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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1868

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No. 31
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https://doi.org/10.11588/diglit.29847#0129

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Schwctzingen nnd Philipps-nrg.

I^o. 31.

Domicrjlng, 12. Mürr.

1868.

L. Ueber Drahtanlagen

Frage 1.

Warum finden die Drahtanlagen für unsere Hopfenpflan-
zungen keine größere Verbreitung? Wachseu nicht am Draht
mehr und bessere Hopfen als an Stangen? Siud nicht die
Anlage- und jahrlichen Bearbeitungskosten oiel geriuger nls bei
Stangenanlagen? Sjnp die Hopfenstangen nicht schou theuer
genug? Haben wir nicht genug Ueberfluß an Geldmangel?

Antwort:

Alle die genannten Vortheile dcr Drahtanlagen sind rich-
tig, sie siud mathemathisch und durch die Erfahrung bewiesen
— aber, aber — das A b er allein ist schuld, daß eine der
praktischsten vortheilhaftesten Einrichtungen so wenig in Anwen-
dung koinmt, daß unsere Hopfenbauern, die gegenwärtig nicht
im Fette sitzen, alljährlich eine Menge Geld sür's Stangen-
kaufen verwenden, d. h. zuni Fenster 'naus werfen. Da heißt's:
Ja, wenn die Stürme kommen, da fallen uns nur einzelne
Stangen, bei Drathanlagen packt's aber die ganze Anlage,
weil Alles zusammenhängt. Oder: Der Draht wird bei der
Kälte zu kalt, in der Sonne zu heiß, der Brenner kommt und
Schimmcl und Pilze und Lüuse und weiß Gott noch was!
Oder: Ja an den Stangen da wachsen die Hopfen lieber,
kräftiger, es gibt mehr und was für Dolden!

Ja, wenn das Weun und Aber nicht wäre! . . .

Diese und andere Einwürfe haben allerdings ihren Grund,
aber nicht in der Erfahrung und Wirklichkeit, denn sie sind
purer Schwindel, soudern sie haben ihren einzigen Grund allein
in dem Maugel an Einsicht und Ueberlegung, im Festhalten
am Gewöhuten und Hergebrachten, im Mißtrauen zum Fort-
schritt, dem Haupthinderuiß einer höheren Entwicklung, einer
besseren Rentabilitüt uuserer Laudwirthschaft. Kleine Anfüuge
sind allerdiugs gemacht; einige einsichtige Bürger haben ihren
Vortheil erkanut, sie sind mit Geschick nnd Ausdauer an's
Werk gegangen, uud haben es wahrlich nicht bereut.

Jn Nachbarbezirken, in anderen Gegenden geht's schon
besfer voran. Und wir in Schwetziugen, dem Herzen, der
Perle der Pfalz, der Stadt der Zukunft, wir sollten zurück-
bleiben, bei kleinen Aufängen stehen bleiben d Wie bald wird
das ersehnte Dampfroß unsere Jluren durcheilen. Und wenn
uns dann die Fremden, die unsere berühmten Hopfengärten
sehen wollen, fragen: Was, wie, seid Jhr Diejenigen, welche,
von denen wir glaubten, daß — — Wir könnten gar nichts
sagen, als höchstens: Ja, unsere Worte, unser Dünkel sind
größer als uusere Thaten. Das wollen wir aber nicht
sagen, sondern: Seht her, habt Jhr's auch so schön und gut,
könnt Jhr's besser, wie wird und auf unsere stolzen Drahtan-
lagen deuten!

An jenen Bürgern aber, die an Einsicht oder größeren
Mitteln ihren Mitbürgern voranstehen, an denen liegt's auch
hier voranzugehen und die Fahne des Fortschritts zu schwingen.

Es ist noch nicht so lange her, daß bei uns der Kartoffel-
bau, der Futterbau, der rationelle Betrieb des Tabaks- und
Hopfenbanes unbekannte Dinge waren. Wer kann nun gegen

damals den Fortschritt leugnen, wie köunten unsere Wirthschaf-
ten gedeihen ohne Kartoffeln, ohne Stallsütteruug, ohne die
Gelderlöse von unseren Handelsprodukteu. Wie köuuten über-
haupt soviele Menschen auf so eugem Raume lebeu uud ihr
gutes Auskommen fiuden d

Daran ist allein der landwirthschaftliche Fortschritt schuld,
der alles Andere mit sich bringt, Glück uud Segeu, Wohlstand
uud Bildung, Freiheit und Vaterlandsliebe.

Drum fort mit dem Weun und dem Aber! Fort mit
den theueren Hopfenstangen, macht Drahtanlageu!

Fiage 2.

Ja, aber — wie sollen wir die Aulagen machen, Draht
oder Kordel verwenden, die Gerüste mit Streben versehen oder
die Staugen schiefstellen?

Vor allem soll die Anlage recht sein, ibrem Zwecke ent-
sprechen. Jeder Arbeiter schafft besser, leichter uud billiger
mit eiuem guten Jnstrumente, als mit eiuem schlechten, das
weiß Schreiner, Schlosfer, Gürtuer uud Bauer. Darum, weun
man die Vortheile der Drathanlagen ernten will, muß man
sie recht machen und nicht schwindsüchtige uud lahme Stellagen
aufbauen, wie wir sie hier mehrmals gesehen haben, die der
erste Wiud vom Erdboden wegblüst.

Will Einer eine Drahtanlage errichten, dann wende er
sich an einen sachverständigen Manu, der schon gute uud sturm-
feste Anlagen gebaut hat.

Wenn ein Bauer ein Haus oder eine Scheuer baut, fo
lüßt er selbst die Haud davon weg, weil er das Bauhandwerk
nicht erlernt hat, auch nimmt er dazu keinen Schneider oder
Schuster, sdudern eiuen Baumeister und tüchtige Bauhnndwerker.
Ebenso muß er aber verfahren, wenn er eiue ordeutliche Draht-
anlage errichten will. Dann wird man keine Aulagen mehr
im Feld erblicken, von welchen man wahrhaftig glauben sollte,
Schneider uud Schuster hätten sie zusammengeflickt, und welche
die Sache in Mißkredit gebracht haben.

Auf Grund gemachter Erfahruugen geben wir nun in
Folgendem eine Anleitung zur Errichtung mustergültiger Draht-
anlagen:

Stärke der Gerüststaugen mindestens 5 Zoll. Höhe durch-
weg 25 Fuß senkrecht über dem Boden. Einlaß in den Boden
3^2—4 Fuß. Stangen werden am oberen und unteren
Ende des Ackers schief nach außen in den Boden eiugelasfen,
in einem seitlichen Abstand von 15—20 Fuß. Abstand vom
Fuß der Schiefstangen bis an die von der Spitze herabgezogen
gedachte Seukrechte 12—12^3 Fuß; von da bis zum Draht-
eude am Boden 7 Fuß, also Winkel der Schiesstangen nach
außen 65 Grad.

Jnnerer Winkel des Schiefdrahtes 75 Grad. Zwischen
den Endschiefstangen werden nun der Lünge des Ackers nach
die Geradestangen, und zwar die erste Querreihe in einem
Abstande von 25 Fuß, vom Fuße der Schiefstangen an, die
folgenden Querreihen aber in einem Abstande von je 40 Fuß
eingelassen.

Zwischen 2 Längsreihen beffnden sich also je 8 Stöcke
oder Reihen Hopfen, Entfernung der Hopfenstöcke konstant
 
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