Dus wichtigste Ereiguiß dieser Woche ist die Eulhülluug
des Lutherdeutiuuls iu Worms, welehe um 25. o. Bl. iu Au-
weseuheit des Kouigs vouPreusteu, smvie nuderer gekeöuler Häupter,
uutcr welcheu wir uusern edleu Fürsten blos deszhulb vermiss''u,
tveil er si.h wenige Tuge zuvor einer Operution unterworfen,
unter uugeheurem Jubel der Volk meuge vor sieh ging. Noch
selten tvird ein Gesung mehr ergriffen huben uls dus nuch der
Euthütlung von über 20,000 Menschen uefungene krnftige Lied
Luther-? : „Eine scste Burg ist unser Gott."
Wie in der verflossenen Woche, so huben wir uuch wieder
in dieser bedeutende Feuersbrünste zu verzeichnen, namentlich
in Bremen und in Königsberg summt llmgegend.
Bevor der König von Preußen sich nueh Worms begub,
besuchte er die Studt Hunnover und legte duselbst den Gruud-
stein zu einer neuen Nrtilleriekuserue. Es geschuh dies zum
ersten Mule seit der Annexion nnd der Empfung, welcher ihui
geworden, beiveist deutlich, duß die Stimmung in Hunnover
denn doch so untipreußisch nicht sein kuun, uls dies von ge-
wisser Seite beha-uptet wird.
EZ soll in dcr Absicht der preußischen Negierung liegen,
in Zukunfr uuch die Börsengeschüfte einer Besteuerung zu un-
terwerfen. Du? mug zwur den Herren Rothsehild und Kon-
sorten wcniger behugen, uns genirt's nieht und wir huben
um so weniger dugegen einzuwenden, uls wir die Sachc nicht
mehr uls recht und billig finden.
Unsern schönen Leserinnen welche sich sür derurtige Neuig-
keiten in der Regel besonders zu interessiren Pfl gen, wollen
wir uus Kurhessen mittbeilen, duß die Ehe des Prinzen Wil-
helm von Hunuu, des Sohnes des depossetirten Kurfi rsten, der
sich 1866 mit der Prinzessin Elisubeth von Schuumburg'Lippe
vermählt hutte, wieder getrcnnt ist. Dus ist nun zwur nichts
Auffallendes, denn Ehesehcidungen sind uuch in fürstlichen
Kreiien nuchgerude nieht unerhört, ullein dus Merkwürdige
und ächt Kurhessisehe un der Suche ist dus, duß es uusdrück-
lich heißt, dicse Trennung sei cin „Akt königlicher Gnude".
Etz'dsch.eidungen uus königlicher Gnude huben wir noeh nicht
bis jetzt gekannt und es komme noch Einer und behuupte, es
gübe nichts Ncues mehr unter der Sonne.
Der Vicekönig von Eghpten scheint uuf der Vrust nieht
gunz kupitelfest zu sein, wus ivir duruus folgern weil er zur
Kur in Ems eingetroffen ist. Vielleicht hut ihn sein? neuliche
Jungferthronrede etwas sturk angegriffen, du bekunntlich orien-
tulische Herrscher selbst den leifesten konstitutionnellen Luftzug
nicht gut crtrugen.können.
So viel Gruf Bismurk uuf die direkten Wuhlen zu geben
scheint, so wenig wollen dieselben den Ministern sciner kleinern
Vundesgenossen in den Kopf. Die neue Oldeuburgische Wuhl-
ordnung behült die indirekten Wahlen für die engern Kammer-
wahlen bei und verwirft die direkten ans dem einfachen Grunde,
„wcil sie eben für Oldenburg nicht puffen." Mun muß es den
Herren um grünen Tische in Oldcnburg laffein sie wissen sich
gut und sein heruuszubeißen uud un undern pussenden Gründen
wird es ihnen wohl uuch sonst nicht muugeln.
Jn München hut Fürst Hohenlohe in dieser Woche Ruhe
gehubt, du ulle Polirik ruhte nnd die ncue Wugner'sche Oper,
die „Meistersänger von Nürnberg" nicht blos die königliche, son-
dern uuch die ullgemeine Ansmcrksumleit uussehlicßlieh in An-
spruch nuhm. Kunst und Politik pflegen eben in München
eiuundcr die Hände zu reichen; nur wechselt mit der Zeit
munchmul die Art der ersteren. Bildhuuerei, Mulerei, Tunz-
kunst — Altes dus hulte, wie Sulomo sugt, in Buyern bereits
seine Zeit, uuch die Zukunftsmusik-Periode wird nicht ewig
duuern, nno wenn wir Hrn. Nichurd Wugner eincn Ruth
gebcn dürften, so würden wir uns erluuben, ihm zu sugen,
dutz es vielleicht gut würe. sein buyerisehes Geld in der Bunk
unzulegen. Denn im Allgemeinen sollen die Vuyern, und im
Speziellen die Münchner Hrn. Wugner, wie mun so sugt, nuf
der Lutte huben und unter ullen Umständen müßte Hr. Wagner
iii seinen EompoffUsucn mehr uls bisher den Bierbuß berück-
siehtigen, wenn er ein nutionuler buyerischer Tondichter und
nicht blos cin königlicher sein »nd bleiben will. Ueber die
ncue Oper selbst können wir freilich, so viel ivir bereits in den
wenigen Tugen durüber gelescn haben, sugen, daß dieselbe
nutürlich sehr gefallen hut.
Während bekunntlich in Norddeutschlund und in Oestreich
die Schuldhuft ubgeschufft wurde, fängt mun in Vuyern setzt
erst an, ein Schuldgefängniß zu buuen. Uebrigens belobt Klad-
derudutsch Bayern ob dieses Neubau's und zieht duruus, Oester-
reieh gegenüber, eine vortheilhufte Purulelle. Denn Buyern,
sugt er, läßt doch nur seine Sehuldner sitzen, uber Oesterreich
selbst seine Gläubiger.
Der zweite Akt des Prozesses Chorinsky, welcher „ihren
Gustav" betrut, ist cben in München zu Ende gegangen und
zwur gerude ebenso wie der erste in Wien. Der Beihelfer zum
Giftmorde wurde zu 20jähriger Zuchthuusstrafe verurthcilt, die er
übrigens uuf der Festung verbüßen durf, weil er ein tupferer
Offizier von Adel gewesen und sein Herr Vuter die Strufcr-
stehungskosten zuhlen will.
Buden-Baden ist uns.-res Wissens die erste budische Studt
welche die Confesfionsschulen in Abgang decretirte und an ihre
Stelle gemischte Schulen einführte. Jn Folge desfen wird diese
Frage, wenigstens in den Städten jetzt wieder vielfuch erörtert.
Der Zollpurluinentsubgeordnete Vumberger, der die hessi-
schen Weinzölle in Mißkredit gebrucht, ist wcgen Schmähung
der hessisehen Landesregierung in Anklugestund versetzt worden.
Wenn Herr von Dulwigk so eine lleine Mulice hut, so thut er
es eben nieht unders.
Der Kuiser von Oestreich hat seine, gegen die Deutschen
immer unurtiger wcrdenden czechischen Unterthuncn mit einem
Besuehe beehrt und soll bei dieser Gelegenheit wirklich ein Aus-
gleich zn Stunde gekommen scin, in Folgen deffen die Lundes-
untonomie Böhmens bedeutend uusgede'hnt werden soll. Der
urme Kuiser von Oesterreich hut so viel uuszugleichen, duß um
Ende Null von Null uusgeht. Anluß znr Pruger Reise gub
X0. 78.
Zweiter Jahrgaug
Erschcint D i c n st n n„
Donncrstag und
Sninstng ncbst dcr
bcllctristis ch cn Bcignbe
„ S onntngs btatt
Nlle Pvstnnstnltcn und
Boten nehmcu Bcstct-
lungcn nn.
sür dic Veürke Schwchingcn und Philippsburg.
(uuter Koutrole der luudlvirthschaftticheu Bezirlsdirektiou Seh-wetziugeu steheud).
Preis: h4jnhrtich45kr.
pcr Post bczogen 56 kr.
Anzcigen wcrdeu die
dreispnttige Zeite odcr
dercn Rnuiu. init uur
2 kr. berechuet.
Die Boteu erhnlten
2 kr. uiountlich.
W o ch e ns ch a tt.
Dus wichtigste Ereiguiß dieser Woche ist die Eulhülluug
des Lutherdeutiuuls iu Worms, welehe um 25. o. Bl. iu Au-
weseuheit des Kouigs vouPreusteu, smvie nuderer gekeöuler Häupter,
uutcr welcheu wir uusern edleu Fürsten blos deszhulb vermiss''u,
tveil er si.h wenige Tuge zuvor einer Operution unterworfen,
unter uugeheurem Jubel der Volk meuge vor sieh ging. Noch
selten tvird ein Gesung mehr ergriffen huben uls dus nuch der
Euthütlung von über 20,000 Menschen uefungene krnftige Lied
Luther-? : „Eine scste Burg ist unser Gott."
Wie in der verflossenen Woche, so huben wir uuch wieder
in dieser bedeutende Feuersbrünste zu verzeichnen, namentlich
in Bremen und in Königsberg summt llmgegend.
Bevor der König von Preußen sich nueh Worms begub,
besuchte er die Studt Hunnover und legte duselbst den Gruud-
stein zu einer neuen Nrtilleriekuserue. Es geschuh dies zum
ersten Mule seit der Annexion nnd der Empfung, welcher ihui
geworden, beiveist deutlich, duß die Stimmung in Hunnover
denn doch so untipreußisch nicht sein kuun, uls dies von ge-
wisser Seite beha-uptet wird.
EZ soll in dcr Absicht der preußischen Negierung liegen,
in Zukunfr uuch die Börsengeschüfte einer Besteuerung zu un-
terwerfen. Du? mug zwur den Herren Rothsehild und Kon-
sorten wcniger behugen, uns genirt's nieht und wir huben
um so weniger dugegen einzuwenden, uls wir die Sachc nicht
mehr uls recht und billig finden.
Unsern schönen Leserinnen welche sich sür derurtige Neuig-
keiten in der Regel besonders zu interessiren Pfl gen, wollen
wir uus Kurhessen mittbeilen, duß die Ehe des Prinzen Wil-
helm von Hunuu, des Sohnes des depossetirten Kurfi rsten, der
sich 1866 mit der Prinzessin Elisubeth von Schuumburg'Lippe
vermählt hutte, wieder getrcnnt ist. Dus ist nun zwur nichts
Auffallendes, denn Ehesehcidungen sind uuch in fürstlichen
Kreiien nuchgerude nieht unerhört, ullein dus Merkwürdige
und ächt Kurhessisehe un der Suche ist dus, duß es uusdrück-
lich heißt, dicse Trennung sei cin „Akt königlicher Gnude".
Etz'dsch.eidungen uus königlicher Gnude huben wir noeh nicht
bis jetzt gekannt und es komme noch Einer und behuupte, es
gübe nichts Ncues mehr unter der Sonne.
Der Vicekönig von Eghpten scheint uuf der Vrust nieht
gunz kupitelfest zu sein, wus ivir duruus folgern weil er zur
Kur in Ems eingetroffen ist. Vielleicht hut ihn sein? neuliche
Jungferthronrede etwas sturk angegriffen, du bekunntlich orien-
tulische Herrscher selbst den leifesten konstitutionnellen Luftzug
nicht gut crtrugen.können.
So viel Gruf Bismurk uuf die direkten Wuhlen zu geben
scheint, so wenig wollen dieselben den Ministern sciner kleinern
Vundesgenossen in den Kopf. Die neue Oldeuburgische Wuhl-
ordnung behült die indirekten Wahlen für die engern Kammer-
wahlen bei und verwirft die direkten ans dem einfachen Grunde,
„wcil sie eben für Oldenburg nicht puffen." Mun muß es den
Herren um grünen Tische in Oldcnburg laffein sie wissen sich
gut und sein heruuszubeißen uud un undern pussenden Gründen
wird es ihnen wohl uuch sonst nicht muugeln.
Jn München hut Fürst Hohenlohe in dieser Woche Ruhe
gehubt, du ulle Polirik ruhte nnd die ncue Wugner'sche Oper,
die „Meistersänger von Nürnberg" nicht blos die königliche, son-
dern uuch die ullgemeine Ansmcrksumleit uussehlicßlieh in An-
spruch nuhm. Kunst und Politik pflegen eben in München
eiuundcr die Hände zu reichen; nur wechselt mit der Zeit
munchmul die Art der ersteren. Bildhuuerei, Mulerei, Tunz-
kunst — Altes dus hulte, wie Sulomo sugt, in Buyern bereits
seine Zeit, uuch die Zukunftsmusik-Periode wird nicht ewig
duuern, nno wenn wir Hrn. Nichurd Wugner eincn Ruth
gebcn dürften, so würden wir uns erluuben, ihm zu sugen,
dutz es vielleicht gut würe. sein buyerisehes Geld in der Bunk
unzulegen. Denn im Allgemeinen sollen die Vuyern, und im
Speziellen die Münchner Hrn. Wugner, wie mun so sugt, nuf
der Lutte huben und unter ullen Umständen müßte Hr. Wagner
iii seinen EompoffUsucn mehr uls bisher den Bierbuß berück-
siehtigen, wenn er ein nutionuler buyerischer Tondichter und
nicht blos cin königlicher sein »nd bleiben will. Ueber die
ncue Oper selbst können wir freilich, so viel ivir bereits in den
wenigen Tugen durüber gelescn haben, sugen, daß dieselbe
nutürlich sehr gefallen hut.
Während bekunntlich in Norddeutschlund und in Oestreich
die Schuldhuft ubgeschufft wurde, fängt mun in Vuyern setzt
erst an, ein Schuldgefängniß zu buuen. Uebrigens belobt Klad-
derudutsch Bayern ob dieses Neubau's und zieht duruus, Oester-
reieh gegenüber, eine vortheilhufte Purulelle. Denn Buyern,
sugt er, läßt doch nur seine Sehuldner sitzen, uber Oesterreich
selbst seine Gläubiger.
Der zweite Akt des Prozesses Chorinsky, welcher „ihren
Gustav" betrut, ist cben in München zu Ende gegangen und
zwur gerude ebenso wie der erste in Wien. Der Beihelfer zum
Giftmorde wurde zu 20jähriger Zuchthuusstrafe verurthcilt, die er
übrigens uuf der Festung verbüßen durf, weil er ein tupferer
Offizier von Adel gewesen und sein Herr Vuter die Strufcr-
stehungskosten zuhlen will.
Buden-Baden ist uns.-res Wissens die erste budische Studt
welche die Confesfionsschulen in Abgang decretirte und an ihre
Stelle gemischte Schulen einführte. Jn Folge desfen wird diese
Frage, wenigstens in den Städten jetzt wieder vielfuch erörtert.
Der Zollpurluinentsubgeordnete Vumberger, der die hessi-
schen Weinzölle in Mißkredit gebrucht, ist wcgen Schmähung
der hessisehen Landesregierung in Anklugestund versetzt worden.
Wenn Herr von Dulwigk so eine lleine Mulice hut, so thut er
es eben nieht unders.
Der Kuiser von Oestreich hat seine, gegen die Deutschen
immer unurtiger wcrdenden czechischen Unterthuncn mit einem
Besuehe beehrt und soll bei dieser Gelegenheit wirklich ein Aus-
gleich zn Stunde gekommen scin, in Folgen deffen die Lundes-
untonomie Böhmens bedeutend uusgede'hnt werden soll. Der
urme Kuiser von Oesterreich hut so viel uuszugleichen, duß um
Ende Null von Null uusgeht. Anluß znr Pruger Reise gub