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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1868

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No. 11
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https://doi.org/10.11588/diglit.29847#0045

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Gr. i

Grsch . tnstag,
Donnrrstag und
Samstag nebst der
bclletristischcn Beigabe
,Sonntag»blatt".
Me Postanstalten und
Botcn nehmen Bestel-
lungen an.

Heidelberg

Prei §: jührlich S
vierteljShrlich kr.
Nnzeigen werden die
dreispaltigc Zeile kd«
dcre» Raum mit rutt
2 kr. bcrechnet.

Dir Botcn erh«chtr«
2 kr. MonaÜich.

für die Bezirke

Schwetzingen und Philippsburg.

klo. 1l.

Samstng, ZZ. Ianuar.

1868.

W o ch e n s ch a u.

Die verflossene Woche ist verhältnißmüßig arm an Ereig-
niflen und Ncuigkeiten. DciS Zollparlnmcnt und die Militär-
sragen nehmen immer noch das Hauptintercsse in Anspruch.
Daß in le!)tcr Beziehnng auch diese Woche die friedliche Aus-
saffung überall die Oberhand behalten, wollen wir mit Besrie-
digung verzeichnen. Jmmer mehr und allgemeiner macht sich
die Ueberzeugung geltend, daß die faktischen Verhältnisse ein.en
nahe bevorstehenden Krieg färmlich unmbglich machen, daß die
innere Natur der politischen Zustünde in ganz Europa deu
Frieden noch für längere Zeit sicher bedinge.

Bei der Erkenntniß dieser Sachlage, welche sreilich den
Frieden nur für eine gewisse Zeit außer Frage stellt und die
ihn bedrohenden Gegensätze sür die Dauer nicht beseitigt, dürfte
es unnütze Mühe sein, die geringfügigsten Umstünde mit Eiser
auszusuchen, welche dieser Ansicht möglicherweise noch eine wei-
tcre schwache Unterlage gewähren können. Bismarck dinirte
diese Woche dei dem öfterreichischen Gesandten. Aus diesem
wichtigen Ereigniß schließen natürlich manchs große und klcine
Politiker, daß eine Annüherung zwischen Preußen und Oester-
reich stattgesunden haben müffe. Würe gar uoch in die Oeffent-
lichkeit gekommen, wie oft die beiden Zweckesser mit einanüer
angestoßen, so würden^ wir bereit Hon mehr als einer Seite
belehrt worden sein, daß die bereits dnrch das stattgefundene
Zusammeneffen angebahnte Annüherung beim Nachtisch vielleicht
eine innige Verbrüderung geworöen wäre. —

Die Nachricht der Zeitungen, daß in Berlin ein Schwa-
nenorden „zur Auszeichuung bürgerlicher Tugenden" gestiftet
worden sei, hat sich nicht bestätlgt. Doch wird nicht in Ab-
rede gestellt, daß dies beadsichtigt war. — Da im lieben Va-
terlaude an Orden kein Mangel besteht, so ist Lies nicht zn
beklagen, um so mehr als bürgerliche Tugeuden keiner beson-
deren Auszeichnung bedürfen.

Die Vervollkommuung der Waffen und Kriegswerkzcuge
ist in fortwährendem Zuge und fast jede Woche liest man von
neuen, immer sürchterlicheren Ersindungen, in denen sich die
verschiedenen Nationcn förmlich zu überbieten scheinen. Wie
die spätere Geschichte die unmittelbar voransgegangene Zeit
daS Zeitalter der Eisenbahnen nennen wird, so kann dieselbe
vielleicht, wenn cs so fortgeht, die Zeit vom I. 1866 an
das Zeitalter der Zerstörungswerkzenge noch nennen. Diese
Woche waren es besonders gezogene Mörser, welche in Preu-
ßen versucht, in dieser Beziehung obenan standen. Dieselben
sollen besonders im Seekriege Wunder der Zerstörung bewirken
und selbst die stckrksten Panzerschiffe im Nn zum Sinken bringen.
Preußen hätte in Folge dcrselben schließlich auch noch die An-
Darischaft zwr See dominirende Macht zst werden.

Gott und dre Welt, Regierungen, Kammern, Bürger und
Bauern, ja selbst Demokraten, Nationalliberale nnd Clerikalen
und sogar virllcichk die Mehrzahl der Junker sind darin ein-
verstanden, daß die Wentlichest Spielbanken von Unheil sind
und deßhalb alsbald aufzuheben seien. Die Sache gmge wohl,
aber scheint sobald noch nicht zu gehen. Erst vor eimaen Ta-
zen erklLrte der Minister des Jnnern in der preuß. Kanmrer,

daß die Spielpacht in Hombnrg, Ems und Wiesbaden auf
5 Jahre verlüngert wordcn sei. Diese Nachricht wird besonders
gern in Baden-Baden vernommen werden, wo man noch vor
2 Jahren daS Ende des Spiels (fast hätte ich der Welt ge-
schrieben) gefürchtet hatte. Aber schon Stradella sang: s'ist
Nicht so schlimm, als man wohl denkt" und jetzt können's ihm
die Badener nachsingen.

Jn Württemberg ist das Militärgesetz mit sehr
schwacher Majoritüt endlich durchgegangen. Der Antrag von
Mohl, die Stellvertretung beizubehalten, wurde zwar abge»
worfen, erhielt aber auffallenderweise die Unterstützung der
Demokratie. Es hütte uns gar nicht gewundert, lvenn dt?
württembergische Demokratie gegen die drenstliche Befreiung der
Prinzen und Standcsherren aufgetrcten würe, abcr daß sie
die Stellvertretung befürworte, das hätten wir, offen gesagt.
nun und nimmermehr möglich gchalten. Die württembergische
Demokratie scheint wirklich theilweise an Altersschwüche zu lciden,
sonst könnte sie sich nicht mitunter solche Blößew geben, Vekche
der Demokratie irberhaupl nnr fchaden können. —

Jn Va ye r u ist zwar das Militärgesetz noch nicht zu
Stande gekommen, da Neichsrath und Küinmerer absolut nicht
eiuig werdeu könnten. Da sich aber die Regicrung in's Mitte!
gelegt, und dem Neichsrath ein Prozent opfern will, auch hin-
sichtlich des Avancements der Offiziere demselbeu' nachgebeu
will, so ist Hoffnung vorhanden, daß auch in Vayern noch
eine Militärreform zu Staude komnü, von wclcher es nur
fraglich ist, ob Preußen sich spüter dieselbe zum Mustcr nehmcn
wird. Sonst ist man in München eben mit der Einstudirung
von Richard Wagner's „Meistersingern" vollaus beschäftigt.

Das neneste badische Regierungsblatt enthält die Er-
nennnng der 14 WähltommissLre zum Zoüparlament. -- Jn
der Kammer ist man eben mit dem Coniingentsgcsetze beschüf-
tigt. Die klerikale Agüation gegen das Pflüger'sche Lesebuch
wird immer noch sortgesetzt. Wenn dieselbe gleich im Großen
und Gtmzen an dem gesunden Sinne des Dolkes spurlos ab-
gleitü, so gibt es doch hier und da Orte, wo das angebliche
Velehren nicht auf ganz mffruchtbaren Voden fällt. DcrgleE
chen wird a,us der Geg,end von Weinheim bcrichttt, wo manche
Lehrer deßhalb nicht wagen sollen, Abends ihr Haus zu ver-
lassen, wei! sie fürchten, sür daS irreligiöse Buch dcs Hcrrn
Pflügcr mit ihrem Rücken herhalten zu müsscn. Es wäre sehr
zu witlkschen, daß derartigem Trciben im Lande, das seit dm
Tagen von Mentana wieder mehr hcrvortritt, entschiedeu em
Ende gemacht würde.

Die Gnigliche Ncceptur in WieSbaden setzt. eben 60 Ellen
„blau-orange" Tnch der Versieigerung aus, welches zu den
nassauischen Adolphsorden bislang verwendet wurde. Wie viele
Orden hä-tte das noch gegcben! Nein es ist wirklich doch
recht Schade!'

Die Delegirteir deS österreichischen und ungarischen
Reichstages sind nun in Wien zusammengetreten, um den
AuSgleich cndgültig zu befestigen und die gcmeinsamen Jnie-
reffen beider Länder zu berathen. Sie haben den Grafen
AuerSperg (Anastasius Grün) zum Prästdenten und K a i«
serfeld zum Dicepräsidenten eruannt.
 
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