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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1868

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No. 29
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https://doi.org/10.11588/diglit.29847#0121

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Erschcint Dicnstag,
Donnerstag und
Samstag nebst dcr
belletristischen Beigabe
„ Sonntags blatt
Alle Postanstalten und
Boten nehnren Bestel-
lungen an.

für die BeZirke

Prcis: jährlich 3 fl.,
vicrteljährlich 45 kr.
Anzcigcn werden die
drcispaltigc Zeile odcr
deren Raum nnt nur
2 kr. berechnet.

Die Botcn crhalten
2 kr. rnonatlich.

SaMag, 7. Mm.

W o ch e rr s ch a rr.

(Fortsetzung.)

Schwarzburg-Rudolstadt, das einzige Land, welches bis
jetzt steuerfrei geweseu, ist nun anch mit Stenern beglückt wor-
den, während in Dessau eine Petition mn Verminderung des
Wildstandes vom Serenissimus abschlüglich zu verbescheiden ge-
rnht wvrden ist.

Der vormalige Herzog von Nassau, welcher jetzt in Frank-
furt wohnt, hat sich durch einen Sturz vom Pferde bedeutend
verletzt, soll aber bereits auf dem Wege der Besferung sich
befinden.

Wie vorauszusehen war, ist der alte Konig Ludwig von
Baqern seincr Krankheit am 29. Februar in Nizza erlegen.
Derselbe war geboren am 25. Aug. 1786 zu Straßburg, re-
gierte vom 13. Sktober 1825 bis zum 20. Mürz 1848, an
welchem Tage er zil Gunsten seines ültesten bereits 1864 ver-
storbenen Sohnes Maximilian II. abdaukte. Obgleich der
„Teutschen teutschester" und zugleich Dichterkönig wird er we-
mger wegen seiner politischen Wirksamkeit und als Dichter,
denn wegen seiner wahrhaft großartigen Kunstschöpfungen in
Baukunst und Malerei, glünzend in der Geschichte fortleben.
Auch sein Enkel, der jetzt regierende junge König Ludwig II.
ist, wie der heutige Telegraph meldet, an einem Catarrhfieber
bedenklich erkrankt.

Die berühmte Schauspielerin Sophie Schröder ist
87 Jahre alt auch im Laufe dieser Woche in München ge-
storbcn.

Die obligatorische Civilehe wurde von der bayrischen
Kammer mit 74 gegen 52 Stimmen abgelehnt.

Dem „Stuttgarter Beobachter" zu Folge würe ein Herr
v. Urban zur Ueberwachung der württembergischen Zollparla-
mentswahlen eingetroffen und der preußische General v. Flies
zum Commandauteu der württembergischen Armee bestimmt.
Da jedoch die Behauptungen des Beobachters sich gewöhnlich
uicht als Evangelien erweisen, so wollen wir diese Nachrichten
noch nicht unterschreiben, ebensowenig als wir dem von anderer
Seite gekommenen Gerüchte, daß Bayern und Württemberg
wiederum an dem modernen babylouischen Baue eines Süd-
bundes zu arbeiten beginnen, Glaüben schenken können.

Jn unserem Lande hat sich die Aufregung, welche das
Resultat der Wahlen hervorgerufen, wieder gelegt und der
Jubel der Ultramontanen, welche ihre Stunde bereits gekonnnen
wühnten, dürfte durch den offiziellen Artikel der Karlsruhcr
Zeitung, der das Festhalten der Regierung an dem nationalen
Aufgabe ausspricht, doch etwas gedoucht worden seiu. Zudem
ist der Sieg der Gegner bei Licht besehen, kein so großer
und es gehört große Phantasie dazu, zu wühnen, daß durch
die gewaltigen Posaunenstöße, welche deßhalb klerikalerseits er-
tönten, die badische Regierung, gleich den Mauern Jericho's
zum Falle kominen würde. Von den drei Wahlbezirken, in
welchen nochmals die Wahlurnen, (bekannterweise auch S up-
penschüsseln) aufgestellt werden, fallen voraussichtlich die
beiden im Oberlande zu Gunsten der liberalen Partei aus,

wührend allerdings in Tauberbischofsheim der klerikale Candi-
dat (nmn nennt Hrn. v. Andlaw und Bissing jun.) am meisten
Chanccn hat. Tritt diese Wahrscheinlichkeit ein, so stellt sich
immerhin trotz alles Gejubels und Viktoriaschreiens die Mehr-
heit als liberal heraus, was sich dann auch die Pariser „Patrie"
welche die bad. Wahlen nach ihrer Art politisch deutete, hintcr's
Ohr schreiben kann.

Wührend aber der für uns so wichtige Bau einer Rhein-
thaleisenbahn von Mannheim über Schwetzingen naeh Karls-
ruhe sicher gestellt wurde, steht die Verwirklichung eines gleichen
und in der obersten Landesgegend lange ersehnten Projekts
in baldiger Anssicht. Die Linie Konstanz-Romanshorn ist
schweizerischerseits endlich genehmigt nnd an Badens Zustim-
mung nicht wohl zu zweifeln. Mit dieser Bahn ist dann der
Anfang der Bodcnseegürtelbahn gemacht.

Das Ergebniß der diesjührigen ersten juristischen Prü-
fung war für 20 Candidaten ein günstiges. Da sich jedoch
wie man hört, 46 gemeldet haben sollen, so lassen sich daraus
keine allzuglünzenden Aussichten für die Zukunft der jüngeren
künftigen Juristen ziehen und einen weiteren Andrnng znm
juristischen — wie zu den Studien überhaupt — nicht wün-
schenswerth erscheinen.

Obgleich die Rüstnngen in den meisten größeren Staaten
noch immer fortdauern, hat Oesterreich den Entschluß kundge-
geben, seine Armee zu reduziren. Auch ist es den österreichi-
schen Offizieren erlaubt worden, anßer Dienst Civilkleider an-
zulegen uud soll die weitere Frage des Waffentragens der nie-
deren Mannschaft außer Dienst fernerer Entscheidung vorbe-
halten sein. Dabei hat das Wiener Generalkommando auf
die Wiener Demi-Monde ein scharfes Auge geworfen uud zwar
nicht ohne Erfolg, denn fonst hätte sie nicht den Offizieren
den Umgang mit der „Fiaker-Milli," der „Comfortabel-Resi,"
der „Krüuter-Gustl," der „rothen Ottilie" und wie die zarten
Wesen alle noch heißen, speziell untersagen köunen.

Der bisherige Flotteninspektor, Erzherzog Leopold, ist
seiner Stelle enthoben und Admiral Tegethoff zum Comman-
danten der österreichischen Marine ernannt worden.

Weder der hohe, noch der niedere Klerus Oesterreichs kann
sich mit der neuen Ordnung der Dinge recht befreunden und
während letzterer auf der Kanzel seinem Unmuthe nur zu hüufig
nicht gerade die würdigsten Worte leiht, hat sich sclbst der
Fürst Primas von Ungarn über den Erlaß Giskra's gegen
die klerikalen Umtriebe folgendermaßen giftig geüußert: „Welch
ein liebliches Duett ist es, wenn der protestantische Beust in
seinen auswürtigen Noten so schön von dem katholischeu Oester-
reich redet, wührend Herr Giskra wie ein jüdischer Scribler
mit dem Schimpfwort „klerikal" um sich wirft, und die katho-
lischen Vifchöfe Oesterreichs mit dem Titel „fanatisch" beehrt."
Zugleich wird behauptet, daß sich ein reaktionär-ultramontaner
Geheimbund nach Art der Sanfedisten in Wien gebildet und
soll die Polizei auf der Fahndung desselben begriffen sein.

Es stand zu erwarten, daß in dem unruhigen Frankreich
der 24. Februar nicht ohne 20jührige Reminiscenz vorüber-
gehen werde, und es hütte fürwahr nicht der Herausforderung
 
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